Hallo Inga,
bedauerlich ist natürlich, dass die mandatierte Anwältin die sozialrechtlichen Fragen nicht beantworten kann. Für Laien ist all das, was du zu Erbschaften gelesen hast, in der Tat schwer verständlich und sehr verwirrend. Die gute Nachricht ist, dass du das aus meiner Sicht alles ausklammern kannst. Darauf dürfte es nämlich nicht ankommen, denn ein Pflichtteilsanspruch ist mit einer Erbschaft nicht vergleichbar und unterliegt anderen Regeln beim Bezug von Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende (Bürgergeld) nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II). In deinem Fall muss geklärt werden, ob du überhaupt Leistungen beziehst, doch zunächst ein paar Anmerkungen zum Pflichtteilsanspruch:
Nun verstarb mein Vater. Es gibt ein Berliner Testament (mit neuer Frau). In erster Instanz wurde ich enterbt. Nun hatte ich gelesen, dass mir dennoch ein Pflichtteil zusteht und ich da ich zur Bedarfsgemeinschaft gehöre, meinen Pflichtteil geltend machen muss.
Ich habe nun einen Anwalt aufgesucht, der nun alles in die Wege leitet und wir einen Überblick darüber bekommen umd welchen Vermögenswert es sich handelt.
Es wäre schön, den genauen Inhalt des Berliner Testaments zu kennen. Das Pflichtteilsrecht der Abkömmlinge, zu denen du gehörst, wird jedenfalls durch ein Berliner Testament nicht ausgeschlossen. Das richtet sich nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB):
Zitat von BGB
§ 2303 Pflichtteilsberechtigte; Höhe des Pflichtteils
(1) Ist ein Abkömmling des Erblassers durch Verfügung von Todes wegen von der Erbfolge ausgeschlossen, so kann er von dem Erben den Pflichtteil verlangen. Der Pflichtteil besteht in der Hälfte des Wertes des gesetzlichen Erbteils.
Dieser Anspruch ist mit dem Tode deines Vaters bereits entstanden:
Zitat von BGB
§ 2317 Entstehung und Übertragbarkeit des Pflichtteilsanspruchs
(1) Der Anspruch auf den Pflichtteil entsteht mit dem Erbfall.
(2) Der Anspruch ist vererblich und übertragbar.
Beim Pflichtteilsanspruch handelt es sich um eine sofort fällige Geldforderung, bei der auch keine Auseinandersetung der Miterben abgewartet werden muss. Die Geldforderung kann sogar mit ihrem Entstehen gesichert werden (durch sog. Arrest nach § 916 Abs. 1 der Zivilprozessordnung).
Der Pflichtteilsanspruch ist eine sogenannte Erbfallschuld im Sinne von § 1967 Abs. 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB):
Zitat von BGB
§ 1967 Erbenhaftung, Nachlassverbindlichkeiten
(1) Der Erbe haftet für die Nachlassverbindlichkeiten.
(2) Zu den Nachlassverbindlichkeiten gehören außer den vom Erblasser herrührenden Schulden die den Erben als solchen treffenden Verbindlichkeiten, insbesondere die Verbindlichkeiten aus Pflichtteilsrechten, Vermächtnissen und Auflagen.
Zitat von Inga
Ich bin Rentnerin und lebe mit meinen Berufsschulkindern in einem Haushalt. Beide Beziehen Bürgergeld, ich bestreite meinen Anteil von meiner Rente.
Um was für eine Rente handelt es sich? Rente wegen dauerhafter voller Erwerbsminderung, Rente wegen voller Erwerbsminderung auf Zeit, vorgezogene Altersrente, andere Rente, wenn ja, welche genau? Wie hoch ist die Rente in etwa? Wird in dem Bescheid des Jobcenters ausgewiesen, dass du keinen Leistungsanspruch hast, sondern ggf. nur ein Teil deines Einkommens auf deine Kinder übertragen wird?
Auch wenn du schreibst, du lebst von deiner Rente, ist m.E. zunächst klärungsbedürftig, ob du von Leistungen des Bürgergeldes ausgeschlossen bist oder ggf. doch beziehst. Beziehst du nämlich keine Leistungen, findet § 33 SGB II - das ist eine Vorschrift, mit der Ansprüche von Leistungsbeziehern kraft Gesetzes auf das Jobcenter übergehen - keine Anwendung:
Zitat von § 33 Abs. 1 Satz 1 SGB II
(1) Haben Personen, die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts beziehen, für die Zeit, für die Leistungen erbracht werden, einen Anspruch gegen einen Anderen, der nicht Leistungsträger ist, geht der Anspruch bis zur Höhe der geleisteten Aufwendungen auf die Träger der Leistungen nach diesem Buch über, wenn bei rechtzeitiger Leistung des Anderen Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nicht erbracht worden wären.
Obwohl du als Mutter von Kindern, die unter 25 Jahre alt sind, zur Bedarfsgemeinschaft gehörst, erfolgt kein Forderungsübergang kraft Gesetzes auf das Jobcenter, wenn du keine Leistungen beziehst. Inhaberin des Anspruchs auf den Pflichtteil bleibst du also selbst.
Es wäre schön, wenn du zunächst die Fragen beantwortest. Dann lässt sich das m.E. besser einordnen. Die Mitglieder des Forums werden dir dann sicherlich Auskunft geben können. Ich selbst bin in den nächsten Tagen verhindert.