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Urlaubsabgeltung zählt dann nicht zum Hinzuverdienst bei der Erwerbsminderungsrente – Präzedenzurteil bringt Klarheit

Neue Rechtsprechung: Urlaubsabgeltung gilt für Erwerbsminderungsrentner nicht mehr als Hinzuverdienst im Auszahlungsmonat. Wer nach Ende des Arbeitsverhältnisses eine nachträgliche Urlaubsauszahlung bekommt, muss keine Rentenkürzungen oder Rückforderungen durch die Rentenkasse fürchten. Das Urteil bringt mehr Sicherheit und Gerechtigkeit für Betroffene. Einzelheiten hier auf Bürger & Geld, dem Nachrichtenmagazin des Vereins Für soziales Leben e.V.!

Viele Rentnerinnen und Rentner mit Erwerbsminderungsrente stehen nach Auflösung des Arbeitsverhältnisses vor einer wichtigen Frage: Muss die gezahlte Urlaubsabgeltung als Hinzuverdienst auf die Rente angerechnet werden? Ein aktuelles höchstrichterliches Urteil sorgt für Erleichterung und stellt klar – Urlaubsabgeltungen dürfen nicht pauschal als rentenschädlicher Hinzuverdienst im Auszahlungsmonat auf die Rente angerechnet werden. Wie das Urteil zustande kam, warum es relevant ist, und wie Betroffene richtig handeln, erklärt dieser Artikel ausführlich und verständlich.

Hintergrund: Erwerbsminderungsrente und Hinzuverdienstgrenzen

Die Erwerbsminderungsrente ist eine Leistung der gesetzlichen Rentenversicherung für Personen, die aus gesundheitlichen Gründen nur teilweise oder gar nicht mehr am Arbeitsleben teilnehmen können. Damit die Erwerbsminderungsrente dynamisch und gerecht bleibt, gelten bestimmte Hinzuverdienstgrenzen: Wer eine befristete oder unbefristete Rente erhält, darf jährlich nur begrenzt hinzuverdienen, ohne dass die Rente gekürzt wird. Wird dieser Freibetrag überschritten, kann die Rente anteilig bis auf null reduziert werden.

Vor dem hier besprochenen Urteil wertete die Deutsche Rentenversicherung die im Auszahlungsmonat entrichtete Urlaubsabgeltung als Hinzuverdienst, was im Einzelfall zu erheblichen Rückforderungen und Rentenkürzungen führen konnte.

Worauf bezieht sich das Urteil des Bundessozialgerichts?

Das Bundessozialgericht (BSG) hat unter dem Az. B 13 R 35/17 R entschieden, dass der Entstehungszeitpunkt der Urlaubsabgeltung entscheidend ist und nicht der Zeitpunkt der Auszahlung an den Rentner. Die Kernaussage ist: Eine Urlaubsabgeltung zählt lediglich im Monat ihrer rechtlichen Entstehung – also mit Beendigung des Arbeitsverhältnisses – als Hinzuverdienst. Eine spätere Auszahlung, zum Beispiel Monate nach der Beendigung oder während des Rentenbezugs, ist für die Anrechnung nicht relevant.

Der entschiedene Fall zur Urlaubsabgeltung als Hinzuverdienst bei er EM-Rente im Detail

Ein Versicherter bezog volle Erwerbsminderungsrente seit mehreren Jahren. Nach Auflösung seines Arbeitsverhältnisses erhielt er eine Urlaubsabgeltung als Einmalzahlung. Die Rentenversicherung nahm daraufhin eine Kürzung der Erwerbsminderungsrente im Auszahlungsmonat vor und verlangte Rückzahlungen. Der Versicherte klagte, und Sozialgericht sowie Landessozialgericht gaben ihm Recht – das BSG bestätigte diese Sicht.
Die Begründung: Der Anspruch auf Urlaubsabgeltung entsteht unmittelbar mit Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Das arbeitsrechtliche Ereignis, also das Ende des Arbeitsvertrags, ist maßgeblich – nicht der Zahlungszeitpunkt.

Was zählt als Hinzuverdienst bei der EM-Rente?

Laut BSG ist die Urlaubsabgeltung grundsätzlich ein Arbeitsentgelt, das als Hinzuverdienst angerechnet werden kann.
Entscheidend ist dabei:

  • Der rechtliche Entstehungszeitpunkt: Das Arbeitsverhältnis muss beendet sein.
  • Die finanzielle Auszahlung ist unerheblich; sie kann Monate später erfolgen.

Beispiel:
Endet ein Arbeitsverhältnis im August und die Urlaubsabgeltung wird im Oktober ausgezahlt, gilt als Hinzuverdienst einzig der August. Eine Rentenkürzung im Oktober ist rechtswidrig.

Folgen für Erwerbsminderungsrentner

Das Urteil des BSG bringt erhebliche Vorteile für Rentenbezieher. Es sorgt für mehr Planungssicherheit, verhindert willkürliche Rückforderungen und schützt vor zufälligen Nachteilen aufgrund verzögerter Auszahlungen.

Vorteile im Überblick:

  • Keine rentenschädliche Anrechnung in späteren Monaten.
  • Planungssicherheit bei Rentenbezug und Auflösung des Arbeitsverhältnisses.
  • Rechtssicherheit für Rentner und Arbeitgeber.
  • Risiken für Rückforderungen, die aus Auszahlungszeitpunkt resultieren, sinken deutlich.

Praktische Tipps für Betroffene

  • Rentner sollten prüfen, in welchem Monat das Arbeitsverhältnis endet und die Urlaubsabgeltung rechtlich entsteht.
  • Bei Auseinandersetzungen oder falscher Anrechnung durch die Rentenversicherung kann Widerspruch eingelegt und auf das BSG-Urteil verwiesen werden.
  • Die Urlaubsabgeltung erst nach Rentenbeginn ausgezahlt zu bekommen, ist nicht automatisch schädlich. Entscheidend bleibt der Monat des Anspruchs.
  • Arbeitgeber und Personalstellen sollten bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses und Übergang in die Rente korrekt beraten und die rechtlichen Hintergründe beachten.

Zusammenfassung: Urlaubsabgeltung ist kein Hinzuverdienst bei EM-Rente

Das BSG-Urteil bringt endlich Klarheit für Erwerbsminderungsrentner: Urlaubsabgeltungen dürfen nur im Monat ihrer rechtlichen Entstehung als Hinzuverdienst angerechnet werden – nicht im Auszahlungsmonat. Das schützt die Rentenbezieher vor unnötigen Kürzungen und Rückforderungen und sorgt für mehr Gerechtigkeit im deutschen Rentensystem. Wichtig für Rentenbezieher: den eigenen Rentenbescheid und die Anrechnungen sorgfältig zu prüfen und sich bei Unklarheiten fachkundig beraten zu lassen.

Redakteure

  • ik

    Sozialrechtsexperte und Redakteur

    Ingo Kosick ist ein renommierter Experte im Bereich des Sozialrechts in Deutschland. Er engagiert sich seit über 30 Jahren in diesem Feld und hat sich als führende Autorität etabliert. Als Vorsitzender des Vereins Für soziales Leben e.V., der 2005 in Lüdinghausen gegründet wurde, setzt er sich für die Unterstützung von Menschen ein, die von Armut und Arbeitslosigkeit betroffen sind. Der Verein bietet über das Internet Informationen, Beratung und Unterstützung für sozial benachteiligte Menschen an. Ingo Kosick ist zudem ein zentraler Autor und Redakteur auf der Plattform buerger-geld.org, die sich auf Themen wie Bürgergeld, Sozialleistungen, Rente und Kindergrundsicherung spezialisiert hat. Seine Artikel bieten fundierte Analysen und rechtlich aufgearbeitete Informationen, die Menschen in schwierigen Lebenssituationen unterstützen sollen. Durch seine langjährige Erfahrung und sein Engagement hat Ingo Kosick maßgeblich dazu beigetragen, dass sozial benachteiligte Menschen in Deutschland besser informiert und unterstützt werden können.

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  • Peter Kosick
    Experte:

    Jurist und Redakteur

    Peter Kosick hat an der Universität Münster Rechtswissenschaften studiert und beide juristische Staatsexamen in Nordrhein-Westfalen mit Erfolg abgelegt. Er arbeitet als freiberuflicher Jurist, ist Autor verschiedener Publikationen und hält Vorträge im Bereich Arbeits- und Sozialrecht. Seit mehr als 30 Jahren engagiert er sich im sozialen Bereich und ist seit der Gründung des Vereins "Für soziales Leben e.V." dort Mitglied. Peter Kosick arbeitet in der Online Redaktion des Vereins und ist der CvD. Seinen Artikeln sieht man an, dass sie sich auf ein fundiertes juristisches Fachwissen gründen. Peter hat ebenfalls ein Herz für die Natur, ist gern "draußen" und setzt sich für den Schutz der Umwelt ein. Seine Arbeit im Redaktionsteam von buerger-geld.org gibt ihm das Gefühl,  etwas Gutes für das Gemeinwohl zu tun.

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