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Rentenanspruch bei GdB 30? Welche Vorteile wirklich gelten – und was das Gesetz dazu sagt

GdB 30 und Rente: Welche Vorteile Sie wirklich haben – und was das Gesetz hinsichtlich der Rente für Schwerbehinderte klar ausschließt, lesen Sie in folgendem Artikel auf Bürger & Geld, dem Nachrichtenmagazin des Vereins Für soziales Leben e.V.!

GdB 30 – Was bedeutet das überhaupt?

Der Grad der Behinderung (GdB) beschreibt, wie stark die körperlichen, geistigen oder seelischen Beeinträchtigungen eines Menschen das tägliche Leben einschränken. Er wird in Zehnerschritten zwischen 20 und 100 festgelegt. Ein GdB von 30 markiert dabei eine mittelschwere gesundheitliche Beeinträchtigung, die spürbar, aber noch nicht gravierend ist. Er wird nach Prüfung durch das Versorgungsamt aufgrund ärztlicher Gutachten festgestellt.

Rechtlich relevant wird der Wert durch § 152 Abs. 1 SGB IX. Hier ist geregelt, dass ein Mensch mit GdB 30 zwar eine anerkannte Behinderung hat, aber noch nicht als schwerbehindert gilt. Der entscheidende Schwellenwert für eine Schwerbehinderung liegt bei GdB 50.

Kein Rentenvorteil bei GdB 30

Immer wieder kursiert der Mythos, dass schon ein GdB 30 Rentenvorteile eröffne – etwa ein früheres Rentenalter oder höhere Rentenpunkte. Das ist falsch. Nach dem deutschen Rentenrecht (§ 236a SGB VI) können nur schwerbehinderte Menschen mit einem GdB von mindestens 50 früher in Rente gehen, und zwar über die Sonderform Altersrente für schwerbehinderte Menschen.

Damit ein solcher Anspruch besteht, müssen gleichzeitig drei Bedingungen erfüllt sein:

  1. Mindestens GdB 50 (Schwerbehinderung) – zum Zeitpunkt des Rentenbeginns.
  2. 35 Versicherungsjahre (Wartezeit nach § 236a Abs. 1 SGB VI).
  3. Versicherung in der gesetzlichen Rentenversicherung.

Wer lediglich einen GdB 30 hat, erfüllt diese Voraussetzung nicht. Auch eine Gleichstellung durch die Arbeitsagentur nach § 2 Abs. 3 SGB IX hilft hier nicht, denn sie gilt nur arbeitsrechtlich, nicht rentenrechtlich.

Gleichstellung: Nur Schutz im Job, keine Rente

Menschen mit einem GdB von 30 können sich mit Zustimmung der Agentur für Arbeit „gleichstellen“ lassen, wenn ihr Arbeitsplatz wegen gesundheitlicher Einschränkungen gefährdet ist. Diese Gleichstellung bewirkt, dass sie in vielen Bereichen wie Schwerbehinderte behandelt werden – etwa beim Kündigungsschutz, Nachteilsausgleich oder zusätzlichen Urlaubstagen.

Für die Rentenversicherung spielt die Gleichstellung aber keine Rolle. Das heißt:

  • Kein vorgezogener Rentenbeginn.
  • Keine höheren Zahlbeträge.
  • Kein Anspruch auf Altersrente für schwerbehinderte Menschen.

Die DRV (Deutsche Rentenversicherung) weist ausdrücklich darauf hin, dass nur ein GdB 50 oder höher rentenrechtlich relevant ist.

Erwerbsminderungsrente: Indirekter Einfluss möglich

Auch wenn der GdB 30 selbst keine Rentenleistung auslöst, kann er indirekt eine Rolle bei der Erwerbsminderungsrente spielen. Diese wird gewährt, wenn jemand wegen Krankheit oder Behinderung nur noch eingeschränkt arbeitsfähig ist (§ 43 SGB VI). Ein ärztlich festgestellter GdB 30 kann als Hinweis auf dauerhafte gesundheitliche Einschränkungen dienen und die Beurteilung der Erwerbsfähigkeit beeinflussen.

Hier gilt jedoch: Entscheidend ist nicht der GdB-Wert, sondern die tatsächliche Leistungsfähigkeit. Wer nur noch 3–6 Stunden täglich arbeiten kann, erhält die teilweise Erwerbsminderungsrente, unter 3 Stunden die volle Rente wegen Erwerbsminderung.

Steuerliche Vorteile ab GdB 30

Auch wenn rentenrechtlich keine Vergünstigungen bestehen, bringt der GdB 30 steuerliche Entlastungen. Nach § 33b Einkommensteuergesetz (EStG) steht Menschen mit Behinderung ein Behinderten-Pauschbetrag zu.

  • Ab GdB 30: 620 € jährlich (Stand 2025).
  • Ab GdB 50: 1.140 € jährlich.
  • Ab GdB 100: bis zu 2.840 € jährlich.

Dieser Pauschbetrag kann in der Einkommenssteuererklärung geltend gemacht werden und mindert direkt das zu versteuernde Einkommen.

Arbeitsrechtlicher Schutz und Gleichstellungsvorteile

Menschen mit GdB 30 können im Berufsleben deutliche Vorteile haben, besonders wenn sie gleichgestellt sind. Diese betreffen vor allem:

  • Sonderkündigungsschutz nach § 168 SGB IX (nur mit Zustimmung des Integrationsamts kündbar).
  • Vorrangige Beschäftigungspflicht (§ 164 Abs. 1 SGB IX).
  • Anrecht auf behindertengerechte Arbeitsbedingungen und Förderungen.
  • Schutz im Bewerbungsverfahren durch gesetzliche Gleichstellungsrechte.

Allerdings gelten diese Rechte nicht automatisch, sondern erst nach Antragstellung bei der Arbeitsagentur, die prüft, ob der Arbeitsplatz aufgrund der Einschränkung tatsächlich gefährdet ist.

Keine Altersrente mit GdB 30 – warum das Gesetz so klar ist

Der Grund liegt im sozialrechtlichen System der Abgrenzung:
Das SGB IX (Behindertenrecht) unterscheidet klar zwischen Behinderung (ab GdB 20) und Schwerbehinderung (ab 50).
Erst letztere löst besondere Rentenrechte nach dem SGB VI aus – vor allem den vorgezogenen Rentenbeginn oder die Möglichkeit, zwei Jahre früher ohne Abschläge in Rente zu gehen.fr+2

Mit einem GdB 30 bleibt man zwar anerkannt behindert, gehört aber nicht zur Gruppe der schwerbehinderten Menschen mit Sonderrechten in der gesetzlichen Rentenversicherung.

Tipp: Verschlimmerungsantrag stellen

Wer bereits einen GdB 30 hat, dessen Gesundheitszustand sich aber weiter verschlechtert, sollte bei seinem Versorgungsamt einen Verschlimmerungsantrag stellen. Wird der GdB auf 50 oder mehr angehoben, gilt die Person offiziell als schwerbehindert – und kann damit Anspruch auf Rentenprivilegien, Nachteilsausgleiche und steuerliche Zusatzvorteile erhalten

Fazit: GdB 30 bringt Entlastung – aber keine Rentenvorteile

Ein GdB 30 ist kein Freifahrtschein für den früheren Ruhestand. Rentengesetze wie das SGB VI machen hier klare Vorgaben: Rentenprivilegien gelten erst ab GdB 50. Dennoch kann der GdB 30 Ausgangspunkt für arbeitsrechtliche Gleichstellung, steuerliche Vorteile und eine eventuelle Erwerbsminderungsrente sein. Wer seinen Status genau kennt, kann ihn gezielt nutzen – oder rechtzeitig aktiv werden, um weitere Rechte zu sichern.


Redakteure

  • ik

    Sozialrechtsexperte und Redakteur

    Ingo Kosick ist ein renommierter Experte im Bereich des Sozialrechts in Deutschland. Er engagiert sich seit über 30 Jahren in diesem Feld und hat sich als führende Autorität etabliert. Als Vorsitzender des Vereins Für soziales Leben e.V., der 2005 in Lüdinghausen gegründet wurde, setzt er sich für die Unterstützung von Menschen ein, die von Armut und Arbeitslosigkeit betroffen sind. Der Verein bietet über das Internet Informationen, Beratung und Unterstützung für sozial benachteiligte Menschen an.

    Ingo Kosick ist zudem ein zentraler Autor und Redakteur auf der Plattform buerger-geld.org, die sich auf Themen wie Bürgergeld, Sozialleistungen, Rente und Kindergrundsicherung spezialisiert hat. Seine Artikel bieten fundierte Analysen und rechtlich aufgearbeitete Informationen, die Menschen in schwierigen Lebenssituationen unterstützen sollen.

    Durch seine langjährige Erfahrung und sein Engagement hat Ingo Kosick maßgeblich dazu beigetragen, dass sozial benachteiligte Menschen in Deutschland besser informiert und unterstützt werden können.

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  • Peter Kosick
    Experte:

    Jurist und Redakteur

    Peter Kosick hat an der Universität Münster Rechtswissenschaften studiert und beide juristische Staatsexamen in Nordrhein-Westfalen mit Erfolg abgelegt. Er arbeitet als freiberuflicher Jurist, ist Autor verschiedener Publikationen und hält Vorträge im Bereich Arbeits- und Sozialrecht. Seit mehr als 30 Jahren engagiert er sich im sozialen Bereich und ist seit der Gründung des Vereins "Für soziales Leben e.V." dort Mitglied. Peter Kosick arbeitet in der Online Redaktion des Vereins und ist der CvD. Seinen Artikeln sieht man an, dass sie sich auf ein fundiertes juristisches Fachwissen gründen.

    Peter hat ebenfalls ein Herz für die Natur, ist gern "draußen" und setzt sich für den Schutz der Umwelt ein.

    Seine Arbeit im Redaktionsteam von buerger-geld.org gibt ihm das Gefühl,  etwas Gutes für das Gemeinwohl zu tun.

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