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Schwerbehinderung 2025: neue gesetzliche Regelungen zum GdB – das müssen Sie wissen!

Die Versorgungsmedizin-Verordnung wird 2025 grundlegend reformiert: Neue, bundesweit einheitliche Standards für die Feststellung von Behinderung sollen für mehr Gerechtigkeit und Teilhabe sorgen. Was sich jetzt bei der Begutachtung ändert – und was Betroffene wissen müssen, hier auf Bürger & Geld, dem Nachrichtenmagazin des Vereins Für soziales Leben e.V.!

Neue Änderungsverordnung zur Versorgungsmedizin-Verordnung (VersMedV)

Die Versorgungsmedizin-Verordnung (VersMedV) regelt auf nationaler Ebene, wann und wie Gesundheitsstörungen zu einem bestimmten Grad der Behinderung (GdB) oder Grad der Schädigungsfolgen (GdS) führen. Sie ist damit für Millionen Menschen mit Behinderung und alle medizinisch-assoziierten Fachbereiche relevant. Nun steht mit der sechsten Änderungsverordnung eine grundlegende Reform bevor. Was ändert sich? Wer ist betroffen? Und welche Standards für die Begutachtung gelten künftig? Quelle: Bundsarbeitsministerium.

Hintergrund: Warum war eine Änderung nötig?

  • Die VersMedV stammt aus dem Jahr 2008 und wurde seitdem mehrfach angepasst.
  • Die Grundsätze für die medizinische Begutachtung sind zentral für das Schwerbehindertenrecht, die soziale Entschädigung und die Teilhabeplanung.
  • Der aktuelle Änderungsbedarf ergibt sich aus neuen medizinischen Erkenntnissen, fortschreitenden technischen Möglichkeiten und – besonders wichtig – der Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK).
  • Teilhabe statt Defizit: Die Gesetzgebung orientiert sich zunehmend an der gesellschaftlichen Inklusion und am selbstbestimmten Leben.

Die wichtigsten Neuerungen der Änderungsverordnung

Nachfolgend die 5 wichtigsten Änderungen im Bereich GdB und Schwerbehinderung durch die Änderungsverordnung:

1. Moderner Behinderungsbegriff gemäß UN-BRK

  • Die Vorbemerkungen zu Teil A der VersMedV stellen klar, dass Behinderung durch die Wechselwirkung von langfristigen Beeinträchtigungen mit gesellschaftlichen Barrieren entsteht.
  • Teilhabeeinschränkung wird als zentrales Kriterium eingeführt, nicht allein das medizinische Defizit.

2. Biopsychosoziales Modell wird Standard

  • Künftig sollen biologische, psychologische und soziale Faktoren bei der Bemessung des GdB/GdS berücksichtigt werden.
  • Das bedeutet: Nicht nur die Diagnose, sondern auch die Auswirkungen auf das soziale Leben und die Lebensführung sind relevant.

3. Vereinheitlichte Grundsätze für alle Bundesländer

  • Die Verordnung stellt sicher, dass die Begutachtung künftig bundesweit nach einem einheitlichen Maßstab erfolgt.
  • Zur Beratung und Weiterentwicklung der Grundsätze wurde der „Sachverständigenbeirat Versorgungsmedizinische Begutachtung“ neu aufgestellt.

4. Neuregelungen zur Heilungsbewährung

  • Regelungen für die Heilungsbewährung nach Krebserkrankungen werden von Teil B nach Teil A verschoben und inhaltlich präzisiert.
  • Ein vereinfachter Umgang mit zeitlich begrenzten Gesundheitsfolgen entsteht.

5. Mehr Klarheit bei der Bildung des Gesamt-GdB

  • Die Bildung des Gesamt-GdB bei mehreren Gesundheitsstörungen wird neu geregelt:
    • Einzelne leichte Funktionsstörungen (GdB 10, GdB 20) werden nun klarer berücksichtigt, ohne sie einfach zu addieren.
    • Eine Verstärkung des Gesamt-GdB um mindestens 10 Punkte gilt als wesentlich, Berechnungsmethoden wie Addition oder Mittelung sind explizit ausgeschlossen.

6. Keine generellen Verschlechterungen, keine Befristung von GdB

  • Die generelle Befristung von GdB wurde aus dem Entwurf entfernt.
  • Es gibt keine generellen Verschlechterungen bei der Feststellung der Behinderung.

Praxis: Was bedeuten die Änderungen für Betroffene?

  • Menschen mit mehrfachen Beeinträchtigungen können künftig erwarten, dass die Zusammenwirkung der Handicaps besser berücksichtigt wird.
  • Beschwerden über unterschiedlich strenge Gutachten in einzelnen Bundesländern dürften mit den neuen Standards obsolet werden.
  • Der Einsatz von Hilfsmitteln (z. B. Rollstuhl, Hörgerät) wird nicht dazu führen, dass der GdB abgesenkt wird: Die Behinderung bleibt kausal für die Notwendigkeit von Hilfsmitteln.

Beispiel: Bildung des Gesamt-GdB

Früher wurde oft schlicht addiert: Zwei Beeinträchtigungen je GdB 20 = GdB 40. Künftig wird genauer geprüft, ob die Teilhabebeeinträchtigung tatsächlich wesentlich verstärkt ist. Ein Anstieg des Gesamt-GdB um mindestens 10 wird als wesentlich betrachtet, nicht mehr.

Kritik und Bewertung

  • Der Verein Für soziales Leben e.V. begrüßt den neuen Ansatz im Grundsatz, weist aber darauf hin, dass kritische Punkte besonders bei der künftigen Festlegung der Einzel-GdB noch offen sind.
  • Wir finden die Stärkung des Teilhabe-Gedankens und die Orientierung an der UN-BRK sehr gut. das muss nun konsequente umgesetzt werden.
  • Was fehlt? Es werden keine neuen Standards für die tatsächlich benötigten Hilfsmittel eingeführt. Künftigen Änderungsverordnungen müssen das unbedingt nachholen!

Ausblick: Wie geht es weiter?

  • Der Beirat arbeitet aktuell an Anpassungen des sogenannten Teils B (GdB-Tabelle mit Einzel-GdB), die in mehreren thematischen Arbeitsgruppen vorbereitet werden. Eine weitere Änderungsverordnung ist noch vor 2026 im Gespräch.
  • Die neuen Regeln treten nach Abschluss des Gesetzgebungsverfahrens in Kraft – der Zeitplan hängt von der Zustimmung im Bundesrat und der Anpassung medizinischer Leitlinien ab.

FAQ: Häufige Fragen zur neuen VersMedV-Änderungsverordnung

Wird mein bestehender GdB nach den neuen Regeln abgesenkt?

Nein, generelle Verschlechterungen oder pauschale Befristungen sind ausdrücklich ausgeschlossen.

Was ändert sich für die Beantragung des GdB?

Die Begutachtung wird bundesweit einheitlich und stärker teilhabeorientiert durchgeführt.

Gibt es neue Hilfsmittelregelungen?

Hilfsmittel und deren Effekt auf die Teilhabe werden nicht Teil dieser Änderungsverordnung, aber für kommende Änderungen diskutiert.

Wer entscheidet künftig über Grenzfälle?

Der neue Sachverständigenbeirat berät das BMAS zu medizinischen Grenzfragen.

Fazit zu den neuen Regelungen bei der GdB Bewertung

Die neue Änderungsverordnung zur Versorgungsmedizin-Verordnung bringt spürbare Verbesserungen bei Transparenz und Teilhabe für Menschen mit Behinderungen – bleibt aber bei den Details für spezifische Krankheitsbilder noch in Bewegung. Wer betroffen ist, sollte das Gesetzgebungsverfahren und mögliche weitere Änderungen aufmerksam verfolgen!

Redakteure

  • ik

    Sozialrechtsexperte und Redakteur

    Ingo Kosick ist ein renommierter Experte im Bereich des Sozialrechts in Deutschland. Er engagiert sich seit über 30 Jahren in diesem Feld und hat sich als führende Autorität etabliert. Als Vorsitzender des Vereins Für soziales Leben e.V., der 2005 in Lüdinghausen gegründet wurde, setzt er sich für die Unterstützung von Menschen ein, die von Armut und Arbeitslosigkeit betroffen sind. Der Verein bietet über das Internet Informationen, Beratung und Unterstützung für sozial benachteiligte Menschen an. Ingo Kosick ist zudem ein zentraler Autor und Redakteur auf der Plattform buerger-geld.org, die sich auf Themen wie Bürgergeld, Sozialleistungen, Rente und Kindergrundsicherung spezialisiert hat. Seine Artikel bieten fundierte Analysen und rechtlich aufgearbeitete Informationen, die Menschen in schwierigen Lebenssituationen unterstützen sollen. Durch seine langjährige Erfahrung und sein Engagement hat Ingo Kosick maßgeblich dazu beigetragen, dass sozial benachteiligte Menschen in Deutschland besser informiert und unterstützt werden können.

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  • Peter Kosick
    Experte:

    Jurist und Redakteur

    Peter Kosick hat an der Universität Münster Rechtswissenschaften studiert und beide juristische Staatsexamen in Nordrhein-Westfalen mit Erfolg abgelegt. Er arbeitet als freiberuflicher Jurist, ist Autor verschiedener Publikationen und hält Vorträge im Bereich Arbeits- und Sozialrecht. Seit mehr als 30 Jahren engagiert er sich im sozialen Bereich und ist seit der Gründung des Vereins "Für soziales Leben e.V." dort Mitglied. Peter Kosick arbeitet in der Online Redaktion des Vereins und ist der CvD. Seinen Artikeln sieht man an, dass sie sich auf ein fundiertes juristisches Fachwissen gründen. Peter hat ebenfalls ein Herz für die Natur, ist gern "draußen" und setzt sich für den Schutz der Umwelt ein. Seine Arbeit im Redaktionsteam von buerger-geld.org gibt ihm das Gefühl,  etwas Gutes für das Gemeinwohl zu tun.

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