Grundlagen der Einkommensanrechnung 2026
Die Einkommensanrechnung bei Witwenrente und Witwerrenten ist in § 97 SGB VI geregelt und erfolgt in drei Schritten: Ermittlung des anrechenbaren Einkommens, Abzug des Freibetrags, Anrechnung von 40 Prozent des darüber liegenden Betrags auf die Hinterbliebenenrente. Als Einkommen zählen u.a. Arbeitslohn, eigene Renten (Alters‑, Erwerbsminderungs‑, Betriebsrenten) sowie bestimmte zusätzliche Einnahmen wie Mieteinkünfte.
Der Freibetrag ist an den aktuellen Rentenwert gekoppelt und beträgt das 26,4‑Fache des Rentenwerts; je waisenrentenberechtigtem Kind erhöht er sich um das 5,6‑Fache des Rentenwerts. Seit 1. Juli 2025 bis 30. Juni 2026 liegt der monatliche Freibetrag damit bei 1.076,86 Euro, plus 228,42 Euro pro Kind.
Was sich 2026 konkret ändert
Zum 1. Juli 2025 wurde der Hinzuverdienst-Freibetrag für Hinterbliebenenrenten angehoben; dieser Wert gilt in gleicher Höhe in das Jahr 2026 hinein. Betroffene dürfen damit mehr Netto hinzuverdienen, bevor es zu einer Kürzung der Witwenrente kommt.
Eine wichtige Neuerung betrifft den Zuschlag bei Erwerbsminderungsrenten: Ab Dezember 2025 wird dieser Zuschlag nicht mehr separat gezahlt, sondern in die laufende Rente integriert und gilt damit formal als Einkommen für die Einkommensanrechnung. Gesetzlich ist aber festgelegt, dass sich dadurch bis Juli 2026 keine Kürzung der Witwenrente ergeben darf; erst zum Stichtag 1. Juli 2026 können diese zusätzlichen Einkünfte in die jährliche Neuberechnung einfließen.
Rechenschema: So läuft die Anrechnung 2026
- Das Bruttoeinkommen wird pauschal um 40 Prozent gekürzt, um ein „unterhaltsrelevantes Netto“ zu ermitteln.
- Von diesem Betrag wird der Freibetrag von 1.076,86 Euro (plus ggf. Kinderzuschlag) abgezogen.
- 40 Prozent des übersteigenden Betrags werden von der Brutto-Witwenrente abgezogen.
Die Deutsche Rentenversicherung zeigt z.B. eine Rechnung: Bei 1.900 Euro Bruttoarbeitslohn ergeben sich nach pauschalem 40‑Prozent‑Abzug 1.140 Euro Netto; nach Abzug des Freibetrags bleiben 63,14 Euro, wovon 40 Prozent (25,26 Euro) von der Witwenrente abgezogen werden.
Beispiel 1: Witwenrente 2026 mit Erwerbseinkommen (altes Recht)
Ausgangsdaten (angepasst an die offiziellen Formeln ab Juli 2025):
- Witwenrente brutto: 800 Euro
- Erwerbseinkommen brutto: 1.900 Euro
- Rentenwert: 40,79 Euro, Freibetrag: 1.076,86 Euro, keine Kinder
Schritt 1 – anrechenbares Einkommen:
1.900 Euro Brutto − 40% pauschaler Abzug = 1.140 Euro „Netto“.
Schritt 2 – Freibetrag:
1.140 Euro − 1.076,86 Euro = 63,14 Euro über Freibetrag.
Schritt 3 – Anrechnung:
40% von 63,14 Euro = 25,26 Euro Kürzung.ö
Ergebnis:
- Witwenrente vor Anrechnung: 800,00 Euro
- Minus Einkommensanrechnung: 25,26 Euro
- Ausgezahlte Witwenrente: 774,74 Euro (brutto, vor KV/PV).
Dieses Schema entspricht dem „alten“ Recht der Einkommensanrechnung, das weiterhin auch 2026 gilt, nur mit jeweils angepasstem Freibetrag.
Beispiel 2: Witwenrente 2026 mit eigener Rente (altes Recht)
Ausgangsdaten:
- Große Witwenrente aus Ehepartner-Rente: 1.500 Euro brutto
- Eigene Altersrente der Witwe: 1.200 Euro brutto
- Rentenwert: 40,79 Euro; Freibetrag: 1.076,86 Euro; keine Kinder
Schritt 1 – anrechenbares Einkommen:
1.200 Euro Brutto − 40% pauschal = 720 Euro Netto.
Schritt 2 – Freibetrag:
720 Euro liegen unter dem Freibetrag von 1.076,86 Euro → kein übersteigendes Einkommen.
Schritt 3 – Anrechnung:
Übersteigender Betrag = 0 Euro → Anrechnung = 0 Euro.
Ergebnis:
- Witwenrente brutto: 1.500 Euro
- Keine Kürzung → volle 1.500 Euro (abzgl. eigener Sozialbeiträge).
Damit zeigt sich: Viele Hinterbliebene mit niedriger bis mittlerer eigener Rente bleiben dank des relativ hohen Freibetrags vollständig von Kürzungen verschont.
Beispiel 3: Vergleich alt vs. neu bei Witwenrente 2026
Eine detaillierte Musterrechnung zeigt, wie sich Änderungen im Rentenrecht auf die Witwenrente auswirken können. In einem Praxisfall (vereinfacht nachgebildet) werden für eine Ehefrau „Vera“ zwei Varianten gerechnet:
Ausgangsdaten (vereinfacht):
- Rentenanwartschaft des verstorbenen Ehemanns: 2.500 Euro
- Große Witwenrente nach altem Recht: Rentenartfaktor 0,6 → 1.500 Euro
- Nach neuem Recht (z.B. durch geänderten Faktor): 0,55 → 1.375 Euro
- Eigenes Einkommen (bereits bereinigt): 1.500 Euro Netto
- Freibetrag: 1.076,86 Euro
Altes Recht (bis zur Reform):
- Übersteigendes Einkommen: 1.500 − 1.076,86 = 423,14 Euro
- Anrechnung: 40% von 423,14 = 169,26 Euro
- Ausgezahlte Witwenrente: 1.500 − 169,26 = 1.330,74 Euro.
Neues Recht (ab 2026, vereinfachter Vergleich):
- Ausgangswitwenrente: 1.375 Euro
- Einkommensanrechnung grundsätzlich nach demselben Schema (40% über Freibetrag); konkrete Kürzung hängt von der exakten Einkommenshöhe ab.
Die Vergleichstabelle zeigt: Trotz niedrigerer Ausgangsrente (1.375 statt 1.500 Euro) kann die Nettobelastung durch Einkommensanrechnung ähnlich bleiben; entscheidend ist Höhe und Art des eigenen Einkommens.
Zuschlag bei Erwerbsminderung: „versteckte“ Änderung 2026
Durch die Integration des Zuschlags zur Erwerbsminderungsrente ab Dezember 2025 steigt bei vielen Hinterbliebenen die Höhe der eigenen EM‑Rente. Formal zählt dieser Zuschlag ab dann als reguläres Einkommen, könnte also die Einkommensanrechnung verschärfen – allerdings greift er erst zum jährlichen Neuberechnungsstichtag 1. Juli 2026.
Die meisten Zuschläge liegen dabei unter 75 Euro im Monat, sodass die zusätzliche Kürzung der Witwenrente in vielen Fällen gering bleibt. Wer knapp oberhalb des Freibetrags liegt, kann aber dennoch merken, dass die Witwenrente um einige Euro sinkt, obwohl die eigene Rente gestiegen ist – hier lohnt ein genauer Blick in den Rentenbescheid.
Fazit: Einkommensanrechnung 2026 – was Hinterbliebene wissen müssen
Für die allermeisten Hinterbliebenen gelten 2026 die bekannten Regeln: Einkommen wird pauschal bereinigt, ein hoher Freibetrag schützt die Witwenrente, und nur 40 Prozent des darüberliegenden Betrags werden angerechnet. Die Neuerungen 2026 betreffen vor allem technische Details wie den integrierten EM‑Zuschlag und mögliche Anpassungen im Rentenrecht; wer eigene Erwerbseinkünfte oder eine steigende Rente hat, sollte die jährliche Neuberechnung zum 1. Juli 2026 besonders aufmerksam prüfen.


