• Guten Tag,


    ich habe mich durch verschiedene Gesetzestexte und Leitfäden gelesen. Auch Erbfälle habe ich mir durchgelesen, jedoch waren die Faktoren dabei immer andere. Da ich nicht weiß,wie und wann Faktoren einen Fall verändern, wäre es sehr lieb, wenn ihr mir helfen könntet.


    Ich bin Rentnerin und lebe mit meinen Berufsschulkindern in einem Haushalt. Beide Beziehen Bürgergeld, ich bestreite meinen Anteil von meiner Rente.


    Nun verstarb mein Vater. Es gibt ein Berliner Testament (mit neuer Frau). In erster Instanz wurde ich enterbt. Nun hatte ich gelesen, dass mir dennoch ein Pflichtteil zusteht und ich da ich zur Bedarfsgemeinschaft gehöre, meinen Pflichtteil geltend machen muss.


    Ich habe nun einen Anwalt aufgesucht, der nun alles in die Wege leitet und wir einen Überblick darüber bekommen umd welchen Vermögenswert es sich handelt.


    Nun habe ich von Schonvermögen, Freibeträge, Einkommen, Vermögen, Einkommen wird ab 07/23 als Vermögen gerechnet, von 15000Euro und PKW Zuschuss, 6Monate keine Leistungen etc.pp gelesen und ich gebe es ehrlich zu, es verwirrt mich alles so sehr.


    Was genau stimmt denn jetzt? Gibt es ganz konkrete Zahlen oder sind alles Ausnahmen von Ausnahmen? Meine Anwältin geht von einer größeren 5stelligen Summe aus. (Fakten haben wir aber wie i.a noch keine). Sie kann mir allerdings auf all diese Fragen keine Antwort geben, da sie sich darin nicht auskennt.


    Daher meine Fragen hier, vielleicht beantwortet sich die ein oder andere Frage, durch eine vorherige.


    - welches Datum ist wichtig? Todestag oder Auszahlungstag?


    - da ich mit zur BG gehöre, spielt es sicher keine Rolle ob ich Leistungen beziehe oder nicht?


    - gibt es einen Prozentsatz oder eine konkrete Summe die auf jeden Fall behalten werden darf? Und ist diese abhängig wem diese in der BG zusteht?


    - stimmt es, dass 6 Monate lang kein Leistungsbezug stattfindet, sofern vom Erbe dieser zeitraum i.H des Leisrungsbezugs gelebt werden kann? (Was ich sehr gut fände)


    - stimmt es, das 15000Euro behalten werden dürfen, 750Euro für Haushalt und 7500Euro für ein Auto? Wenn ja, gilt dies pro Mitglied der BG oder für alle?


    - oder stimmt dies alles nicht und es muss der Einzelfall betrachtet werden?


    - oder stimmt dies alles nur teilweise und es gibt ein dickes aber? Welches Aber muss berücksichtigt werden?


    Ihr Lieben, ich würde mich sehr freuen, wenn es vielleicht machbar dadurch wäre, vom Amt wegzukommen. Wäre dies auch machbar? Gibt es Auflagen die zu berücksichtigen sind? Und darf ich iwann, wenn es nicht mehr anders geht, auch wieder Leistungen beantragen? Also nicht gemeint, das ich in 2 Monaten das Ganze Geld (wenn es denn überhaupt so sein sollte) verpulvere und dann wieder Leistungen beziehen möchte. Ich wäre schon gern so lang es geht, weg vom Amt.


    Fragen über Fragen, ich bedanke mich sehr, dass ihr soweit gelesen habt und natürlich auch für Antworten.

  • Hallo Inga,


    bedauerlich ist natürlich, dass die mandatierte Anwältin die sozialrechtlichen Fragen nicht beantworten kann. Für Laien ist all das, was du zu Erbschaften gelesen hast, in der Tat schwer verständlich und sehr verwirrend. Die gute Nachricht ist, dass du das aus meiner Sicht alles ausklammern kannst. Darauf dürfte es nämlich nicht ankommen, denn ein Pflichtteilsanspruch ist mit einer Erbschaft nicht vergleichbar und unterliegt anderen Regeln beim Bezug von Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende (Bürgergeld) nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II). In deinem Fall muss geklärt werden, ob du überhaupt Leistungen beziehst, doch zunächst ein paar Anmerkungen zum Pflichtteilsanspruch:

    Nun verstarb mein Vater. Es gibt ein Berliner Testament (mit neuer Frau). In erster Instanz wurde ich enterbt. Nun hatte ich gelesen, dass mir dennoch ein Pflichtteil zusteht und ich da ich zur Bedarfsgemeinschaft gehöre, meinen Pflichtteil geltend machen muss.


    Ich habe nun einen Anwalt aufgesucht, der nun alles in die Wege leitet und wir einen Überblick darüber bekommen umd welchen Vermögenswert es sich handelt.

    Es wäre schön, den genauen Inhalt des Berliner Testaments zu kennen. Das Pflichtteilsrecht der Abkömmlinge, zu denen du gehörst, wird jedenfalls durch ein Berliner Testament nicht ausgeschlossen. Das richtet sich nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB):

    Zitat von BGB

    § 2303 Pflichtteilsberechtigte; Höhe des Pflichtteils

    (1) Ist ein Abkömmling des Erblassers durch Verfügung von Todes wegen von der Erbfolge ausgeschlossen, so kann er von dem Erben den Pflichtteil verlangen. Der Pflichtteil besteht in der Hälfte des Wertes des gesetzlichen Erbteils.

    Dieser Anspruch ist mit dem Tode deines Vaters bereits entstanden:

    Zitat von BGB

    § 2317 Entstehung und Übertragbarkeit des Pflichtteilsanspruchs

    (1) Der Anspruch auf den Pflichtteil entsteht mit dem Erbfall.
    (2) Der Anspruch ist vererblich und übertragbar.

    Beim Pflichtteilsanspruch handelt es sich um eine sofort fällige Geldforderung, bei der auch keine Auseinandersetung der Miterben abgewartet werden muss. Die Geldforderung kann sogar mit ihrem Entstehen gesichert werden (durch sog. Arrest nach § 916 Abs. 1 der Zivilprozessordnung).

    Der Pflichtteilsanspruch ist eine sogenannte Erbfallschuld im Sinne von § 1967 Abs. 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB):

    Zitat von BGB

    § 1967 Erbenhaftung, Nachlassverbindlichkeiten

    (1) Der Erbe haftet für die Nachlassverbindlichkeiten.

    (2) Zu den Nachlassverbindlichkeiten gehören außer den vom Erblasser herrührenden Schulden die den Erben als solchen treffenden Verbindlichkeiten, insbesondere die Verbindlichkeiten aus Pflichtteilsrechten, Vermächtnissen und Auflagen.

    Zitat von Inga

    Ich bin Rentnerin und lebe mit meinen Berufsschulkindern in einem Haushalt. Beide Beziehen Bürgergeld, ich bestreite meinen Anteil von meiner Rente.

    Um was für eine Rente handelt es sich? Rente wegen dauerhafter voller Erwerbsminderung, Rente wegen voller Erwerbsminderung auf Zeit, vorgezogene Altersrente, andere Rente, wenn ja, welche genau? Wie hoch ist die Rente in etwa? Wird in dem Bescheid des Jobcenters ausgewiesen, dass du keinen Leistungsanspruch hast, sondern ggf. nur ein Teil deines Einkommens auf deine Kinder übertragen wird?


    Auch wenn du schreibst, du lebst von deiner Rente, ist m.E. zunächst klärungsbedürftig, ob du von Leistungen des Bürgergeldes ausgeschlossen bist oder ggf. doch beziehst. Beziehst du nämlich keine Leistungen, findet § 33 SGB II - das ist eine Vorschrift, mit der Ansprüche von Leistungsbeziehern kraft Gesetzes auf das Jobcenter übergehen - keine Anwendung:

    Zitat von § 33 Abs. 1 Satz 1 SGB II

    (1) Haben Personen, die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts beziehen, für die Zeit, für die Leistungen erbracht werden, einen Anspruch gegen einen Anderen, der nicht Leistungsträger ist, geht der Anspruch bis zur Höhe der geleisteten Aufwendungen auf die Träger der Leistungen nach diesem Buch über, wenn bei rechtzeitiger Leistung des Anderen Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nicht erbracht worden wären.

    Obwohl du als Mutter von Kindern, die unter 25 Jahre alt sind, zur Bedarfsgemeinschaft gehörst, erfolgt kein Forderungsübergang kraft Gesetzes auf das Jobcenter, wenn du keine Leistungen beziehst. Inhaberin des Anspruchs auf den Pflichtteil bleibst du also selbst.


    Es wäre schön, wenn du zunächst die Fragen beantwortest. Dann lässt sich das m.E. besser einordnen. Die Mitglieder des Forums werden dir dann sicherlich Auskunft geben können. Ich selbst bin in den nächsten Tagen verhindert.

  • Hallo Luca, vielen herzlichen Dank für deine Antworten! Ich konnte leider vorher nicht antworten, aber jetzt :)



    Es wäre schön, den genauen Inhalt des Berliner Testaments zu kennen. Das Pflichtteilsrecht der Abkömmlinge, zu denen du gehörst, wird jedenfalls durch ein Berliner Testament nicht ausgeschlossen. Das richtet sich nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB):

    Im Testament steht, dass der/die Überlebende Alleinerbe wird. Eine Strafklausel gibt es nicht und ich bin das einzige Kind meines Vaters. Sollten noch Informationen benötigt werden, werde ich sie gerne ergänzen.


    Um was für eine Rente handelt es sich? Rente wegen dauerhafter voller Erwerbsminderung, Rente wegen voller Erwerbsminderung auf Zeit, vorgezogene Altersrente, andere Rente, wenn ja, welche genau? Wie hoch ist die Rente in etwa? Wird in dem Bescheid des Jobcenters ausgewiesen, dass du keinen Leistungsanspruch hast, sondern ggf. nur ein Teil deines Einkommens auf deine Kinder übertragen wird?


    Auch wenn du schreibst, du lebst von deiner Rente, ist m.E. zunächst klärungsbedürftig, ob du von Leistungen des Bürgergeldes ausgeschlossen bist oder ggf. doch beziehst. Beziehst du nämlich keine Leistungen, findet § 33 SGB II - das ist eine Vorschrift, mit der Ansprüche von Leistungsbeziehern kraft Gesetzes auf das Jobcenter übergehen - keine Anwendung:

    Ich beziehe dauerhafte volle Erwerbsminderungsrente i.H.v. 834Euro. Das Einkommen setzt sich wie folgt zusammen:

    Rente

    UVG

    KiGeld

    Meine Kinder haben jeweils einen Bedarf von 156Euro. Ich werde in allen Rechnungen nicht berücksichtigt, da ich meinen anteiligen Bedarf, durch meine Rente decke. Ich habe auch einen Leistungsbescheid, wo es drinstehst. Ich hab zwar meine Unterlagen alle fein säuberlich nach Zeichen sortiert, aber das ist soo viel, dass ich leider genau DEN Bescheid nicht finde :-/


    Ich hoffe, ich konnte die Fragen so beantworten, dass man damit arbeiten kann?


    Herzliche Grüße und vielen lieben Dank für die nette Hilfestellung

  • Oh, mir ist durchgegangen - dass wir OHNE es bisher schriftlich zu haben, von einer positiven Erbschaft ausgehen. Natürlich verlasse ich mich nur auf Fakten und warte auf jeden Fall die Vermögensaufstellung ab.

  • Hallo Inga,


    ich hatte viel zu tun, weswegen ich erst jetzt antworten kann.


    Der Pflichtteilsanspruch gehört zwar zunächst als Forderung zum Vermögen, aber davon dürfte die Hilfe nicht abhängig zu machen sein. In der Karenzzeit dürfte sich das geschützte Vermögen In deinem Fall auf 70.000 € belaufen (40.000,00 + 15.000 + 15.000). Bei Bezug von Leistungen ohne Unterbrechung läuft die Karenzzeit im gesamten Jahr 2023. Davon ausgehend, dass der Pflichtteilsanspruch diese Höhe nicht erreicht, kommt kein Darlehen wegen einzusetzenden Vermögens auf der Grundlage von § 24 Abs. 5 SGB II in Betracht. Dass die Forderung auch nicht im Wege des gesetzlichen Forderungsübergangs gemäß § 33 auf den Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende übergehen kann, weil du Selbst keine Leistung erhältst, hatte ich schon erwähnt.


    Also ist nur noch zu hinterfragen, was im Falle der Erfüllung geschieht, also in dem Augenblick, in dem das Geld deinem Konto gutgeschrieben wird. In dem Fall kommt es nach wohl herrschender Auffassung nicht auf das Schicksal der Forderung an, sondern abgestellt wird allein auf den Zufluss während des Leistungsbezuges. Dazu sei aus Haufe-online wie folgt zitiert:


    Zitat

    Erfolgt Auszahlung in Geld, so liegt – in Anwendung des Grundsatzes, dass im Falle der Realisierung von Forderungen primär nicht deren Schicksal interessiert, sondern das Gesetz allein den Zufluss der Gegenleistung als maßgebend ansieht und Abweichendes nur bei freiwilliger Ansparung gilt – eine einmalige Einnahme i.S.v. § 11 Abs. 1 1. Satzteil, Abs. 3 i.V.m. § 4 S. 1 Alg II-2008/11 vor. Gleiches gilt für eine Abfindung oder Abgeltung aufgrund eines Erbteils und Pflichtteilsverzichts."

    In Anwendung dieses Maßstabs müsste also die Auszahlung als einmalige Einnahme behandelt werden. Das würde bedeuten, dass diese Zahlung auf einen Zeitraum von 6 Monaten aufzuteilen wäre. Wird beispielsweise ein Betrag von 10.000 ausgezahlt, dürfte für 6 Monate kein Leistungsanspruch bestehen.


    Das ist meine Einschätzung zu deinem Fall. Was schließlich entschieden wird, kann natürlich davon abweichen.


    Worüber ich noch kurz nachgedacht habe: Kann Kinderzuschlag aus der Hilfe führen? Vermutlich nicht, aber ggf. sollte das geprüft werden, denn das genaue Zahlenwerk kenne ich natürlich nicht. Was in Betracht kommen könnte, ist aber auf jeden Fall Wohngeld. Das sollte in deinem Fall ernsthaft in den Blick genommen werden. Auch wenn die Jobcenter momentan (§ 85 SGB II, vgl. auch Weisung zu § 12a SGB II) nicht auf die Geltendmachung dieses ansonsten vorrangigen Anspruchs bestehen dürfen, um die Wohngeldstellen zu entlasten, könnte das gerade in Kombination mit dem Pflichtteilsanspruch ein attraktiver Weg aus der Hilfe sein. Unbedingt beraten lassen!


    Abschließend ein paar weiterführende Links:


    § 5 Leistungsrecht und Regress des Sozialleistungsträger ... / bb) Normativer Zufluss bei ...
    Rz. 41 Die Regeln zum "normativen" Zufluss für Forderungen aus Vermächtnissen oder Pflichtteilsansprüchen, die zwar vor dem Leistungszeitraum angefallen sind,…
    www.haufe.de


    https://www.arbeitsagentur.de/datei/dok_ba013459.pdf


    § 24 SGB 2 - Einzelnorm

  • Hallo Luca,


    herzlichen Dank für deine ausführliche Antwort! Entschuldige bitte, das ich mich jetzt erst melde. Hatte deine Antwort schon vorher gelesen, kam leider noch nicht dazu, zu schreiben.

    Ich hatte mal grob überschlagen - sofern es denn richtig ist, das ich mit Kinderzuschlag und ggfls Wohngeld, wohl nicht über die Runden kommen würde - zum jetzigen Zeitpunkt. Hab aber vor, nochmal jemanden diesbezüglich zu fragen.

    Hab ich das jetzt richtig verstanden, das 70.000Euro (40.000 + 15.000 +15.000) frei sind? Und alles was darüber ist, wird auf den Leistungszeitraum angerechnet?

    Jetzt hatte ich eben kurz in einen anderen Beitrag bzgl Erbe geschaut und da kam die Frage auf, wann man die Geltendmachung des Pflichtteils melden muss. Bisher hab ich noch gar nichts gemeldet, sollte ich dies schon getan haben?

    Liebe Grüße und herzlichen Dank!

  • Hallo ihr Lieben,


    ich bin ein Stück weiter. Telefonisch habe ich jetzt mehrere Auskünfte bekommen. Die Letzte, wird

    Jetzt als Bescheid kommen.


    Man sagte mir, dass ich 6 Monate keine Leistungen erhalten werde und diese vom Erbe bestritten werden müssen (339Euro die meine Kinder monatlich beziehen) also 2034Euro.


    Das übrige Geld des Erbes abzüglich 2034Euro beträgt dann knapp 28000Euro.


    Nach den 6 Monaten müsste ich einen Weiterbewilligungsantrag stellen und die 28k Euro würden dann als Schonvermögen gehändelt.


    Ist dies dann sicher oder kann es sein, dass ich einen Neuantrag stellen muss?

    Und hätte einer der beiden Anträge, evtl negative Konsequen für unsere Bedarfsgemeinschaft?


    Und dann wurde in der Zwischenzeit ein Pflegegrad 1 bei mir festgestellt. Hat dies in irgendeiner Form Auswirkungen beim Jobcenter?


    Lieben Dank und viel Sonne an euch


    Inga

  • ich muss mich korrigieren. Da meine Kinder Ende August 18 Hahre alt werden, fällt UVG weg und das Jobcenter würde diese Zahlungen wohl übernehmen. Diese Gelder (beim UVG 338x2) werden dann ja auch nicht ausgezahlt. Das bedeutet es wären dann um die 6000Euro, die ich vom Erbe bestreiten werde.


    Oder verstehe ich das falsch?