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Armuts- und Reichtumsbericht 2025: Soziale Spaltung, Fakten und Reformpläne der Bundesregierung

Der Entwurf des Siebten Armuts- und Reichtumsberichts der Bundesregierung stellt 2025 ein zentrales Dokument für die Sozialpolitik Deutschlands dar. Er analysiert die aktuelle soziale Lage, die Entwicklung von Ungleichheit und fordert gezielte Reformen basierend auf breiter Forschung. Im folgenden Artikel auf Bürger & Geld erhältst du einen umfassenden Überblick über den 7. ARB, dessen Schwerpunkte, Herausforderungen und Empfehlungen.

Einleitung: Bedeutung des 7. Armuts- und Reichtumsberichts

Deutschland steht wirtschaftlich und sozial vor tiefgreifenden Veränderungen. Der siebte Bericht ist ein Gradmesser dafür, wie sich die Lebenslagen der Bevölkerung in den letzten Jahren verschoben haben und welche Akzentsetzungen die Bundesregierung für die Zukunft plant. Die Grundlage bildet ein breiter wissenschaftlicher Konsens und umfangreiche empirische Studien.

Hintergrund und Entstehung des Berichts

Der aktuelle Entwurf wurde vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) unter Einbeziehung zahlreicher wissenschaftlicher Expertisen und ressortübergreifender Zusammenarbeit erarbeitet. Nach der Abstimmung im Ressortkreis wurde das Dokument am 1. Oktober 2025 dem wissenschaftlichen Gutachtergremium zur Stellungnahme zugeleitet. Die Rückmeldungen der Begleitgremien werden in einem Symposium Mitte Oktober diskutiert – anschließend folgt die Verabschiedung im Kabinett und die Vorlage an den Bundestag.

Neben amtlichen Statistiken und Forschungsdaten fließen zahlreiche Begleitstudien zu Bildung, Erwerbstätigkeit, Vermögen und Teilhabe ein.

Schwerpunkte des 7. ARB

1. Aktuelle Herausforderungen: Pandemie, Inflation und Energie

Der Bericht greift zentrale Herausforderungen wie die Corona-Pandemie und die kriegsbedingte Inflation auf. Besonders Haushalte mit niedrigen Einkommen leiden spürbar unter steigenden Preisen für Energie und Konsumgüter. Die soziale Belastung hat sich in diesen Gruppen deutlich verschärft.

2. Einkommen und Vermögensverteilung

Eine der Kernaussagen: Die Einkommensungleichheit in Deutschland bleibt hoch, der Abstand zwischen Arm und Reich wächst weiter. Während das unterste Perzentil der Einkommensverteilung nur geringe Zuwächse verzeichnet, konnten Besserverdienende deutliche Wohlstandssteigerungen erzielen. Die „Mitte“ der Gesellschaft schrumpft, die Ränder wachsen.

EinkommensgruppeReale Entwicklung 2013-2023Fazit
Unteres Perzentil+5%Kaum Verbesserung
Höchstes Perzentil+20%Starke Wohlstandsgewinne
MittelschichtStagnierendSchrumpfende Mitte

Der Bericht führt erstmals die „verankerte Armutsrisikoquote“ ein, um die Entwicklung auch bei sich verändernden Lebenshaltungskosten darzustellen.

3. Armutsrisiken: Wer ist besonders betroffen?

Der 7. ARB zeigt: Alleinerziehende, Menschen mit Migrationshintergrund, Erwerbslose, Geringqualifizierte und Kinder sind besonders armutsgefährdet. Alleinerziehende Frauen weisen dabei die höchste Betroffenheit auf.

GruppeArmutsgefährdungsquote 2023
Alleinerziehende27%
Menschen mit MigrationshintergrundÜberdurchschnittlich
GeringqualifizierteÜberdurchschnittlich
ErwerbsloseSehr hoch

Beteiligung und Gesellschaftliche Perspektiven

Erstmals wurden Menschen mit eigener Armutserfahrung systematisch in den Bericht aufgenommen. Durch Veranstaltungsformate und Beteiligungsprozesse soll ihre Perspektive authentisch eingebracht werden – das fördert die Expertise „von unten“ im politischen Prozess.

Die Einstellungen zu sozialer Ungleichheit und Chancengleichheit werden empirisch ausgewertet: Die Mehrheit der Deutschen sieht den Sozialstaat als wichtig, empfindet aber die Kosten als wachsendes Problem.

Forschungsschwerpunkte und Datengrundlagen

Mehrere Begleitprojekte untersuchen die Ursachen der Nichtinanspruchnahme von Sozialhilfe, die soziale Mobilität im Lebensverlauf (Auf- und Abstiege), Vermögensaufbau und die Wahrnehmung von Armut. Im Fokus stehen:

  • Die Wirkungen steigender Preise auf unterschiedliche Einkommensgruppen.
  • Strukturen und Veränderungen in der Vermögensverteilung.
  • Geschlechtsspezifische Einkommensunterschiede und Betroffenheit von Armut.

Soziale Mobilität: Aufstieg und Abstieg

Der Bericht analysiert besonders die „intragenerationale Mobilität“ – also die sozialen Auf- und Abstiege im Lebensverlauf. Forschungsprojekte des ZEW und des Instituts SOCIUM zeigen die außergewöhnliche Persistenz von Ungleichheit und die Schwierigkeiten, sich aus Armutslagen zu befreien.

Wohnen, Gesundheit und Bildung als Zukunftsthemen

Zentrale soziale Lebensbereiche werden vertieft behandelt:

  • Wohnen: Hohe Wohnkosten belasten besonders armutsgefährdete Gruppen; die Gefahr der Wohnungslosigkeit steigt.
  • Gesundheit: Armutsbetroffene haben ein erhöhtes Risiko für Krankheiten und sind von Versorgungslücken betroffen.
  • Bildung: Bildungsbenachteiligung verfestigt soziale Ungleichheiten.

Empfehlungen und Maßnahmen der Bundesregierung

Der Entwurf des 7. ARB fordert „zielgerichtete Reformen“ zur Bekämpfung von Armut und zur Sicherung sozialer Teilhabe.

Empfohlene Strategien umfassen:

  • Ausbau existenzsichernder Sozialleistungen mit Fokus auf Kinder, Alleinerziehende und Erwerbslose
  • Förderung sozialer Mobilität und mehr Chancengleichheit im Bildungssystem
  • Arbeitsmarktpolitik mit Schwerpunkt auf die Integration benachteiligter Gruppen
  • Stärkere Unterstützung beim Wohnungsbau und Kampf gegen Wohnungslosigkeit

Sozialverbände wie der DGB und die Caritas fordern eine Ausfinanzierung der Grundsicherung, eine nachhaltige Arbeitsmarktintegration und gezielten Kinderschutz.

Kritik und gesellschaftliche Debatte

Viele Experten kritisieren, dass Handlungsempfehlungen zur Gleichberechtigung von Frauen, zum Abbau struktureller Ungleichheit und zur Armutsprävention fehlen oder zu vage bleiben. Besonders geschlechtsspezifische Einkommensunterschiede und der Zugang zu guter Arbeit werden noch nicht ausreichend adressiert.

Zudem wird die Einführung neuer Indikatoren wie der verankerten Armutsrisikoquote diskutiert – sie ermöglicht zwar eine präzisere Analyse, erschwert aber den Vergleich mit den Vorjahren.

Ausblick: Reformdruck und politische Folgen

Der fertig abgestimmte Bericht soll im Dezember 2025 verabschiedet und dem Bundestag zur Debatte übergeben werden. Die Bundesregierung plant, die Befunde in die laufenden Diskussionen rund um Sozialstaats-, Renten- und Pflegereformen zeitnah einfließen zu lassen.

Fazit: Der 7. ARB als wegweisendes Dokument

Der siebte Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung dokumentiert eine besorgniserregende Entwicklung sozialer Ungleichheit in Deutschland. Der Reformdruck wächst angesichts anhaltender Armutsgefährdung, stagnierender Einkommen für breite Bevölkerungsschichten und den sozialen Verwerfungen der letzten Krisenjahre. Ein neuer Fokus auf Teilhabe, gezielt unterstützte Gruppen und die Expertise von Menschen mit Armutserfahrung bieten Chancen für einen wirksamen sozialpolitischen Wandel.

FAQ zum Entwurf des 7. Armuts- und Reichtumsberichts

Welche Gruppen sind laut Bericht besonders von Armut betroffen?

Alleinerziehende, Menschen mit Migrationshintergrund, Geringqualifizierte und Erwerbslose zählen zu den Hauptbetroffenen.

Wie werden neue Armutsrisiken berechnet?

Neben der etablierten Armutsrisikogrenze führt der Bericht die „verankerte Armutsrisikoquote“ ein, die Veränderungen der Lebenshaltungskosten besser abbilden soll.

Was fordert der Bericht zur Armutsbekämpfung?

Er plädiert für gezielte Reformen, Ausbau der Sozialleistungen, Bildungsförderung und bessere Integration in den Arbeitsmarkt.

Wann wird der Bericht endgültig veröffentlicht?

Die Verabschiedung im Bundeskabinett ist für Dezember 2025 geplant, danach folgt die Vorstellung im Bundestag.

Quelle

Bundesministerium für Arbeit

Redakteure

  • ik

    Sozialrechtsexperte und Redakteur

    Ingo Kosick ist ein renommierter Experte im Bereich des Sozialrechts in Deutschland. Er engagiert sich seit über 30 Jahren in diesem Feld und hat sich als führende Autorität etabliert. Als Vorsitzender des Vereins Für soziales Leben e.V., der 2005 in Lüdinghausen gegründet wurde, setzt er sich für die Unterstützung von Menschen ein, die von Armut und Arbeitslosigkeit betroffen sind. Der Verein bietet über das Internet Informationen, Beratung und Unterstützung für sozial benachteiligte Menschen an.

    Ingo Kosick ist zudem ein zentraler Autor und Redakteur auf der Plattform buerger-geld.org, die sich auf Themen wie Bürgergeld, Sozialleistungen, Rente und Kindergrundsicherung spezialisiert hat. Seine Artikel bieten fundierte Analysen und rechtlich aufgearbeitete Informationen, die Menschen in schwierigen Lebenssituationen unterstützen sollen.

    Durch seine langjährige Erfahrung und sein Engagement hat Ingo Kosick maßgeblich dazu beigetragen, dass sozial benachteiligte Menschen in Deutschland besser informiert und unterstützt werden können.

    Alle Beiträge ansehen Ingo Kosick
  • Peter Kosick
    Experte:

    Jurist und Redakteur

    Peter Kosick hat an der Universität Münster Rechtswissenschaften studiert und beide juristische Staatsexamen in Nordrhein-Westfalen mit Erfolg abgelegt. Er arbeitet als freiberuflicher Jurist, ist Autor verschiedener Publikationen und hält Vorträge im Bereich Arbeits- und Sozialrecht. Seit mehr als 30 Jahren engagiert er sich im sozialen Bereich und ist seit der Gründung des Vereins "Für soziales Leben e.V." dort Mitglied. Peter Kosick arbeitet in der Online Redaktion des Vereins und ist der CvD. Seinen Artikeln sieht man an, dass sie sich auf ein fundiertes juristisches Fachwissen gründen.

    Peter hat ebenfalls ein Herz für die Natur, ist gern "draußen" und setzt sich für den Schutz der Umwelt ein.

    Seine Arbeit im Redaktionsteam von buerger-geld.org gibt ihm das Gefühl,  etwas Gutes für das Gemeinwohl zu tun.

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