Der große Irrtum über die “steuerfreie Rente”
Noch vor 20 Jahren war die Überzeugung weit verbreitet: „Renten sind grundsätzlich steuerfrei.“ Das stimmte früher teilweise – inzwischen gilt aber ein ganz anderes System. Seit der sogenannten „nachgelagerten Besteuerung“ werden Renten nur noch begrenzt steuerfrei gestellt. Doch das sorgt bis heute für Missverständnisse.
Warum wird die Rente überhaupt besteuert?
Die Besteuerung der Altersrente hat ihren Ursprung in einer grundlegenden Steuerreform. Bis 2005 galt ein Mischsystem: Ein Teil der Rentenbeiträge war steuerlich nicht absetzbar, dafür wurden die Renten nur anteilig besteuert. Doch ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts stellte klar: Das verstößt gegen das Gleichbehandlungsgebot.
Die Folge: Mit dem Alterseinkünftegesetz (2005) wurde die sogenannte nachgelagerte Besteuerung eingeführt. Das bedeutet: Während der Erwerbstätigkeit zahlen Arbeitnehmer zwar Steuern, können aber Rentenbeiträge zunehmend steuerlich absetzen. Im Gegenzug wird die Rente im Alter besteuert, weil die Beiträge zuvor aus „unversteuertem“ Einkommen geleistet wurden.
Im Kern geht es also nicht um eine „Doppelbelastung“, sondern um ein Verschieben der Steuerpflicht vom Erwerbsleben in den Ruhestand.
Wie viel Rente ist steuerfrei? – Das Prinzip des Rentenfreibetrags
Entscheidend ist das Jahr des Renteneintritts. Denn: Wer zwischen 2005 und 2040 in Rente geht, hat einen unterschiedlich hohen Rentenfreibetrag.
- 2005: 50% der Rente waren steuerpflichtig.
- Seit 2023: 83% steuerpflichtig, nur noch 17% steuerfrei.
- Ab 2040: 100% steuerpflichtig, kein genereller Freibetrag mehr.
Dieser festgelegte Freibetrag gilt dauerhaft und wird nicht mehr angepasst – auch wenn die Rente im Laufe der Jahre steigt. Folge: Jede Rentenerhöhung ist in voller Höhe steuerpflichtig.
Muss jeder Rentner Steuern zahlen?
Nein. Entscheidend ist, ob die steuerpflichtige Rente nach Abzug von Werbungskostenpauschale und Sonderausgaben über dem Grundfreibetrag liegt.
- Grundfreibetrag 2025: voraussichtlich ca. 11.604 € für Alleinstehende (Stand Gesetzeslage bis 2024).
- Für Ehepaare gilt der doppelte Betrag.
Wer also „nur“ eine kleine Rente bezieht, bleibt weiterhin steuerfrei. Doch viele kombinieren ihre gesetzliche Rente mit Betriebsrenten, Mieteinnahmen oder Kapitalerträgen – und hier steigt die Steuerlast schnell.
Welche Abzüge kommen zusätzlich zur Steuer?
Häufig vermischen sich Steuern mit anderen Abgaben. Wichtig ist die Unterscheidung:
- Lohnsteuer / Einkommensteuer: Abhängig von Rentenhöhe und Freibeträgen.
- Kranken- und Pflegeversicherung: Rund 11% auf die Bruttorente (geteilte Beiträge bei gesetzlich Versicherten).
- Solidaritätszuschlag/Kirchensteuer: Nur wenn zusätzlich Einkommensteuer anfällt.
Damit kann die Netto-Rente bis zu 20% niedriger ausfallen als der Bruttobetrag im Rentenbescheid.
Beispielrechnung: So wirkt die Rentenbesteuerung
Ein Rentner tritt 2025 in den Ruhestand ein. Er erhält eine Brutto-Rente von 18.000 €.
- Steuerpflichtiger Anteil: 84% → 15.120 €
- Abzug Grundfreibetrag (11.604 €) → zu versteuern: 3.516 €
- Ergibt bei Grundtarif: ca. 400 € Einkommensteuer im Jahr
Zusätzlich werden Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung fällig. Damit reduziert sich die Rente deutlich.
FAQ zur Rentenbesteuerung
Muss ich meine Rente selbst versteuern oder übernimmt das die Rentenversicherung?
Die Rentenversicherung meldet die Daten ans Finanzamt. Trotzdem sind Rentnerinnen und Rentner verpflichtet, eine Steuererklärung abzugeben, wenn sie über dem Freibetrag liegen.
Zahlt jeder Rentner Einkommensteuer?
Nein. Rund ein Drittel der Ruheständler bleibt trotz Besteuerung unterhalb der Freibeträge.
Droht Doppelbesteuerung?
Das Thema ist umstritten. Der Bundesfinanzhof hat mehrfach klargestellt: Eine echte Doppelbesteuerung darf es nicht geben. Allerdings wird sie in Einzelfällen befürchtet.
Gibt es Möglichkeiten zur steuerlichen Entlastung?
Ja, etwa durch außergewöhnliche Belastungen, Spendenabzug oder Kosten für Gesundheit und Pflege.
Fazit: Rechtzeitig informieren, um böse Überraschungen zu vermeiden
Die Besteuerung der Rente ist komplex – aber kein Willkürakt. Sie folgt klaren Regeln und beruht darauf, dass bereits während des Berufslebens steuerliche Vorteile genutzt wurden. Wichtig ist, dass Betroffene frühzeitig prüfen, ob sie zur Steuererklärung verpflichtet sind, und ihre Finanzen entsprechend planen. Bürger & Geld empfiehlt daher: Lassen Sie sich im Zweifel steuerlich beraten – so sichern Sie sich im Alter Transparenz und Planbarkeit.