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Erwerbsminderungsrente und Arbeiten: So viel ist bei dieser Form der Rente erlaubt!

Erwerbsminderungsrente und Arbeiten schließen sich nicht aus – aber es gelten strenge Regeln zu Stunden- und Hinzuverdienstgrenzen, die sich je nach voller oder teilweiser EM-Rente unterscheiden. Wer diese Grenzen dauerhaft überschreitet, riskiert eine Kürzung oder sogar den Verlust der Rente, selbst wenn das Einkommen „offiziell“ unter der Hinzuverdienstgrenze bleibt. Unsere Rentenexperten auf Bürger & Geld, dem Nachrichtenmagazin des Vereins Für soziales Leben e.V., erklären die Zusammenhänge in verständlicher Form.

Grundlagen: Wann gilt volle oder teilweise EM-Rente?

Die volle Erwerbsminderungsrente wird gezahlt, wenn das Restleistungsvermögen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt unter drei Stunden täglich gesunken ist; bei drei bis unter sechs Stunden kommt nur eine teilweise EM-Rente in Betracht. Maßstab ist nicht nur der zuletzt ausgeübte Beruf, sondern jede Tätigkeit des allgemeinen Arbeitsmarktes – genau hier wird später geprüft, ob ein Nebenjob mit der festgestellten Erwerbsminderung überhaupt zusammenpasst.

Für die Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit gelten zusätzlich gesetzliche Hinzuverdienstregeln in § 96a SGB VI; dort ist festgelegt, ab welchem jährlichen Bruttoverdienst die Rente nur noch teilweise oder gar nicht mehr gezahlt wird. Neben den reinen Euro-Grenzen spielt die ärztlich festgestellte Leistungsfähigkeit (unter 3 Stunden, 3–6 Stunden) eine zentrale Rolle, da sie vorgibt, welche Art von Tätigkeit noch als „rentenunschädlich“ gilt.

Wie viel darf man zur EM-Rente verdienen?

Bei voller Erwerbsminderungsrente liegt die jährliche Hinzuverdienstgrenze 2025 bei 19.661,25 Euro brutto; bis zu dieser Grenze wird der Zuverdienst nicht auf die laufende EM-Rente angerechnet. Die Grenze wird aus der sogenannten Bezugsgröße nach § 96a Abs. 1c SGB VI berechnet (3/8 der 14‑fachen monatlichen Bezugsgröße) und passt sich jährlich der Lohnentwicklung an.

Bei teilweiser Erwerbsminderungsrente ist die Hinzuverdienstgrenze deutlich höher; sie orientiert sich am höchsten beitragspflichtigen Jahreseinkommen der letzten 15 Jahre und liegt 2025 mindestens bei 39.322,50 Euro brutto im Jahr. Je nach individuellem Versicherungsverlauf kann diese Grenze sogar noch höher ausfallen, sodass viele Teil-EM-Rentner mit fast vollzeitnahen Einkommen arbeiten können, ohne sofort eine Kürzung auszulösen.

Wie viele Stunden darf man arbeiten?

Rein rechtlich knüpft der Rentenanspruch an die ärztlich festgestellte täglichen Stunden-Leistungsfähigkeit an: volle EM-Rente unter drei Stunden, teilweise EM-Rente drei bis unter sechs Stunden pro Tag. Wer mit voller EM-Rente regelmäßig drei oder mehr Stunden täglich arbeitet, bewegt sich aus Sicht der Rentenversicherung im Bereich der teilweisen Erwerbsminderung – unabhängig davon, ob die Hinzuverdienstgrenze in Euro eingehalten wird.

Beratungsstellen empfehlen, bei voller EM-Rente klar unter drei Stunden täglich beziehungsweise unter etwa 15 Stunden pro Woche zu bleiben, um keine Überprüfung des Restleistungsvermögens zu provozieren. Bei teilweiser Erwerbsminderungsrente sind Tätigkeiten von drei bis unter sechs Stunden täglich vorgesehen; wer dauerhaft mehr arbeitet, riskiert, dass die Rentenversicherung eine volle Arbeitsfähigkeit annimmt.

Typische Jobformen: Minijob, Teilzeit und Selbstständigkeit

Ein Minijob kann bei voller EM-Rente in vielen Fällen ausgeübt werden, wenn sowohl die Arbeitszeit (unter drei Stunden täglich) als auch der Jahresverdienst unterhalb der gesetzlichen Hinzuverdienstgrenze bleiben. Zu beachten ist, dass ab 2024/2025 auch bei Minijobs der voraussichtliche Jahresverdienst maßgeblich ist; mehrere Minijobs werden dabei zusammengerechnet.

Bei teilweiser EM-Rente ist eine sozialversicherungspflichtige Teilzeitbeschäftigung ausdrücklich vorgesehen, solange die tatsächliche Arbeitszeit im Rahmen von drei bis unter sechs Stunden täglich bleibt. Auch selbstständige Tätigkeiten gelten als Hinzuverdienst; hier wird der steuerliche Gewinn angesetzt, was insbesondere bei schwankenden Einkünften zu nachträglichen Anpassungen der Rente führen kann.

Risiko: Wenn Hinzuverdienst und Stundenanzahl „auffallen“

Die Rentenversicherung prüft Hinzuverdienste zunächst auf Prognosebasis und setzt dann im Folgejahr den tatsächlichen Hinzuverdienst fest; daraus können Nachzahlungen oder Rückforderungen entstehen. Wird die kalenderjährliche Hinzuverdienstgrenze überschritten, wird die EM-Rente nach einer gesetzlich festgelegten Formel gekürzt oder im Extremfall nur noch als Teilrente bzw. gar nicht mehr gezahlt.

Unabhängig von der Euro-Grenze kann eine regelmäßige Überschreitung der medizinisch festgestellten Stunden-Leistungsgrenze (z. B. dauerhafte 4‑ oder 5‑Stunden-Jobs bei voller EM-Rente) dazu führen, dass die Rentenversicherung das Restleistungsvermögen neu begutachten lässt. In solchen Fällen droht eine Herabstufung von voller auf teilweise EM-Rente oder – bei angenommen voller Erwerbsfähigkeit – die komplette Aufhebung des Rentenanspruchs.

Sonderregeln und zeitlich begrenzte Überschreitungen

Seit 2024 gibt es eine gewisse Flexibilisierung: Bis zu sechs Monate lang kann die tägliche Arbeitszeit die Grenzen der festgestellten Erwerbsminderung überschreiten, ohne dass die Rente sofort entfällt, wenn die übrigen Voraussetzungen weiterhin erfüllt sind. Diese Regelung soll Phasen des „Austestens“ der Belastbarkeit ermöglichen, entbindet aber nicht von der Pflicht, Hinzuverdienst korrekt anzugeben.

Hinzu kommt, dass einmal jährlich der voraussichtliche Hinzuverdienst neu zu bestimmen ist; Änderungen im Laufe des Jahres müssen der Rentenversicherung gemeldet werden, damit spätere Rückforderungen vermieden werden. Besonders bei schwankenden Arbeitszeiten oder Boni ist daher eine konservative Planung sinnvoll, um die Grenzen nicht versehentlich zu überschreiten.

Tabelle: Arbeiten mit EM-Rente – was geht?

AspektVolle EM-Rente (unter 3 Std.)Teilweise EM-Rente (3–<6 Std.)
Medizinisches RestleistungsvermögenUnter 3 Stunden pro Tag für jede Tätigkeit des allgemeinen Arbeitsmarktes.Zwischen 3 und unter 6 Stunden pro Tag.
Hinzuverdienstgrenze 202519.661,25 Euro brutto pro Jahr anrechnungsfrei.Mindestens 39.322,50 Euro brutto pro Jahr, oft mehr.
Übliche Arbeitszeit im JobEmpfohlen deutlich unter 3 Stunden täglich, meist Minijob.3–<6 Stunden täglich, typischerweise sozialversicherungspflichtige Teilzeit.
Risiko bei ÜberschreitungPrüfung, Kürzung oder Entzug der vollen EM-Rente.Umwandlung in andere Rentenart oder Wegfall bei angenommener voller Erwerbsfähigkeit.

Praxis-Tipps für EM-Rentner

Vor Aufnahme eines Jobs sollte immer geklärt werden, welche Art von EM-Rente vorliegt und welche konkrete Stunden-Leistungsfähigkeit im Gutachten der Rentenversicherung festgestellt wurde. Danach kann mit Arbeitgeber oder Steuerberater geplant werden, welche Wochenstunden und welches Jahresbrutto im Rahmen der geltenden Hinzuverdienstgrenzen machbar sind.

Bei Unsicherheiten zu Stundenumfang oder schwankendem Verdienst helfen Beratungsangebote der Deutschen Rentenversicherung sowie Sozialverbände wie VdK oder SoVD, um individuelle Risiken abzuschätzen. Für die eigene Dokumentation ist es sinnvoll, Arbeitsverträge, Lohnabrechnungen und Bescheide aufzubewahren, um bei späteren Nachfragen oder Überprüfungen die tatsächliche Situation nachvollziehbar belegen zu können.

Redakteure

  • ik

    Sozialrechtsexperte und Redakteur

    Ingo Kosick ist ein renommierter Experte im Bereich des Sozialrechts in Deutschland. Er engagiert sich seit über 30 Jahren in diesem Feld und hat sich als führende Autorität etabliert. Als Vorsitzender des Vereins Für soziales Leben e.V., der 2005 in Lüdinghausen gegründet wurde, setzt er sich für die Unterstützung von Menschen ein, die von Armut und Arbeitslosigkeit betroffen sind. Der Verein bietet über das Internet Informationen, Beratung und Unterstützung für sozial benachteiligte Menschen an.

    Ingo Kosick ist zudem ein zentraler Autor und Redakteur auf der Plattform buerger-geld.org, die sich auf Themen wie Bürgergeld, Sozialleistungen, Rente und Kindergrundsicherung spezialisiert hat. Seine Artikel bieten fundierte Analysen und rechtlich aufgearbeitete Informationen, die Menschen in schwierigen Lebenssituationen unterstützen sollen.

    Durch seine langjährige Erfahrung und sein Engagement hat Ingo Kosick maßgeblich dazu beigetragen, dass sozial benachteiligte Menschen in Deutschland besser informiert und unterstützt werden können.

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  • Peter Kosick
    Experte:

    Jurist und Redakteur

    Peter Kosick hat an der Universität Münster Rechtswissenschaften studiert und beide juristische Staatsexamen in Nordrhein-Westfalen mit Erfolg abgelegt. Er arbeitet als freiberuflicher Jurist, ist Autor verschiedener Publikationen und hält Vorträge im Bereich Arbeits- und Sozialrecht. Seit mehr als 30 Jahren engagiert er sich im sozialen Bereich und ist seit der Gründung des Vereins "Für soziales Leben e.V." dort Mitglied. Peter Kosick arbeitet in der Online Redaktion des Vereins und ist der CvD. Seinen Artikeln sieht man an, dass sie sich auf ein fundiertes juristisches Fachwissen gründen.

    Peter hat ebenfalls ein Herz für die Natur, ist gern "draußen" und setzt sich für den Schutz der Umwelt ein.

    Seine Arbeit im Redaktionsteam von buerger-geld.org gibt ihm das Gefühl,  etwas Gutes für das Gemeinwohl zu tun.

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