Ausgangslage: Rentensystem und Rentenformel
Die gesetzliche Rente in Deutschland basiert weiterhin auf der klassischen Rentenformel: Entgeltpunkte × aktueller Rentenwert × Rentenartfaktor (bei Altersrente in der Regel 1,0). Berufseinsteiger von heute erwerben pro Jahr etwa einen Entgeltpunkt, wenn sie ungefähr das Durchschnittsentgelt aller Versicherten verdienen; bei dauerhaft niedrigeren Löhnen sind es entsprechend weniger, bei höheren Einkommen mehr.
Wer 45 Jahre lang Beiträge zahlt, kann nach heutigem Recht als „besonders langjährig Versicherter“ oft früher oder ohne Abschläge in Rente gehen, was politisch immer wieder bestätigt und an die steigende Lebensarbeitszeit geknüpft wird. Parallel dazu soll das Rentenniveau politisch stabilisiert werden, während Beitragssätze und Steuerzuschüsse tendenziell steigen, um die Alterung der Gesellschaft zu finanzieren.
Blick nach vorn: Rentenniveau bis 2070
Politische Beschlüsse wie das Rentenpaket 2025 stabilisieren das Sicherungsniveau vor Steuern zunächst bis 2031 bei mindestens 48 Prozent des Durchschnittsentgelts. Danach gehen verschiedene Studien davon aus, dass das Niveau zwar sinken, aber längerfristig bei Werten im Bereich Mitte 40 Prozent verharren könnte – abhängig davon, ob weitere Reformen greifen und wie das Renteneintrittsalter angepasst wird.
Eine vielbeachtete Modellrechnung kommt zu dem Ergebnis, dass das Rentenniveau im Jahr 2070 bei rund 45 Prozent liegen könnte, wenn die derzeitigen Reformpfade einschließlich Stabilisierung und zusätzlichen Finanzierungsbeiträgen eingehalten werden. Alternative Szenarien – etwa eine stärkere Kopplung des Rentenalters an die Lebenserwartung – sehen bei höherem Renteneintrittsalter ein etwas niedrigeres, aber immer noch im mittleren 40-Prozent-Bereich liegendes Niveau.
Modellrechnung: 45 Beitragsjahre bis 2070
Zur Einordnung hilft ein Vergleich mit heutigen Zahlen: Wer derzeit 45 Jahre lang ungefähr zum Durchschnittslohn arbeitet, erreicht nach aktueller Rentenformel eine Bruttorente von rund 1.700 bis 1.800 Euro im Monat, je nach Rentenwert und Jahrgang. Diese Beträge orientieren sich direkt an der Zahl der Entgeltpunkte und dem aktuellen Rentenwert, der seinerseits mit der Lohnentwicklung steigt.
Übertragen auf das Jahr 2070 heißt das: Ein Berufseinsteiger, der ab Mitte der 2020er-Jahre konstant zum Durchschnittslohn arbeitet und bis etwa 2070 durchgehend pflichtversichert bleibt, würde bei 45 Entgeltpunkten eine Standardrente beziehen, die etwa 45 Prozent des dann aktuellen Durchschnittseinkommens erreicht. In Relation zum letzten Netto bleibt dadurch auch in Zukunft nur eine teilweise Sicherung des Lebensstandards; insbesondere Mieten, Pflege- und Gesundheitskosten könnten die reale Kaufkraft dieser Rente deutlich schmälern.
Tabelle: Rente im Jahr 2070 nach 45 Beitragsjahrn
Eine Berufseinsteiger-Prognose für 2070 kann nur mit Annahmen arbeiten. Die folgende Tabelle nutzt stark vereinfachte Beispielwerte: 45 Beitragsjahre, Rentenniveau 2070 von 45 Prozent bezogen auf das durchschnittliche Bruttoeinkommen der jeweiligen Gruppe und keine Abschläge.
| Durchschnittliches Bruttogehalt (heute, gerundet) | Entgeltpunkte pro Jahr (vereinfachend) | Entgeltpunkte nach 45 Jahren | Annahme: „kaufkraftbereinigte“ Monatsrente 2070 (heute vergleichbare Euro) |
|---|---|---|---|
| 2.500 Euro (unterdurchschnittlich) | 0,7 EP | 31,5 EP | ca. 1.050 Euro brutto |
| 3.500 Euro (ungefähr Durchschnitt) | 1,0 EP | 45 EP | ca. 1.500 Euro brutto |
| 4.500 Euro (leicht über Durchschnitt) | 1,3 EP | 58,5 EP | ca. 1.950 Euro brutto |
| 5.500 Euro (deutlich über Durchschnitt) | 1,6 EP | 72 EP | ca. 2.400 Euro brutto |
Die Entgeltpunkte pro Jahr orientieren sich daran, wie das individuelle Gehalt im Verhältnis zum Durchschnittsverdienst liegt; „kaufkraftbereinigte“ Monatsrenten dienen nur der Veranschaulichung und ersetzen keine individuelle Rentenauskunft.
Einflussfaktoren: Rentenalter, Beiträge und Steuern
Eine wichtige Stellschraube ist das gesetzliche Renteneintrittsalter: Vorschläge von unterschiedlichen politischen Gruppen sehen vor, es bis 2070 schrittweise Richtung knapp 69 Jahre anzuheben, um das System zu stabilisieren und das Rentenniveau vor einem zu starken Absturz zu bewahren. Wer früher in Rente gehen möchte, muss weiterhin mit Abschlägen rechnen, was die Monatsrente nach 45 Beitragsjahren spürbar reduziert.
Auch Beitragssätze und Steuerzuschüsse verändern den Spielraum: Langfristige Projektionen rechnen damit, dass der Beitrag zur gesetzlichen Rente bis 2070 deutlich über den heutigen Wert steigen könnte, um die demografischen Belastungen zu tragen. Gleichzeitig unterliegt die spätere Rente der Steuerpflicht, was bedeutet, dass von der Bruttorente nach Abzug von Steuern und Sozialabgaben noch weniger Netto übrig bleibt – insbesondere für Jahrgänge, die vollständig in die nachgelagerte Besteuerung hineinwachsen.
Was Berufseinsteiger heute bedenken sollten
Für Berufseinsteiger bedeutet das: Selbst wenn das Rentenniveau bis 2070 politisch stabil gehalten wird und 45 Beitragsjahre erreicht werden, reicht die gesetzliche Rente voraussichtlich nur als Grundpfeiler, nicht als alleinige Absicherung. Private und betriebliche Vorsorge – etwa durch Betriebsrenten, ETF-Sparen oder andere kapitalgedeckte Produkte – bleibt entscheidend, um die Lücke zwischen gesetzlicher Rente und gewünschtem Lebensstandard zu schließen.
Günstig ist, dass Berufseinsteiger viel Zeit haben: Wer bereits in den ersten Berufsjahren kleine, regelmäßige Beträge investiert, profitiert über Jahrzehnte vom Zinseszinseffekt und kann so das zu erwartende Sicherungsniveau aus der gesetzlichen Rente deutlich aufstocken. Am Ende wird die Rente 2070 für einen heutigen Berufseinsteiger also weniger durch eine einzelne politische Reform, sondern durch die Kombination aus gesetzlicher Basisrente, steigendem Rentenalter und konsequenter Eigenvorsorge bestimmt.


