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Neue Grundsicherung: Höhe, Voraussetzungen, Antrag

Die Neue Grundsicherung ist ab 2026 das zentrale Sozialleistungssystem für Arbeitsuchende (SGB II) in Deutschland und markiert eine weitreichende Reform gegenüber dem bisherigen Bürgergeld. Der Wechsel bringt sowohl strukturelle als auch inhaltliche Neuerungen mit sich – von härteren Sanktionen und geänderten Vermögensprüfungen bis zu neuen Hinzuverdienstgrenzen. Nachfolgend finden sich alle relevanten Details, Hintergrundinformationen, Tabellen und praktische Hinweise samt FAQ.

“Neue Grundsicherung” als Bürgergeld – Nachfolger

Die Bundesregierung hat mit dem Koalitionsvertrag 2025 beschlossen, das Bürgergeld abzulösen und durch die „Neue Grundsicherung für Arbeitsuchende“ zu ersetzen. Ziel ist es, Effizienz, Arbeitsanreize und soziale Kontrolle zu erhöhen. Die Grundlogik geht weiter zurück zu „Fördern und Fordern“. Besonders ins Auge springen der Vermittlungsvorrang, schärfere Sanktionen sowie die frühere und strengere Vermögensprüfung.

Was verändert sich im Vergleich zum Bürgergeld?

Eine Gegenüberstellung zeigt die wichtigsten Unterschiede.

KriteriumBürgergeld (bis 2025)Neue Grundsicherung (ab 2026)
Regelsatz Alleinstehende563 €563 € (vorerst, Anpassungen ab 2027 möglich)
Paare je Partner506 €506 €
Kinder 14-17 Jahre471 €471 €
Kinder 6-13 Jahre390 €390 €
Kinder 0-5 Jahre357 €357 €
AnpassungsmechanismusInflationsbezogenLohn- & Preisentwicklung (Corona-Regel entfällt)
Schonfrist Vermögen/ Karenzzeit12 Monate, 15.000 €entfällt, Freibeträge nach Alter/Arbeit, Abtrag
SanktionenMax. 30% KürzungVerschärft, kompletter Leistungsentzug möglich
HinzuverdienstStaffel, begrenztGeplante Erhöhung, mehr Anreize für Arbeit
Vorrang Arbeitsaufnahmegleichrangig mit QualifizierungVorrang für Arbeitsaufnahme
BestandsschutzBis 12/2026 garantiertBis 12/2026 garantiert, Kürzungen ab 2027 möglich

Neue Grundsicherung: Höhe – Regelsatz und Anpassungen

  • Die Regelsätze bleiben zum Systemstart (1. Juli 2026) unverändert auf dem Niveau des Bürgergeldes.
  • Eine Erhöhung ist vorerst ausgeschlossen worden, Bestandsschutz gilt – aber ab 2027 können die Steigerungen voraussichtlich geringer ausfallen.
  • Die automatische, zeitnahe Inflationsanpassung entfällt. Künftig wird wieder ein Mischwert aus Lohn- und Preisentwicklung genutzt (wie früher bei Hartz IV). Das kann zu Verzögerungen bei der Anpassung an steigende Lebenshaltungskosten führen. Betroffene müssen mögliche Preissteigerungen oft selbst vorfinanzieren (z.B. durch Verzicht oder Verschuldung).

Strengere Vermögensprüfung: Schonvermögen gering

  • Die Karenzzeit für Vermögen entfällt vollständig. Antragsteller müssen ab Tag 1 sämtliche Ersparnisse offenlegen – eine großzügige Schonfrist existiert nicht mehr.
  • Freibeträge werden künftig stärker an Lebensleistung (Arbeitsjahre und Alter) gekoppelt. Die Politik verspricht individuelle und bürokratiearme Regelungen, konkrete Details sind aber noch nicht final geklärt.
  • Bei besonders hohem Vermögen ist die Gefahr größer, Leistungen gar nicht erst zu erhalten.

Aktivierungspflicht und schneller Vermittlungsvorrang

  • Wer erwerbsfähig ist, muss sich ab 2026 „aktiv um Beschäftigung bemühen“.
  • Die Vermittlung in Arbeit hat absoluten Vorrang vor längerfristiger Qualifizierung oder Weiterbildung.
  • Auch befristete oder geringfügige Beschäftigungen werden als zumutbar angesehen – das System setzt auf schnelle Vermittlung, selbst wenn die Jobs nicht langfristig Perspektiven bieten.

Sanktionen: Verschärfung und Totalentzug

  • Bei Pflichtverletzungen oder wiederholter Ablehnung zumutbarer Arbeit drohen deutlich härtere Sanktionen.
  • Ein vollständiger Leistungsentzug ist im Einzelfall möglich, wenn zumutbare Arbeit mehrfach abgelehnt wird. Das Bundesverfassungsgericht gibt jedoch Grenzen vor – die totale Streichung bleibt rechtlich umstritten.
  • Psychische Erkrankungen sollen bei Sanktionsentscheidungen individuell berücksichtigt werden.

Hinzuverdienstgrenzen und Erwerbsanreize

  • Geplant ist, die Hinzuverdienstgrenzen deutlich anzuheben. Aufstocker können somit mehr von ihrem selbst verdienten Geld behalten.
  • Die Neuregelung soll mehr Bezieher motivieren, wieder ins Berufsleben einzusteigen.
  • Details folgen mit dem Umsetzungsgesetz, sollen aber laut Koalitionsvertrag großzügiger ausfallen als bisher.

Verwaltung, Digitalisierung und Missbrauchskontrolle

  • Die neue Grundsicherung wird digital verwaltet. Scheckzahlungen und Barabhebungen entfallen, Leistungen werden nur noch aufs Girokonto überwiesen. Wer kein Konto hat, erhält ein Basiskonto.
  • Umfangreiche Datenabgleiche sollen helfen, den Sozialleistungsmissbrauch zu bekämpfen: insbesondere Scheinarbeit, Mehrfachbezug und falsche Angaben werden strikter geprüft und schneller sanktioniert.

Tabellarischer Schnellüberblick Neue Grundsicherung – Bürgergeld

KriteriumBürgergeld 2025Neue Grundsicherung 2026
Karenzzeit12 Monate, 15.000 €Entfällt, sofortige Prüfung
BestandsschutzBis 12/2026 garantiertBis 12/2026 garantiert
Höhe: Anpassung RegelsatzRegelmäßige InflationsanpassungMischwert, Verzögerungen möglich
SanktionenMax. 30% Kürzung, kein TotalsanktionTotalsanktionen möglich (Grenzen durch Gericht)

FAQ: Häufige Fragen zu Neuen Grundsicherung

Wann genau tritt die Neue Grundsicherung in Kraft?

Ab dem 1. Juli 2026 werden alle laufenden Bürgergeld-Fälle automatisch in die neue Grundsicherung überführt – ohne separaten Neuantrag.

Bleibt mein Regelsatz dann gleich?

Der Regelsatz ist bis Ende 2026 festgelegt; Anpassungen folgen ab 2027 und werden nicht sehr hoch ausfallen.

Was passiert mit meinem Vermögen?

Die bisherige Karenzzeit entfällt; Vermögen wird ab Antragstellung geprüft. Freibeträge orientieren sich künftig stärker am Alter und den Arbeitsjahren und werden individuell berechnet.

Kann mir die Leistung vollständig gestrichen werden?

Bei mehrfacher Arbeitsverweigerung kann ein vollständiger Leistungsentzug drohen, sofern die rechtlichen Rahmenbedingungen des Bundesverfassungsgerichts eingehalten werden.

Welche Vorteile bringt die neue Hinzuverdienstgrenze?

Geplante Erhöhungen sollen ermöglichen, dass Erwerbstätige mit Grundsicherung mehr von ihrem Gehalt behalten – der genaue Staffelplan steht jedoch noch aus.

Werden SGB II Leistungen künftig schneller gekürzt?

Ja, Sanktionen werden schneller und unbürokratischer durchgesetzt.

Was gilt für digitale Auszahlung und Verwaltungsabläufe?

Leistungen gibt es künftig nur noch per Banküberweisung.

Fazit: Neue Grundsicherung für Arbeitsuchende – Chancen & Herausforderungen

Die neue Grundsicherung steht für eine Rückbesinnung auf strengere Arbeitsmarktintegration und Kontrollmechanismen. Während Arbeitsanreize und die schnellere Vermittlung im Mittelpunkt stehen, können strengere Sanktionen und verzögerte Anpassung des Existenzminimums zu Problemen führen – gerade für vulnerable Gruppen und Langzeitarbeitslose. Entscheidend werden die genauen gesetzlichen Ausführungsbestimmungen und die praktische Umsetzung in den Jobcentern sein.

Redakteure

  • Peter Kosick

    Jurist und Redakteur

    Peter Kosick hat an der Universität Münster Rechtswissenschaften studiert und beide juristische Staatsexamen in Nordrhein-Westfalen mit Erfolg abgelegt. Er arbeitet als freiberuflicher Jurist, ist Autor verschiedener Publikationen und hält Vorträge im Bereich Arbeits- und Sozialrecht. Seit mehr als 30 Jahren engagiert er sich im sozialen Bereich und ist seit der Gründung des Vereins "Für soziales Leben e.V." dort Mitglied. Peter Kosick arbeitet in der Online Redaktion des Vereins und ist der CvD. Seinen Artikeln sieht man an, dass sie sich auf ein fundiertes juristisches Fachwissen gründen. Peter hat ebenfalls ein Herz für die Natur, ist gern "draußen" und setzt sich für den Schutz der Umwelt ein. Seine Arbeit im Redaktionsteam von buerger-geld.org gibt ihm das Gefühl,  etwas Gutes für das Gemeinwohl zu tun.

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  • ik
    Experte:

    Sozialrechtsexperte und Redakteur

    Ingo Kosick ist ein renommierter Experte im Bereich des Sozialrechts in Deutschland. Er engagiert sich seit über 30 Jahren in diesem Feld und hat sich als führende Autorität etabliert. Als Vorsitzender des Vereins Für soziales Leben e.V., der 2005 in Lüdinghausen gegründet wurde, setzt er sich für die Unterstützung von Menschen ein, die von Armut und Arbeitslosigkeit betroffen sind. Der Verein bietet über das Internet Informationen, Beratung und Unterstützung für sozial benachteiligte Menschen an. Ingo Kosick ist zudem ein zentraler Autor und Redakteur auf der Plattform buerger-geld.org, die sich auf Themen wie Bürgergeld, Sozialleistungen, Rente und Kindergrundsicherung spezialisiert hat. Seine Artikel bieten fundierte Analysen und rechtlich aufgearbeitete Informationen, die Menschen in schwierigen Lebenssituationen unterstützen sollen. Durch seine langjährige Erfahrung und sein Engagement hat Ingo Kosick maßgeblich dazu beigetragen, dass sozial benachteiligte Menschen in Deutschland besser informiert und unterstützt werden können.

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