Deutschland steht vor einer digitalen Zäsur: Mit dem Bürokratieentlastungsgesetz IV (BEG IV) wird die elektronische Zustellung von Steuerbescheiden ab 2026 zur Pflicht. Betroffen sind über sieben Millionen Rentnerinnen und Rentner. Der gewohnte Brief mit dem Steuerbescheid wird dann nicht mehr automatisch ins Haus flattern.
Wer weiterhin Post auf Papier möchte, muss aktiv widersprechen – sonst landet der Steuerbescheid nur noch im elektronischen Steuerpostfach. Das sorgt für Unverständnis und Befürchtungen, gerade bei Menschen ohne Internetzugang.
Die neue Regelung: Digital ist Standard
So oder ähnlich laut dem Bundesfinanzministerium soll die Reform „Verwaltung vereinfachen“ und Bürgerinnen und Bürger entlasten. Das klingt gut – hat aber seine Tücken.
Ab dem Steuerjahr 2026 verschickt die Finanzverwaltung Bescheide und Mitteilungen standardmäßig digital über das Elster-Portal. Eine Zustimmung des Steuerpflichtigen ist nicht mehr erforderlich. Wer weiterhin Papier möchte, muss dies explizit beantragen oder widersprechen.
Millionen ältere Menschen betroffen
Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes beziehen derzeit über 7,2 Millionen Rentner steuerpflichtige Leistungen. Viele dieser Menschen nutzen keinen PC oder kein Smartphone regelmäßig – geschweige denn das Elster-Portal.
Rentnerverbände warnen, dass dies zu echten Problemen führen könne: „Viele ältere Menschen verlieren dann schlicht den Überblick über Fristen und Bescheide“, erklärte ein Sprecher des Sozialverbands VdK jüngst gegenüber Bürger & Geld.
Was sich konkret ändert
| Regelung bis 2025 | Regelung ab 2026 |
|---|---|
| Steuerbescheid wird automatisch per Post versandt | Zustellung erfolgt ausschließlich digital |
| Zustimmung zur Online-Zustellung nötig | Zustimmung entfällt, digital ist Standard |
| Papierform Standard | Papierform nur auf Antrag möglich |
| Fristen laufen ab Zustellung per Post | Fristen laufen ab digitalem Bescheid im Elster-Postfach |
Risiken: Wer den digitalen Bescheid verpasst
Ein weiteres Problem ist die Fristenwahrung. Sobald ein Steuerbescheid digital im Elster-Postfach eingeht, beginnt die Einspruchsfrist zu laufen – auch wenn der Rentner den Bescheid nie öffnet.
Das Finanzministerium erklärt dazu, dass „der Zugang eines elektronischen Dokuments dann als erfolgt gilt, wenn es abrufbar bereitgestellt wird“. Das heißt: Schon das bloße Einstellen genügt.
Expertenrat: Jetzt handeln und vorbereitet sein
Steuerberater und Rentenexperten empfehlen, sich noch 2025 darum zu kümmern, einen Zugang zum Elster-Portal einzurichten oder jemanden damit zu beauftragen. Familienmitglieder oder bevollmächtigte Personen können helfen, Bescheide im Blick zu behalten.
„Viele Rentner haben kein Verständnis für diese Änderung – aber sie müssen sich darauf einlassen oder schriftlich widersprechen“, warnt der Steuerrechtsexperte Peter Kosick vom Verein Für soziales Leben e. V.
So können Rentner widersprechen
Ein Widerspruch gegen die digitale Zustellung ist grundsätzlich möglich – er muss aber aktiv erklärt werden, z. B. über ein Formular beim zuständigen Finanzamt oder schriftlich per Brief. Ein einfacher Hinweis, dass man „Post per Papier“ wünscht, reicht aus.
Experten raten, diesen Widerspruch noch im Jahr 2025 einzureichen, damit die papierhafte Zustellung ab 2026 gesichert bleibt.
FAQ: Häufige Fragen und Antworten
Müssen Rentner jetzt ein Elster-Konto haben?
Ja, spätestens ab 2026 wird ein Zugang empfohlen, sonst kann kein digitaler Steuerbescheid abgerufen werden.
Kann ich weiter Post bekommen, wenn ich kein Internet nutze?
Ja, aber nur, wenn Sie aktiv beim Finanzamt widersprechen oder Papier beantragen.
Was passiert, wenn ich den digitalen Bescheid nicht abrufe?
Die Zustellung gilt trotzdem als erfolgt. Fristen – etwa für Einsprüche – laufen ab diesem Zeitpunkt.
Wie erkenne ich, dass ein neuer Bescheid vorliegt?
Elster sendet eine Benachrichtigung per E-Mail, falls diese Funktion aktiviert wurde.
Gibt es Hilfsangebote für ältere Steuerpflichtige?
Ja, beispielsweise über Seniorenberatungen oder Bürgerbüros
Fazit
Das neue Bürokratieentlastungsgesetz IV bringt Bewegung in die Finanzverwaltung – aber auch Verunsicherung in die Wohnzimmer vieler Rentnerinnen und Rentner. Ab 2026 gilt: Digital ist Pflicht, Papier ist Ausnahme.
Wer nicht online ist, sollte jetzt aktiv werden, um keine Fristen oder Bescheide zu verpassen. Ein frühzeitiger Widerspruch oder die Unterstützung durch Familienangehörige kann Ärger ersparen.
Die Digitalisierung kommt – doch sie muss auch sozialverträglich gestaltet werden.


