Bürgergeld und Riester-Rente

  • Hallo zusammen,


    ich habe da eine ziemlich interessante Frage bzgl. Bürgergeld und Riester-Rente. Habe auch nichts im Internet dazu gefunden.


    Mein Papa ist in Rente gegangen und hatte vorher SGB XII bzw. Bürgergeld beantragt. Während der Arbeitszeit und auch nach seinem Krankheitsfall vor 10 Jahren, hat er in eine Riester-Rente eingezahlt, insgesamt ca. 17 Jahre. Auch während der Arbeitszeit wurde sein Lohn aufgestockt, weil das Geld nicht ausgereicht hatte.


    Nun ist er im Rentenalter immer noch Bezieher von Bürgergeld und jetzt stellt sich die Frage, ob das eingezahlte Geld samt Zulagen als lebenslange Rentenzahlung oder durch Kündigung direkt ausgezahlt werden soll. Bei der Riester-Rente kann man sogar eine Teilkapitalisierung wählen, also 30% des Gesamtbetrages auszahlen lassen und den Rest als lebenslange Rente.


    Auf clark.de steht irgendwo, dass die Riester-Rente bürgergeld-sicher sei, d.h. die Rente wird nicht einberechnet in die Bedarfsrechnung. Ich gehe stark davon aus, dass es hier um die lebenslange Rentenzahlung geht. Wie sieht es aber aus, wenn man sich für eine vorzeitige Kündigung entscheidet? Nehmen wir an, er hat 15.000 Euro, die er sich bei Kündigung auszahlen lassen kann. Ist dieser Betrag auch bürgergeld-sicher oder wird es in die Bedarfsrechnung mit eingerechnet und mein Vater hätte demnach nichts von der Rentenversicherung gehabt.


    Ich freue mich auf Eure Antworten.


    Liebe Grüße,

    Bürgergeldbeziehung

    • Offizieller Beitrag

    Nun ist er im Rentenalter immer noch Bezieher von Bürgergeld


    Kann nicht sein. Bedürftige Altersrentner beziehen Leistungen nach dem SGB XII und nicht Bürgergeld (SGB II).

    Es ist nicht nötig (und noch dazu regelwidrig!), mir eine PN zu schreiben, weil eine Verwarnung erfolgte, ein Beitrag oder Thread gelöscht oder ein Thread geschlossen wurde. Wenn dies geschah, hatte es einen entsprechenden Grund. Ich verweise insoweit auf die Regeln des Forums: Forenregeln.

  • Habe soeben nochmal bei meinem Vater nachgefragt und Du hast recht. Danke für die Klarstellung, ihm war der Unterschied nicht wirklich klar..

    Weiß nicht, ob ich jetzt am falschen Ort bin oder doch jemand dazu Auskunft geben kann. Nach meiner Recherche bleibt die Riester-Rente bis zu einem gewissen Betrag anrechnungsfrei. Aus dieser "Obergrenze" nehme ich mal an, dass die vorzeitige Kündigung sowie die Teilkapitalisierung als bedarfminderndes Einkommen angerechnet wird. Allerdings habe ich im Internet nichts Eindeutiges gefunden..

    Wäre dankbar für jede Info.

    • Offizieller Beitrag

    Ich habe es jetzt ins richtige Forum verschoben. Es ist jetzt nicht mein Fachgebiet, aber § 82 SGB XII enthält eine Regelung zur Anrechnung wie folgt:


    (4) Bei der Hilfe zum Lebensunterhalt und Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung ist ferner ein Betrag von 100 Euro monatlich aus einer zusätzlichen Altersvorsorge der Leistungsberechtigten zuzüglich 30 vom Hundert des diesen Betrag übersteigenden Einkommens aus einer zusätzlichen Altersvorsorge der Leistungsberechtigten abzusetzen, höchstens jedoch 50 vom Hundert der Regelbedarfsstufe 1 nach der Anlage zu § 28.


    § 82 SGB 12 - Einzelnorm

    Es ist nicht nötig (und noch dazu regelwidrig!), mir eine PN zu schreiben, weil eine Verwarnung erfolgte, ein Beitrag oder Thread gelöscht oder ein Thread geschlossen wurde. Wenn dies geschah, hatte es einen entsprechenden Grund. Ich verweise insoweit auf die Regeln des Forums: Forenregeln.

  • Diesen Absatz habe ich auch gelesen, allerdings habe ich daraus nicht entnehmen können, ob eine vorzeitige Kündigung bedarfsminderns angerechnet wird. Wir wissen gerade nicht, ob es sinnvoller wäre, die Riester-Rente als monatliche Rentenzahlung auszahlen zu lassen oder zu kündigen und somit den gesamten Betrag auszahlen zu lassen. Wenn das Sozialamt die Auszahlung dann abrechnet, bringt die Kündigung und die Ansparung auch nichts..

  • § 82 Abs. 7 ist von Interesse:


    (7) Einmalige Einnahmen, bei denen für den Monat des Zuflusses bereits Leistungen ohne Berücksichtigung der Einnahme erbracht worden sind, werden im Folgemonat berücksichtigt. Entfiele der Leistungsanspruch durch die Berücksichtigung in einem Monat, ist die einmalige Einnahme auf einen Zeitraum von sechs Monaten gleichmäßig zu verteilen und mit einem entsprechenden Teilbetrag zu berücksichtigen. In begründeten Einzelfällen ist der Anrechnungszeitraum nach Satz 2 angemessen zu verkürzen. Die Sätze 1 und 2 sind auch anzuwenden, soweit während des Leistungsbezugs eine Auszahlung zur Abfindung einer Kleinbetragsrente im Sinne des § 93 Absatz 3 Satz 2 des Einkommensteuergesetzes oder nach § 3 Absatz 2 des Betriebsrentengesetzes erfolgt und durch den ausgezahlten Betrag das Vermögen überschritten wird, welches nach § 90 Absatz 2 Nummer 9 und Absatz 3 nicht einzusetzen ist.

  • Danke für die Quellen, Luca.

    Es handelt sich nicht um eine Kleinbetragsrente, liegt bei ca. 48 Euro im Monat.

    Also, meine Interpretation von § 82 Abs. 7 wäre:
    Eine vorzeitige Kündigung der Rieste-Rente bzw. eine Auszahlung wäre prinzipiell als einmalige Einnahme zu sehen. Ausgenommen wäre es, wenn die Einnahme die Vermögensgrenze unterschreitet. Gibt es für das Vermögen einen fixen Wert?

    Gerne korrigieren, falls ich falsch liege.

  • Okay, bei 48 € ist das (knapp) tatsächlich keine Kleinbetragsrente.


    Gut ist, dass die ca. 48 € überhaupt nicht als Einkommen auf die Sozialhilfe angerechnet werden dürfen, denn der Sockel(-frei)betrag von 100,00 € wird unterschritten (§ 82 Abs. 4 SGB XII).


    Da es sich um keine Kleinbetragsrente handelt, hätte die Auszahlung keinesfalls zur Folge, dass das Vermögen geschützt wäre, sondern ganz im Gegenteil. Es müsste eingesetzt werden, denn der aktuell noch bestehende Schutz entfiele im Falle der Kündigung.


    Wo ist der Schutz aktuell geregelt?

    In § 90 Abs. 2 Nr. 2 SGB XII:


    (2) Die Sozialhilfe darf nicht abhängig gemacht werden vom Einsatz oder von der Verwertung ...


    2. eines nach § 10a oder Abschnitt XI des Einkommensteuergesetzes geförderten Altersvorsorgevermögens im Sinne des § 92 des Einkommensteuergesetzes; dies gilt auch für das in der Auszahlungsphase insgesamt zur Verfügung stehende Kapital, soweit die Auszahlung als monatliche oder als sonstige regelmäßige Leistung im Sinne von § 82 Absatz 5 Satz 3 erfolgt; für diese Auszahlungen ist § 82 Absatz 4 und 5 anzuwenden, ...


    Im Falle der Vertragskündigung entfiele der Schutzzweck. Das bedeutet, die Auszahlungssumme würde dem Vermögensbestand zugerechnet werden. Der Freibetrag beträgt für eine Person 10.000,00 €. Lebt dein Vater in einer Partnerschaft, wären es 20.000 € nach dem Recht der Sozialhilfe.


    Soweit bislang ersichtlich, warne ich ausdrücklich: Finger weg von einer Vertragskündigung. Der Schuss ginge nach hinten los :!:

  • Vielen Dank für das Entziffern.

    Nun, er würde eine Auszahlungssumme von ca. 12.000 € erhalten im Falle einer Kündigung und er lebt in einer Partnerschaft. Nun, weiß ich jedoch nicht, wie sein aktuelles "Vermögen" festgelegt wurde, aber angenommen sein Vermögen wäre bei 0 Euro. Dann könnte er den Auszahlungsbetrag theoretisch ohne Probleme auszahlen lassen oder?

    Wäre das Vermögen bei einer Teilkapitalisierung von ca. 30%, das wären ca. 6.000 € mit Zulagen, geschützt? Theoretisch wohl ja, weil die Riester-Rente ja bestehen bleibt..

  • Vielen Dank für das Entziffern.

    Nun, er würde eine Auszahlungssumme von ca. 12.000 € erhalten im Falle einer Kündigung und er lebt in einer Partnerschaft. Nun, weiß ich jedoch nicht, wie sein aktuelles "Vermögen" festgelegt wurde, aber angenommen sein Vermögen wäre bei 0 Euro. Dann könnte er den Auszahlungsbetrag theoretisch ohne Probleme auszahlen lassen oder?

    Okay, dann kommt eine Auszahlung wiederum in Betracht. Man müsste den Stand des Vermögens der Partner vor Auszahlung erfragen. Liegt der Betrag nicht höher als 8.000,00 €, wäre die Auszahlung komplett folgenlos, weil das Schonvermögen von 20.000,00 € nicht überschritten werden würde. Das heißt, der Leistungsanspruch bliebe in dem Fall bestehen.


    Wäre das Vermögen bei einer Teilkapitalisierung von ca. 30%, das wären ca. 6.000 € mit Zulagen, geschützt? Theoretisch wohl ja, weil die Riester-Rente ja bestehen bleibt..

    Das dürfte eine teilweise "schädliche Verwendung" sein. Jedenfalls sollte man das nach dem EstG prüfen:


    § 93 EStG - Schädliche Verwendung - dejure.org


    Es kommt natürlich immer auf die Lebensplanung an, was man mit dem Geld macht. Versicherungsmathematiker würden wohl nüchtern die monatliche Zahlung, die ja nicht angerechnet wird, hochrechnen aufgrund des Alters und der statistischen Lebenserwartung und danach beantworten, ob sich - ganz nüchtern betrachtet - die Auszahlung lohnt oder nicht.

  • Okay, dann kommt eine Auszahlung wiederum in Betracht. Man müsste den Stand des Vermögens der Partner vor Auszahlung erfragen. Liegt der Betrag nicht höher als 8.000,00 €, wäre die Auszahlung komplett folgenlos, weil das Schonvermögen von 20.000,00 € nicht überschritten werden würde. Das heißt, der Leistungsanspruch bliebe in dem Fall bestehen.

    Ganz folgenlos vermutlich nicht, da vermutlich noch Einkommenssteuer berechnet werden sollte.

    Er hat keine Angaben über sein Vermögen gemacht, auch nicht die Riester-Rente angegeben. Allerdings hat das Amt natürlich Einsicht auf die Kontoauszüge, in denen monatlich in die Rentenversicherung eingezahlt wurde.

    Danke, hast uns eine Menge geholfen. Da ich mich mehr oder weniger um alles kümmern muss und eine Kündigung bei der Riester-Rente schon ein Kampf war, wäre ich glücklich, wenn das alles ein reibungsloses Ende hätte.

  • Vermögen ist das, was man schon hatte, bevor man Hartz4, Bürgergeld oder Grundsicherung beantragt hat!


    Alles was danach aufs Konto kommt, kann nicht zum Vermögen zugeordnet werden!

    Es gilt das Zuflussprinzip und ist somit anrechenbares Einkommen!


    Ich würde den Riester-Vertrag nicht kündigen, sondern lieber die geringe monatliche Rente nehmen. Andernfalls ist alles verloren!


    Riester-Rente war einfach ein großer Beschiss - deutlich gesagt!

  • Nun ja, das ist nur dann so, wenn das dem Vater Zufließende nicht zuvor schon Vermögen des Vaters war. Die bloße Umschichtung bereits vorhandenen Vermögens lässt kein Einkommen entstehen. Das ist insoweit nichts anderes bzw. damit vergleichbar mit der Auflösung eines Sparbuchs des vaters und der Auszahlung des Sparbetrages auf das Girokonto des Vaters. Der ausgezahlte Betrag war ja und bleibt deswegen Vermögen.

    Buergergeldbezuehun, vertrau also den Ausführungen von Luca.


  • Hallo nochmal!

    Es gibt ein kleines Feedback. Angesichts der hiesigen Diskussion, habe ich meinem Vater geraten die Riesterrente zu kündigen. Daraufhin wurde natürlich der Sachbearbeiterin Bescheid gegeben und beim Folgeantrag kam die Ablehnung mit der Begründung, dass der Auszahlungsbetrag der Riesterrente als einmalige Einnahme gesehen wird und dementsprechend gilt, wie bereits festgestellt, § 82 Absatz 7.

    Nun widersprechen wir natürlich. Allerdings fehlt mir gerade der rote Faden durch die ganzen Gesetzestexte.

    Es ist mir klar, dass die Auszahlung der Riesterrente als "Einmalige Einnahme" angesehen wird, allerdings sehe ich zurzeit keine Verbindung in den jeweiligen Gesetzen, um argumentieren zu können, dass diese einmalige Einnahme in den Vermögensbestand aufgenommen werden müsse.

    In § 82 Absatz 7 Satz 4 ist, soweit ich das richtig interpretiere, nur die Rede von der Auszahlung einer Kleinbetragsrente, aber nicht die Kündigung einer Riesterrente.

    Mir ist auch bewusst, dass das "Vermögen" aus der Riesterrente, die seit fast 20 Jahren akkumuliert wurde, nicht vollständig als Einnahme angesehen werden kann, weil dieses Vermögen bereits vor dem Antrag für Leistungen nach dem SGB XII angehäuft wurden.

    tldr: Wie kann ich anhand der Gesetze argumentieren, dass der Auszahlungsbetrag bei der Kündigung der Riesterrente keine einmalige Einnahme ist, die zu verrechnen gilt, sondern in den Vermögensbestand angerechnet werden muss?
    Vielleicht noch eine zweite Frage: Wo finde ich das Gesetz, welches mir erlaubt die Anhäufung von Geld VOR dem Antrag auf Leistungen nach SGB XII als Vermögen anzusehen.

    Ich danke Euch schon mal und gute Nacht!