Bewilligungszeitraum verschieben möglich?

  • Hallo liebes Forum,

    Ich habe einen Antrag auf bürgergeld ab Juni 25 gestellt. Einen bescheid habe ich noch nicht. Ein gespräch im jobcenter findet erst im september statt. Durch meine selbständigkeit kamen noch viele Zahlungen im Juni und juli, welche aber alle noch im mai geschrieben wurden. Da es ja das zuflussprinzip gibt müssen diese Zahlungen noch als Einkommen berechnet werden.

    Nun frage ich mich, ob ich den laufenden Antrag verschieben kann, zb ab juli bis Dezember statt wie bisher ab Juni bis November. Von dem eingegangenen Geld konnte ich mich im juli auch noch über Wasser halten.

    Was muss ich dafür tun? Antrag stornieren und neu einreichen? (Mit komplett neuen Formularen?)

    Oder nur mitteilen, dass der Zeitraum geändert werden soll? Und nur ein neues Formular (EKZ) einreichen?

    Danke für eure Hilfe.

    • Offizieller Beitrag

    Wahrscheinlich geht das nicht, da du mit dem Verzicht gesetzliche Regelungen umgehen willst. Bei Selbständigkeit gilt ja gerade das Zuflussprinzip nicht sondern es wird ein Durchschnittseinkommen vom 6 Monaten gebildet. Und das willst du vermeiden.

    Es ist nicht nötig (und noch dazu regelwidrig!), mir eine PN zu schreiben, weil eine Verwarnung erfolgte, ein Beitrag oder Thread gelöscht oder ein Thread geschlossen wurde. Wenn dies geschah, hatte es einen entsprechenden Grund. Ich verweise insoweit auf die Regeln des Forums: Forenregeln.

  • Da über den Antrag noch nicht (bestandskräftig) entschieden wurde, kann der Antrag noch zurückgenommen werden.

    Ein Antrag ist "verbraucht", wenn darüber (und über den Bewilligungszeitraum) bestandskräftig entschieden worden ist.

    -> siehe hierzu z.B. Fachliche Weisung der BA zu § 16 SGB I

  • Ein nach dem SGB 2 Leistungsberechtigter ist nicht befugt durch Antragsrücknahme oder Beschränkung des Antrags einseitig in die materiell-rechtliche Rechtslage einzugreifen, um nach der Antragstellung zugeflossenes Einkommen in Vermögen zu wandeln.
    (BSG, Urteil vom 24. April 2015 – B 4 AS 22/14 R –, SozR 4-4200 § 11 Nr 71)

  • Das von Ihnen zitierte BSG-Urteil widerspricht meiner Aussage nicht.

    In dem konkreten Fall aus 2009 war über den am 05.08.2009 gestellten Antrag schon mit Bescheid vom 23.09.2009 - Ablehnung f. Sept. 2009 - und mit Bescheid vom 05.10.2009 - Bewilligung ab Okt. - bestandskräftig entschieden:

    "[...] Durch ein von ihm auf den 5.8.2009 datiertes Schreiben beantragte er Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts „ab dem Tag der Haftentlassung“ [Ausweislich des Entlassungsscheins der JVA wurde er am 4.9.2009 im Verlaufe des Vormittags aus der Haft entlassen.] bei dem Beklagten. Durch Bescheid vom 23.9.2009 lehnte der Beklagte die Leistungsgewährung für den Monat September 2009 unter Hinweis auf die mangelnde Hilfebedürftigkeit aufgrund des gewährten Überbrückungsgeldes als Einkommen ab. Für die Zeit ab dem 1.10.2009 bewilligte er durch Bescheid vom 5.10.2009 Alg II."

  • Das von Ihnen zitierte BSG-Urteil widerspricht meiner Aussage nicht.

    Doch, schon.

    Wenn die BA einfach mal die These aufstellt, dass ich mit dem Antrag "machen kann was ich will" solange er nicht verbraucht ist, so widerspricht dies für bestimmte Konstellationen oder Absichten der Auffassung des BSG. Und da halte ich mich lieber an das BSG.

    • Neu
    • Offizieller Beitrag

    n dem konkreten Fall aus 2009 war über den am 05.08.2009 gestellten Antrag schon mit Bescheid vom 23.09.2009 - Ablehnung f. Sept. 2009 - und mit Bescheid vom 05.10.2009 - Bewilligung ab Okt. - bestandskräftig entschieden:

    Was das BSG reichlich wenig interessiert, denn es stellt schlichtweg allein auf die Antragstellung selbst ab:


    Zitat

    Der rechtlich zulässigen Disposition des Antragstellers unterfällt hingegen nicht die nachträgliche Beschränkung des einmal gestellten Antrags, wenn dadurch die materiell-rechtlichen Leistungsvoraussetzungen innerhalb des Antragsmonats zugunsten des Antragstellers verändert werden sollen (so wohl auch Aubel in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB II, 3. Aufl 2012, § 37 RdNr 30; siehe darüber hinaus zur Begründung des Verteilzeitraumes über den Ablauf des Bewilligungszeitraumes hinaus und nach erneuter Antragstellung: BSG vom 30.9.2008 - B 4 AS 29/07 R - BSGE 101, 291 = SozR 4-4200 § 11 Nr 15, RdNr 29). Abgesehen davon, dass eine derartige Veränderung immer zu Lasten der Steuerzahler ginge (vgl zu dem vergleichbaren Argument des 11. Senats des BSG im Bereich des Arbeitsförderungsrechts für die Beschränkung der Zulässigkeit der Antragsrücknahme bis zum Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Verwaltungsentscheidung, wenn er für die Zeit danach auf die Belastung der Versichertengemeinschaft durch die Antragsrücknahme hinweist: BSG vom 16.9.1998 - B 11 AL 17/98 R - juris RdNr 21, unter Hinweis auf BSG vom 17.4.1986 - 7 RAr 81/84 - BSGE 60, 79 = SozR 4100 § 100 Nr 11), widerspräche sie auch dem Nachranggrundsatz des § 2 Abs 2 S 1 SGB II, wonach die Leistungsberechtigten ihren Lebensunterhalt zuvörderst aus eigenen Mitteln und Kräften zu bestreiten haben (vgl auch Begründung des Gesetzentwurfes für eine Änderung des § 37 Abs 2 SGB II durch das RBEG/SGB II/SGB XII-ÄndG, BT-Drucks 17/3404, S 114). Erst wenn ihnen dies aus tatsächlichen Gründen nicht möglich ist, liegt Hilfebedürftigkeit iS des § 9 Abs 1 SGB II vor, die einen Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts auslösen kann. Hilfebedürftigkeit soll jedoch nicht erst durch eine rechtliche Disposition des Antragstellers geschaffen werden können, zumindest wenn er sich mit dem Antrag als "Türöffner" bereits in das Regime des SGB II begeben hat und eine Einnahme nach dem von ihm bestimmten Zeitpunkt des Leistungsbeginns zufließt (im Gegensatz zu einer tatsächlichen Disposition, die etwa dazu führt, dass einstmals vorhandene bereite Mittel nicht mehr als solche zur Verfügung stehen, vgl nur BSG vom 29.11.2012 - B 14 AS 33/12 R - BSGE 112, 229 = SozR 4-4200 § 11 Nr 57, RdNr 14). So läge der Fall jedoch hier.

    Es ist nicht nötig (und noch dazu regelwidrig!), mir eine PN zu schreiben, weil eine Verwarnung erfolgte, ein Beitrag oder Thread gelöscht oder ein Thread geschlossen wurde. Wenn dies geschah, hatte es einen entsprechenden Grund. Ich verweise insoweit auf die Regeln des Forums: Forenregeln.

  • Ich interpretiere das BSG-Urteil etwas anders, ohne den Anspruch zu erheben, damit richtig zu liegen.

    Das BSG führt aus, dass im entschiedenen Fall die gewählte Gestaltung hier "Antragsrücknahme bzw. Beschränkung" innerhalb des Antragsmonats (nach der bis zum 31.12.2010 geltenden Rechtslage konnte über den Antragszeitpunkt disponiert werden, noch keine Rückwirkung auf den 1sten des Monats) unzulässig ist.

    Die gewählte Gestaltung bewirkt – zumindest wenn sie innerhalb des Antragsmonats erfolgt -einen im Grundsicherungsrecht unzulässigen nachträglichen Eingriff in die materiell-rechtliche Rechtslage.

    Als einseitiges Recht ist es dem Antragsteller zwar unbenommen, durch die Antragstellung den Leistungsbeginn zu bestimmen (vgl. hierzu BSG vom 28.10.2014 – B 14 AS 36/13 R – RdNr. 20, zur Veröffentlichung in BSGE und SozR 4-4200 § 37 Nr. 7 vorgesehen). Die Zulässigkeit dessen folgt bereits aus dem gesetzlichen Antragsgrundsatz und -erfordernis. Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende werden nicht ohne Rücksicht auf ein konkretes Leistungsbegehren erbracht.

    Auf die Bestandskraft weist im Übrigen das BSG in diesem Urteil auch hin

    [...] für die Beschränkung der Zulässigkeit der Antragsrücknahme bis zum Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Verwaltungsentscheidung, wenn er für die Zeit danach auf die Belastung der Versichertengemeinschaft durch die Antragsrücknahme hinweist: BSG vom 16.9.1998 - B 11 AL 17/98 R - juris RdNr 21, unter Hinweis auf BSG vom 17.4.1986 - 7 RAr 81/84 - BSGE 60, 79 = SozR 4100 § 100 Nr 11)


    Um in diesem Zusammenhang auf die Ausgangsfrage zurückzukommen:

    Im Zeitpunkt der Frage (Juli 2025) weiß der selbständige Antragsteller (Antrag Juni) ja noch gar nicht, was er im August bis November tatsächlich verdient. Bei der abschließenden Entscheidung (für 6 Monate Juni - November) würden entsprechend der Bürgergeld-VO die Betriebseinnahmen im Bewilligungszeitraum (geteilt durch 6) zugrunde gelegt. Wieso soll eine im Juli erklärte Antragsrücknahme (vor einer bestandskräftigen Entscheidung) insofern rechtsmissbräuchlich sein.

    Wir haben ja bei den Einnahmen aus Selbständigkeit keine mit der nach alter Rechtslage vergleichbaren Situation im Sinne von "einmaligen Einnahmen" im Juni bzw. Juli, die dann auf 6 Monate verteilt werden und die dann bei Nichtberücksichtigung die Gemeinschaft belastet.


    I

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    • Offizieller Beitrag

    Weil durch die Durchschnittseinkommensberechnung diese Rosinenpickerei gerade bei Selbstständigen im SGB II verhindert werden soll. Die gehören sowieso nicht dahin. Das ist streng genommen staatlich subventionierte Insolvenzverschleppung.

    Es ist nicht nötig (und noch dazu regelwidrig!), mir eine PN zu schreiben, weil eine Verwarnung erfolgte, ein Beitrag oder Thread gelöscht oder ein Thread geschlossen wurde. Wenn dies geschah, hatte es einen entsprechenden Grund. Ich verweise insoweit auf die Regeln des Forums: Forenregeln.