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Renten-Urteil: Beitragszuschuss für Selbständige zählt nicht als Einkommen bei der Krankenversicherung – Was das BSG entschieden hat

Der Beitragszuschuss zur Krankenversicherung für Selbständige im Rentenbezug wird bei der Berechnung der Höhe der Krankenversicherungsbeiträge nicht als Einkommen berücksichtigt – das hat das Bundessozialgericht im Grundsatzurteil Az. B 12 KR 23/09 eindeutig festgestellt. Einzelheiten hier auf Bürger & Geld, dem Nachrichtenmagazin des Vereins Für soziales Leben e.V.!

Hintergrund: Krankenversicherung und Rente

Mit Eintritt in die Rente sind viele ehemals selbständige Personen freiwillig in der gesetzlichen Krankenversicherung versichert. Neben der gesetzlichen Altersrente können Selbständige einen Zuschuss zur Krankenversicherung nach § 106 SGB VI beanspruchen. Dieser dient dazu, die monatlichen Belastungen aus der privaten oder freiwilligen Krankenversicherung abzufedern und soll speziell Rentner finanziell entlasten. Dieser Zuschuss wird gezahlt, wenn keine Versicherungspflicht in der Krankenversicherung der Rentner (KVdR) besteht.

Problem: Praxis der Krankenkassen

Bis zur höchstrichterlichen Klärung verlangten Krankenkassen von freiwillig versicherten, rentenbeziehenden Selbständigen, dass sie den Zuschuss ebenfalls der Berechnung der Beiträge zur Krankenversicherung zurechnen. Das führte dazu, dass die finanzielle Entlastung, die der Zuschuss bringen sollte, faktisch entwertet wurde – die Beitragslast stieg, ohne dass sich die Einnahmensituation der Betroffenen tatsächlich verbessert hätte.

Das Urteil des Bundessozialgerichts (Az. B 12 KR 23/09)

In einem wegweisenden Urteil vom 28.09.2011 entschied das Bundessozialgericht: Selbständige, die im Ruhestand freiwillig gesetzlich krankenversichert sind, müssen den Beitragszuschuss zur Krankenversicherung nicht als Einkommen für Ihren Krankenversicherungsbeitrag zur Krankenkasse anrechnen lassen.

Sachverhalt des Verfahrens

Der Kläger bezog sowohl eine Altersrente wie auch Arbeitseinkommen aus selbständiger Tätigkeit und erhielt den Zuschuss zur Krankenversicherung. Die Krankenkasse verlangte, den Zuschuss in die Beitragsberechnung einzubeziehen. Nach erfolgloser Klage und Berufung gaben die Richter des BSG dem Kläger schlussendlich recht – und setzten die jahrelange Praxis der Krankenkassen außer Kraft.

Juristische Begründung

Das BSG stellte klar:

  • § 240 Abs. 3 SGB V nennt ausdrücklich “Arbeitsentgelt” (§ 14 SGB IV), aber nicht “Arbeitseinkommen” (§ 15 SGB IV). Übertragen werden kann diese Regel deshalb auf Selbständige nicht.
  • Der Zweck des Zuschusses nach § 106 SGB VI ist die Entlastung des Versicherten, nicht die Finanzierung der Krankenkasse.
  • Die Vorschrift ist explizit auf abhängig Beschäftigte im Arbeitsverhältnis zugeschnitten, Selbständige sind davon nicht erfasst und können auch nicht analog behandelt werden. Eine analoge Anwendung ist vom Gesetzgeber ausdrücklich nicht gewollt.

Konsequenzen für freiwillig versicherte Rentner

Das Urteil bringt spürbare Vorteile und Rechtssicherheit für freiwillig versicherte Selbständige im Rentenbezug:

  • Die gezahlten Zuschüsse zur Krankenversicherung gelten nicht als beitragspflichtiges Einkommen und dürfen nicht in die Berechnung der Versicherungsbeiträge für die Krankenversicherung einfließen.
  • Damit bleibt der Zuschuss ausschließlich zur Deckung der Versicherungskosten – das Netto-Renteneinkommen erhöht sich.
  • Krankenkassen dürfen keine Nachforderungen für Zuschüsse stellen.

Übersicht: Einkommen bei der Beitragsberechnung

EinkommensartBeitragsrelevant bei Selbständigen?Bemerkung
Gesetzliche RenteJaNormaler Rentenanspruch
Arbeitseinkommen selbständigJaGewerbe, freie Berufe etc.
Zuschuss KrankenversicherungNein Nach BSG-Urteil nicht zu berücksichtigen
Kapital- oder MieteinkünfteJa Bei freiwillig Versicherten relevant

Bedeutung des BSG-Urteils

Das Urteil vom 28.09.2011 (Az. B 12 KR 23/09) ist ein Meilenstein für die Rechte (ehemals) selbständiger Rentner:

  • Es verschafft Klarheit vor unrechtmäßigen Forderungen der Krankenkassen.
  • Die Entscheidung stärkt insbesondere die finanzielle Situation von Selbständigen, die häufig auf jeden Euro ihrer Rente angewiesen sind.
  • Für freiwillig Versicherte bleibt der Zuschuss ein echter Vorteil, der die monatliche Belastung reduziert.

Fazit: Beitragszuschuss der Rente zur Krankenversicherung ist nicht als Einkommen zu berücksichtigen

Der Beitragszuschuss zur Krankenversicherung gilt nach höchstrichterlicher Rechtsprechung explizit nicht als Einkommen bei der Berechnung der Höhe der Beiträge zur Krankenversicherung für freiwillig versicherte Selbständige im Rentenbezug.

Rechtssicherheit: Krankenkassen dürfen den Zuschuss der Rentenversicherung nicht als Einkommen ansetzen!

Redakteure

  • ik

    Sozialrechtsexperte und Redakteur

    Ingo Kosick ist ein renommierter Experte im Bereich des Sozialrechts in Deutschland. Er engagiert sich seit über 30 Jahren in diesem Feld und hat sich als führende Autorität etabliert. Als Vorsitzender des Vereins Für soziales Leben e.V., der 2005 in Lüdinghausen gegründet wurde, setzt er sich für die Unterstützung von Menschen ein, die von Armut und Arbeitslosigkeit betroffen sind. Der Verein bietet über das Internet Informationen, Beratung und Unterstützung für sozial benachteiligte Menschen an. Ingo Kosick ist zudem ein zentraler Autor und Redakteur auf der Plattform buerger-geld.org, die sich auf Themen wie Bürgergeld, Sozialleistungen, Rente und Kindergrundsicherung spezialisiert hat. Seine Artikel bieten fundierte Analysen und rechtlich aufgearbeitete Informationen, die Menschen in schwierigen Lebenssituationen unterstützen sollen. Durch seine langjährige Erfahrung und sein Engagement hat Ingo Kosick maßgeblich dazu beigetragen, dass sozial benachteiligte Menschen in Deutschland besser informiert und unterstützt werden können.

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  • Peter Kosick
    Experte:

    Jurist und Redakteur

    Peter Kosick hat an der Universität Münster Rechtswissenschaften studiert und beide juristische Staatsexamen in Nordrhein-Westfalen mit Erfolg abgelegt. Er arbeitet als freiberuflicher Jurist, ist Autor verschiedener Publikationen und hält Vorträge im Bereich Arbeits- und Sozialrecht. Seit mehr als 30 Jahren engagiert er sich im sozialen Bereich und ist seit der Gründung des Vereins "Für soziales Leben e.V." dort Mitglied. Peter Kosick arbeitet in der Online Redaktion des Vereins und ist der CvD. Seinen Artikeln sieht man an, dass sie sich auf ein fundiertes juristisches Fachwissen gründen. Peter hat ebenfalls ein Herz für die Natur, ist gern "draußen" und setzt sich für den Schutz der Umwelt ein. Seine Arbeit im Redaktionsteam von buerger-geld.org gibt ihm das Gefühl,  etwas Gutes für das Gemeinwohl zu tun.

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