Verbrauch von Erbe bei Bürgergeldbezug

  • Hallo in die Runde,


    Ich werde in nächster Zeit ein Barvermögen in Höhe von ca. 35.000 € erben.

    Ziehe ich das momentane Schonvermögen von 15.000 € ab, bleibt ein anzurechnendes Rest-Vermögen in Höhe von 20.000 € übrig.


    Meine Warm-Miete beträgt ca. 400 €/Monat.


    Wie viel Monate muss ich (alleinstehen, ohne Kinder) bei Bezug von Bürgergeld von den 20.000 € Rest-Vermögen leben?

    Wieviel Geld darf ich im Monat von den 20.000 € Rest-Vermögen "verleben" bis ich wieder berechtigt bin, Bürgergel zu beantragen?


    Herzlichen Dank für Eure Hilfe

    M.T. Mayr

  • Hallo M. T.,

    man ist nach einer Erbschaft, welche die Vermögensfreibeträge übersteigt (für eine alleinstehende Person aktuell im 1. Jahr 40.000 €, anschließend 15.000 €) tatsächlich erst dann wieder anspruchsberechtigt, wenn das Gesamtvermögen (Geld + ggf. Wertgegenstände, Immobilien, Fahrzeuge) wieder auf den Wert des Freibetrags absinkt. In deinem Fall anscheinend 15.000 €.

    Näheres siehe: https://www.buerger-geld.org/news/buergerge…_darf_man_erben

    Gruß

    Claudio

  • Hallo Claudio,

    herzlichen Dank für Deine Ausführungen!

    Meine Frage ging aber dahin, wie lange muss ich von den 20.000 € Rest-Vermögen leben und wieviel davon darf ich pro Monat von diesem Rest-Vermögen ausgeben?

    Gebe ich 900 € (inkl. 400 € Miete) im Monat aus, kann ich ca. 22 Monate von dem Rest-Vermögen leben.
    Gebe ich jedoch 1400 € (inkl. 400 € Miete) im Monat aus, kann ich ca. 14 Monate von dem Rest-Vermögen leben.

    Es gibt leider im Gesetzestext keine eindeutige Definition dazu. Es heißt nur, man sollte verhältnismäßig von dem Geld leben.
    Mir ist schon klar, dass man nicht in einem Monat die 20.000 € verjubeln sollte...
    Was ist aber "verhältnismäßig"?

    Liebe Grüße
    M.T.

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    • Offizieller Beitrag

    Meine Frage ging aber dahin, wie lange muss ich von den 20.000 € Rest-Vermögen leben und wieviel davon darf ich pro Monat von diesem Rest-Vermögen ausgeben?

    Da gibt es keine feste Regelung. Du darfst es halt nur nicht verschwenden oder verschenken.

    Es ist nicht nötig (und noch dazu regelwidrig!), mir eine PN zu schreiben, weil eine Verwarnung erfolgte, ein Beitrag oder Thread gelöscht oder ein Thread geschlossen wurde. Wenn dies geschah, hatte es einen entsprechenden Grund. Ich verweise insoweit auf die Regeln des Forums: Forenregeln.

  • Du warst schneller, Turtle. Ergänzen möchte ich, was meine Recherche ergab:

    Denn laut Rechtsprechung besteht nur in Ausnahmefällen ein Erstattungsanspruch, nämlich dann, wenn die Vermögensausgabe gezielt stattfand, um die Hilfebedürftigkeit wieder herbeizuführen.

    Die einzige Vorschrift des SGB II, welche hier anwendbar wäre, ist § 34: https://www.gesetze-im-internet.de/sgb_2/__34.html

    Hierzu habe ich eine Fachliche Weisung gefunden, welche auf Seite 5, im Beispiel 3, ein Verschenken oder Verspielen des Vermögens als nicht sozialwidrig einstuft: https://www.arbeitsagentur.de/datei/fw-sgb-ii-34_ba015869.pdf

    Darüber hinaus erging ein Urteil des Landessozialgericht Baden-Württemberg, Urt. v. 20.10.2020 - L 9 AS 98/18, mit u.a. folgenden Leitsätzen zu einem Fall von Hilfebedürftigkeit durch Romance-Scamming:

    Zitat: "3. Es obliegt grundsätzlich gerade nicht den staatlichen Stellen, die zur Erfüllung der genannten Pflicht berufen sind, zu prüfen, ob die Hilfebedürftigkeit nachvollziehbar entstanden ist. Im Ergebnis kann ein Erstattungsanspruch wegen sozialwidrigen Verhaltens daher nur in absoluten Ausnahmefällen mit der Ausgabe des Vermögens begründet werden."

    Und: "4. Insbesondere verbietet es sich – nicht zuletzt vor dem Hintergrund des allgemeinen Persönlichkeitsrechtes –, dass der Staat möglicherweise noch in moralisierender Weise bewertet, welche Ausgaben billigenswert sind und welche nicht. Insoweit kommt es nicht maßgeblich darauf an, wofür das Geld ausgegeben wurde und ob dies nachvollziehbar, naiv, moralisch achtenswert oder zu missbilligen ist. Die Grenze ist vielmehr erst da zu ziehen, wo Vermögen kausal zum Zwecke der Herbeiführung der Hilfebedürftigkeit verschwendet wird (so auch LSG Mecklenburg-Vorpommern, a.a.O., unter Hinweis auf § 31 Abs. 2 Nr. 1 SGB II)."

    Quelle: https://tacheles-sozialhilfe.de/newsticker/tac…kw-07-2021.html - Abschnitt 1.1

    Zusammenfassung: Das Jobcenter darf eine Erstattungsforderung nur bei sozialwidrigem Verhalten stellen. Das BSG stuft ein Verhalten nur dann als sozialwidrig ein, wenn es in seiner Handlungstendenz auf die Herbeiführung der Hilfebedürftigkeit gerichtet ist, also zielgerichtet erfolgt.

    Quelle: https://de.openlegaldata.io/case/lsgmv-201…7-l-10-as-63216 - Entscheidungsgründe, Abs. 33.

    Interessant ist auch die Überlegung des LSG MV in Abs. 35, dass eine andere Sichtweise zu einem erheblichen Gerechtigkeitsproblem führen würde (Stichwort ehemals gutverdienende Hilfsbedürftige).

    Insofern sollte z.B. eine Spende für einen gemeinützigen Verein, der ein dir wichtiges Ziel verfolgt, auch nicht sozialwidrig sein.

    Gruß,

    Claudio

  • Herzlichen Dank für Deine Antwort, lieber Admin Turtle,

    dann wir wohl ein Theater- und Konzertbesuch im Monat (zusammen ca. 60 €) wieder möglich sein. Im regulären Bürgergeldbezug ist dies bei mir leider nicht mehr möglich gewesen.

    Ein paar neue Kleidungsstücke und Schuhe sowie einige Dinge für Wohnung und Haushalt werden aber auch in nächster Zeit zu Buche schlagen. Ob und wann größere Neuanschaffungen (z.B. Haushaltsgeräte) anstehen, weiß nur die Zeit allein.

    Das Schonvermögen in Höhe von 15.000 € muss ich unbedingt für einen geplanten Umzug in eine behindertengerechte Wohnung zurückhalten. Umzugskosten und Küchenneueinbau müssen davon beglichen werden.
    Zunächst muss man aber erstmal abwarten, wie die aktuelle Bundesregierung die Höhe des Schonvermögens neu definiert.


    Lieber Claudio,

    auch Dir danke ich ganz herzlich für Deine Ausführungen und für Deine Informationen.
    Dann werde ich mal die Rechtsnormen und das genannte Urteil studieren.


    Liebe Grüße
    M.T.


  • Zunächst muss man aber erstmal abwarten, wie die aktuelle Bundesregierung die Höhe des Schonvermögens neu definiert.

    Geh mal lieber davon aus dass die Freibeträge niedriger werden. Wenn sie es wieder an eine Lebensleistung binden wollen, dann wird es bestimmt ähnlich oder gleich wie früher, Lebensalter mal einem bestimmten Betrag.

    • Neu
    • Offizieller Beitrag

    Einfach Alter x Euro hat aber auch nichts mit Lebensleistung zu tun. Es gibt ja jetzt bereits so einen Freibetrag im SGB II, der für Selbständige. Vielleicht orientiert man sich daran.

    Es ist nicht nötig (und noch dazu regelwidrig!), mir eine PN zu schreiben, weil eine Verwarnung erfolgte, ein Beitrag oder Thread gelöscht oder ein Thread geschlossen wurde. Wenn dies geschah, hatte es einen entsprechenden Grund. Ich verweise insoweit auf die Regeln des Forums: Forenregeln.

  • Wir werden es bald erfahren.

    Für jedes Jahr der tatsächlichen Erwerbstätigkeit einen Betrag X? Das könnte für junge Menschen und andere die nie gearbeitet haben, aus welchen Gründen auch immer, ein niedriger Betrag werden.

    Lassen wir uns, wie so oft schon, überraschen.

  • Insofern sollte z.B. eine Spende für einen gemeinützigen Verein, der ein dir wichtiges Ziel verfolgt, auch nicht sozialwidrig sein.

    Und mich mit meinem wichtigen Ziel hilfebedürftig machen? Ich kann niemandem empfehlen, sich an diesen Tipp zu halten.... Generell dürfte es dem Frager aber wohl mehr darum gehen, ob er im Monat nur ca. seinen sozialhilferechtlichen Anspruch oder mehr verbrauchen darf. Hierzu gibt es keine festen Werte. Ich würde bei der Beurteilung von einem vergleichbaren Menschen ausgehen, der sich im Bereich Mindestlohn plus ca. 15% bewegt.

    Wenn das Leben Dir in den Allerwertesten tritt - nutze den Schwung um Vorwärts zu kommen

  • Herzlichen Dank an alle, die hier ihre Antworten hinterlassen haben!


    Eines interessiert mich noch:

    Wenn ich nun von dem Rest-Vermögen leben muss, wie verhält es sich mit Krankenversicherung, Rentenversicherung und Mietzahlung?

    Übernimmt das Jobcenter weiterhin die Beitragsleistungen für die Krankenversicherung?

    Werden Beiträge für die Rentenversicherung fällig?

    Die Miete werde ich sicherlich selber zahlen müssen, bis das Restvermögen aufgebraucht ist und ich einen neuen Antrag auf Bürgergeld und Übernahme der Miete beim Jobcenter stellen muss.

    Liebe Grüße
    M.T.

  • Du musst von Deinem Vermögen auch die KV/PV bezahlen, lass dich von Deiner Krankenversicherung beraten. Da Du kein weiteres Einkommen hast wir es um den Basistarif gehen.

    Für die Rentenversicherung wird nichts fällig. Es sei denn, Du zahlst freiwillig was ein. Da müsstest Du dich auch beraten lassen.

    Die Miete ist auch von Dir selbst zu zahlen.

    Ich würde überschlägig davon ausgehen, dass die 20.000 Euro (wenn es weiterhin um den Betrag geht) ca. 10-12 Monate reichen müssten.

    Wenn das Leben Dir in den Allerwertesten tritt - nutze den Schwung um Vorwärts zu kommen

  • Und mich mit meinem wichtigen Ziel hilfebedürftig machen? Ich kann niemandem empfehlen, sich an diesen Tipp zu halten...

    Ich wollte damit lediglich unterstreichen, dass man, laut BSG, ziemlich frei entscheiden darf, was genau man mit seinem Vermögen anstellt, solange die Ausgaben nicht mit der konkreten Absicht getätigt werden, (wieder) hilfebedürftig zu werden. Ich für mein Teil könnte mir zumindest Verwerflicheres vorstellen, als sein Geld einem guten Zweck zukommen zu lassen.

    Das Schonvermögen in Höhe von 15.000 € muss ich unbedingt für einen geplanten Umzug in eine behindertengerechte Wohnung zurückhalten. Umzugskosten und Küchenneueinbau müssen davon beglichen werden.
    Zunächst muss man aber erstmal abwarten, wie die aktuelle Bundesregierung die Höhe des Schonvermögens neu definiert.

    Falls du auf eine behindertengerechte Wohnung angewiesen bist, bezahlt das Jobcenter (oder ein anderer Träger) auf Antrag vielleicht sogar den Umzug.

    Die Tage wurden ein paar Zahlen zum neuen Schonvermögen veröffentlicht, einige Medien haben wohl den Gesetzentwurf zugespielt bekommen:

    "Der Freibetrag soll bis zum Alter von 20 Jahren 5000 Euro betragen, zwischen 21 und 40 Jahren 10.000 Euro, zwischen 41 und 50 Jahren 12.500 Euro und ab dem 51. Lebensjahr 15.000 Euro."

    Quelle: https://www.merkur.de/verbraucher/zw…r-93991360.html

  • Hallo Claudio,

    die Übernahme der Umzugskosten in eine behindertengerechte Wohnung hatte ich mit dem Jobcenter schon mal vor einiger Zeit besprochen; das Jobcenter würde die Kosten übernehmen. Nur weiß ich noch nicht, wann der Umzug stattfinden wird, da sich das das Haus immer noch in Bau befindet. Bezugsfertig sollte es schon 2024 sein; ich rechne jedoch erst mit 2027.

    Geschieht der Umzug jedoch in der Zeit, in der ich keine Leistung vom Jobcenter beziehe, muss ich dafür das Geld vom Schonvermögen nehmen. Ich muss mir auch noch eine komplette Küche einbauen lassen; auch dafür ist das Geld vom Schonvermögen vorgesehen. Sollten jedoch bis 2027 gesundheitlich alle Stricke bei mir reißen, muss ich in ein anderes behindertengerechtes Haus umziehen; aber das ist noch unsichere Zukunftsmusik.

    Sollte das Schonvermögen laut dem Merkur-Zeitungsbericht so festgelegt werden, dann habe ich mit meinem Alter doch etwas Glück gehabt.

    Da bleibt nur noch auf eine lange Lebenszeit zu hoffen, um auch den ganzen "Reichtum" ausgeben zu können…
    …nicht das ich noch was vererben muss…8)

    Liebe Grüße
    M.T.