1. Bausparverträge: Kündigung ohne Abschlussgebühr
Nur wenige wissen: Menschen mit Schwerbehinderung profitieren in Deutschland bei bestimmten Bausparverträgen von besonderen Kündigungsrechten. Wer aus gesundheitlichen oder finanziellen Gründen seinen Bausparvertrag kündigen muss, kann die Abschlussgebühr zurückfordern und muss keine Stornogebühren oder Verluste beim Bonus in Kauf nehmen. Voraussetzung ist meist ein Nachweis durch den Schwerbehindertenausweis und die Vorlage eines ärztlichen Gutachtens gegenüber der Bausparkasse.
2. Befreiung oder Ermäßigung beim Rundfunkbeitrag
Der Rundfunkbeitrag (vormals GEZ) wird von fast jedem Haushalt gezahlt. Menschen mit bestimmten Einschränkungen können sich jedoch davon befreien lassen oder zahlen nur ein Drittel des normalen Beitrags. Für das Jahr 2025 sind das ca. 6,12 Euro monatlich statt 18,36 Euro. Die Befreiung oder Ermäßigung ist möglich bei bestimmten Merkzeichen, zum Beispiel „RF“ (Rundfunk) oder auch bei Seh- und Hörbehinderungen („Bl“, „Gl“).
3. Ermäßigung bei Telekommunikation und Post
Bei Telefonanbietern gibt es Sparmöglichkeiten: Schwerbehinderte können bei Vorlage des Ausweises oder ärztlichen Nachweises auf Antrag ermäßigte Grundgebühren für Festnetz und teils auch Mobilfunk erhalten. Die Deutsche Post bietet zudem Rabatte für sogenannte Blindensendungen. Briefe und Pakete mit Blindenschrift oder Hörmedien sind für Betroffene kostenfrei oder extrem günstig, auch 2025.
4. Mehrbedarf nach SGB XII (Sozialhilfe) für soziale Leistungen
Ein weiterer, kaum bekannter Vorteil: Wer eine Schwerbehinderung mit Merkzeichen „G“, „aG“, „H“ oder „BI“ hat und Sozialhilfe (SGB XII) bezieht, erhält einen monatlichen Mehrbedarfzuschlag. Dieser beträgt je nach Lebenssituation und Bundesland zwischen 17 und 35 Prozent des Eckregelsatzes und wird unabhängig von anderen Leistungen gewährt. Auch bei Wohngeld und Grundsicherung im Alter kann aufgeschlagen werden.
5. Sonderregelungen im Studium und Berufsbildung
Studierende und Teilnehmer von Weiterbildungen mit Schwerbehinderung erhalten diverse Nachteilsausgleiche, etwa bei Prüfungen, Studiengebühren und Zeitvorgaben. So gibt es Anspruch auf verlängerte Prüfungszeiten, barrierefreie Materialien, Erstattung von Fahrtkosten oder Härtefall-Förderung durch das BAföG. Auch eine Befreiung vom Semesterbeitrag ist in manchen Bundesländern mit Nachweis möglich.
6. Kraftfahrzeughilfe und kommunale Fahrdienste
Ein besonders praktischer Nachteilsausgleich für Mobilität: Menschen mit Schwerbehinderung (mit den Merkzeichen „G“, „aG“ oder „BI“) können Zuschüsse für die Anschaffung und Reparatur eines Fahrzeugs erhalten (Kraftfahrzeughilfe). Auch Kosten für ein spezielles Fahrzeug oder Umbaumaßnahmen werden übernommen, sofern die Teilnahme am Arbeitsleben sonst nicht möglich wäre. In vielen Städten gibt es ergänzende kommunale Fahrdienste, die behinderte Menschen zum Arzt, zur Therapie oder anderen wichtigen Terminen fahren – oft kostenlos oder stark ermäßigt.
Kurz erklärt: Nachteilsausgleiche und Merkzeichen
Nachteilsausgleiche sind Vorteile oder Vergünstigungen, um Nachteile durch eine Behinderung auszugleichen. Sie gelten oft erst ab einem GdB von 50 oder mit Merkzeichen im Ausweis wie „G“ (Bewegungseinschränkung), „aG“ (außergewöhnlich gehbehindert), „H“ (hilflos), „Bl“ (blind) oder „RF“ (Rundfunk).
FAQ: Häufige Fragen zu weniger bekannten Nachteilsausgleichen
Wer entscheidet über den Nachteilsausgleich?
Das zuständige Versorgungsamt vergibt Merkzeichen und legt die Anspruchsberechtigung fest. Entscheidend sind medizinische Gutachten und die individuelle Lebenslage.
Können mehrere Vorteile kombiniert werden?
Ja, oft lassen sich verschiedene Nachteilsausgleiche kombinieren, etwa bei Sozialhilfe und Rundfunkbeitrag oder in Verbindung mit Fahrdiensten und Steuervergünstigung.
Gibt es regionale Unterschiede?
Ja, bei Fahrdiensten und Mehrbedarfen gibt es regionale Unterschiede und kommunale Sonderprogramme. Ein Antrag auf Leistung lohnt sich auch nach einem abgelehnten Erstbescheid, da sich die Bedingungen jährlich verändern können.
Fazit
Wer die weniger bekannten Nachteilsausgleiche kennt und nutzt, kann im Alltag viel Geld sparen und mehr Teilhabe am gesellschaftlichen Leben erfahren. Eine Beratung beim Sozialverband oder beim Versorgungsamt ist daher immer empfehlenswert.