Immerhin würde sich die Kammer über die höchstrichterliche Meinung hinwegsetzen:
Das ist gleich in dreierlei Hinsicht rechtlich schief.
1. Falls Du das Urteil mal näher sichtest, wird Du feststellen, dass es dort darum geht, dass eine privatrechtliche Zweckbestimmung als "Ausbildungsdarlehen" nicht ausreicht um darauf ein öffentlich-rechtliches, also staatliches (!) Ausbildungsdarlehen im Sinn des § 11a Absatz 3 Satz 2 Nummer 3 SGB II zu machen. Das Urteil hat in rechtlicher Hinsicht niemanden vor dem Ofen hervorgelockt und enthält genau genommen absolut keine neue Aussage. Das BSG hat schlicht seine ständige Rechtsprechung in 2 Punkten bestätigt: 1. Darlehen sind kein Einkommen im Sinn des § 11 SGB II. 2.
Hier im Thread geht es allerdings um die Frage, ob bei einer Schenkung unter der Auflage (im Sinn von § 525 BGB) das Geld zu einem bestimmten Zweck zu verwenden (der nicht in der Existenzsicherung besteht), das geschenkte Geld dennoch als Einkommen im Sinn des § 11 I SGB II angesehen werden kann und von den Beschenkten sozialrechtlich die -- rechtswidrige - Zweckentfremdung verlangt werden kann.
Das Urteil entscheidet rechtlich über komplett andere Rechtsfragen. Dazu kommt, dass es beim Urteil ausdrücklich um Darlehen zwecks Bestreiten des Lebensunterhalts ging. Auch insoweit also das komplette Gegenteil zur Rechtsfrage ob Einnahmen angerechnet werden können, die nur für Zwecke, die nicht der Existenzsicherung dienen, überlassen wurden.
2. Selbst wenn man das Urteil als thematisch einschlägig ansehen wöllte, wäre es kein "Hinwegsetzen über eine höchstrichterliche Meinung" im klassichen Sinn.
Denn auch die "faktische Bindung" der untergeordneten Instanzen endet, so lange es nicht mehr um die dem Gericht vorgelegten Rechtsfragen geht. Hier wären darartige Ausführungen aber nur "obiter dictum" und nicht "ratio decidendi", also nicht entscheidungstragene Begründung sondern nur anlässlich des Urteils zusätzlich ausgeführt. Bei so etwas muss sich kein Richter vorwerfen lassen, er habe mit ständiger Rechtsprechung gebrochen.
3. Die eigentliche Rechtsfrage, an der man in der Praxis der Jobcenter die Frage "Schenkung anrechenbar oder nicht" im Regelfall festmachen muss, ist die Abgrenzung zwischen echter Auflage im Sinn von § 525 BGB und (unverbindlichem) Motiv für die Schenkung. Das ist wiederum auch der Ansatzpunkt, an dem man in den meisten Fällen pro Jobcenter zur Anrechnung kommen wird, da oft genug eine Auflage gerade eben nicht vorliegen wird. Aber bei Geld, das ausdrücklich "für den Führerschein" geschenkt wurde? Ich habe meine Zweifel, dass das eindeutig als "keine Auflage" eingeordnet werden kann.
Die Thematik ist zwar der Sachbearbeitung im Jobcenter und selbst vielen Rechtsbehelfsstellen nicht bewußt, während sie damit arbeiten. Aber das ist der eigentliche rechtliche Hintergrund zu diesem "Klassiker". Daran hat sich m.E. inhaltlich auch in den letzten Jahren nichts geändert.