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Hinzuverdienst Grenzen – Neue Grundsicherung

Die Hinzuverdienstgrenzen bei der geplanten Neuen Grundsicherung werden derzeit grundlegend überarbeitet und sollen mehr finanzielle Anreize für Arbeitsuchende schaffen als das bisherige Bürgergeld. Nachfolgend wird die neue Systematik, die Veränderungen gegenüber alten Regelungen, Vorteile und Kritikpunkte sowie typische Berechnungsbeispiele erörtert, um Suchenden umfassend zu informieren.

Hintergrund: Von Bürgergeld zur Neuen Grundsicherung

Mit der Reform der Grundsicherung 2025 steht ein Paradigmenwechsel an: Das Bürgergeld wird zur „Neuen Grundsicherung für Arbeitsuchende“ umgestaltet, mit dem Ziel, mehr Menschen zur Arbeitsaufnahme zu motivieren und bürokratische Hürden abzubauen. Die Hinzuverdienstgrenzen, also die Sätze, wie viel vom eigenen Einkommen zusätzlich zum Leistungsbezug im Haushalt verbleiben darf, sind dabei ein zentrales Reformelement.

Das neue Modell im Überblick

Die geplanten Freibetragsregelungen fußen auf aktuellen Vorschlägen aus Regierung und Wirtschaftsforschung und sollen Arbeit attraktiver machen. Die wichtigsten Eckpunkte lauten:

  • Bis 100 Euro monatliches Bruttoeinkommen bleiben völlig anrechnungsfrei – das Geld kann komplett behalten werden.
  • Von 101 bis 520 Euro gelten 20 Prozent Freibetrag, 80 Prozent des Einkommens werden angerechnet und mindern die Leistung.
  • Von 521 bis 2.000 Euro gelten 30 Prozent Freibetrag (neu), 70 Prozent werden angerechnet.
  • Über 2.000 Euro hinaus gelten sogar 35 Prozent Freibetrag, also nur 65 Prozent werden angerechnet.
  • Die Reform beseitigt Schwellen („Abbruchkanten“), bei denen der finanzielle Vorteil eines Hinzuverdienstes abrupt sinkt, um ein gleichmäßigeres und motivierenderes System zu schaffen.

So funktioniert die Berechnung

Nach der neuen Staffelung berechnet sich der Freibetrag aus Grundfreibetrag plus einem prozentualen Anteil des übersteigenden Einkommens. Beispiel für einen Single mit 1.500 Euro Bruttoverdienst:

  • 100 Euro Grundfreibetrag
  • 1.400 Euro darüber × 30 Prozent = 420 Euro
  • Gesamter Freibetrag: 100 + 420 = 520 Euro
  • Der Rest wird auf die Grundsicherung angerechnet, das eigene Einkommen steigt.

Eine Familie mit drei Kindern und 2.500 Euro EK käme auf 820 Euro Freibetrag plus Kindergeld, was eine spürbare Verbesserung gegenüber bisherigen Modellen darstellt.

Ziele und Vorteile der neuen Hinzuverdienstgrenzen

  • Motivation zur Arbeit: Mehr Zuverdienst bleibt im Haushalt, insbesondere bei mittleren Einkommen.
  • Gleichmäßige Anreize: Kein „Sprung“ im System mehr, der den Arbeitseinstieg bestrafen könnte.
  • Langfristige Entlastung des Staates: Je mehr Betroffene nachhaltig aus der Grundsicherung aussteigen, desto geringer werden die Kosten.
  • Bessere Planbarkeit: Die Staffelung ist transparent und ermöglicht klare Kalkulationen.

Kritik und potenzielle Herausforderungen

  • Höhere Kosten für den Staat kurzfristig: Da viele Bezieher zunächst mehr Geld erhalten, steigen die Ausgaben für die öffentliche Hand.
  • Gefahr der Teilzeit-Verharrung: Manche könnten versucht sein, in Teilzeitjobs zu verweilen, anstatt den Schritt in volle Erwerbstätigkeit zu gehen.
  • Komplexität für Jobcenter: Die Berechnung der neuen Freibeträge könnte zu mehr Bürokratie führen, bis Prozesse angepasst sind.

Experten und politische Stimmen

Die Reformvorschläge stammen aus Gutachten des ifo Instituts und des ZEW und greifen die Forderung nach mehr Anreizen und Abbau von Fehlanreizen aus der Praxis auf. Die Politik sieht vor allem den Lohnabstand und die gesellschaftliche Gerechtigkeit als zentrale Aspekte.

FAQs: Häufige Fragen zu Hinzuverdienstgrenzen bei der Neuen Grundsicherung

Was ändert sich beim Hinzuverdienst gegenüber dem Bürgergeld?

Statt einer strengen Anrechnung ab niedrigen Zuverdiensten und mehreren harten Schwellen gehen große Teile des Einkommens künftig in den attraktiven Freibetragsbereich über.

Betreffen die neuen Hinzuverdienstgrenzen alle Haushaltsformen?

Ja, Singles, Ehepaare und Familien profitieren, wobei die Summen je nach Bruttoeinkommen und Kindergeld variieren.

Gibt es weiterhin einen Grundfreibetrag?

Ja, die ersten 100 Euro bleiben vollständig anrechnungsfrei.

Wie sicher sind die Reformen?

Die Vorschläge sind noch nicht final Gesetz, werden aber im Herbst 2025 von einer neuen Sozialstaatskommission geprüft.

Tabelle: Neue Einkommensfreibeträge (geplante Staffelung)

BruttoeinkommenFreibetragAnteil angerechnet
bis 100 €100 €0 %
101 – 520 €20% des Einkommens80 %
521 – 2.000 €30% des Einkommens70 %
über 2.000 €35% des Einkommens65 %

Fazit: Neue Grundsicherung – das ist als Zuverdienst möglich

Die neuen Hinzuverdienstgrenzen bei der Neuen Grundsicherung könnten die Arbeitsaufnahme für Bezieher erheblich attraktiver machen und auf lange Sicht zu mehr finanzieller Eigenständigkeit sowie einer Entlastung des Sozialstaates führen. Bis zur endgültigen Umsetzung sollte die Entwicklung aufmerksam verfolgt werden, da Details noch politisch verhandelt werden.

Redakteure

  • Peter Kosick

    Jurist und Redakteur

    Peter Kosick hat an der Universität Münster Rechtswissenschaften studiert und beide juristische Staatsexamen in Nordrhein-Westfalen mit Erfolg abgelegt. Er arbeitet als freiberuflicher Jurist, ist Autor verschiedener Publikationen und hält Vorträge im Bereich Arbeits- und Sozialrecht. Seit mehr als 30 Jahren engagiert er sich im sozialen Bereich und ist seit der Gründung des Vereins "Für soziales Leben e.V." dort Mitglied. Peter Kosick arbeitet in der Online Redaktion des Vereins und ist der CvD. Seinen Artikeln sieht man an, dass sie sich auf ein fundiertes juristisches Fachwissen gründen. Peter hat ebenfalls ein Herz für die Natur, ist gern "draußen" und setzt sich für den Schutz der Umwelt ein. Seine Arbeit im Redaktionsteam von buerger-geld.org gibt ihm das Gefühl,  etwas Gutes für das Gemeinwohl zu tun.

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  • ik
    Experte:

    Sozialrechtsexperte und Redakteur

    Ingo Kosick ist ein renommierter Experte im Bereich des Sozialrechts in Deutschland. Er engagiert sich seit über 30 Jahren in diesem Feld und hat sich als führende Autorität etabliert. Als Vorsitzender des Vereins Für soziales Leben e.V., der 2005 in Lüdinghausen gegründet wurde, setzt er sich für die Unterstützung von Menschen ein, die von Armut und Arbeitslosigkeit betroffen sind. Der Verein bietet über das Internet Informationen, Beratung und Unterstützung für sozial benachteiligte Menschen an. Ingo Kosick ist zudem ein zentraler Autor und Redakteur auf der Plattform buerger-geld.org, die sich auf Themen wie Bürgergeld, Sozialleistungen, Rente und Kindergrundsicherung spezialisiert hat. Seine Artikel bieten fundierte Analysen und rechtlich aufgearbeitete Informationen, die Menschen in schwierigen Lebenssituationen unterstützen sollen. Durch seine langjährige Erfahrung und sein Engagement hat Ingo Kosick maßgeblich dazu beigetragen, dass sozial benachteiligte Menschen in Deutschland besser informiert und unterstützt werden können.

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