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Witwenrente 2026: Wann wird die eigene Rente zur Falle für Hinterbliebene?

Die Witwenrente sorgt immer wieder für Verwirrung, wenn es um den Bezug einer eigenen Rente geht: Wo liegt die Anrechnungsgrenze und wie wird die eigene Altersrente auf die Witwenrente angerechnet? Im Rentendilemma um die Witwenrente ist die Freibetragsgrenze das entscheidende Kriterium für viele Hinterbliebene – und sie ändert sich regelmäßig mit den Rentenanpassungen. Einzelheiten in folgendem Artikel auf Bürger & Geld, dem Nachrichtenmagazin des Vereins Für soziales Leben e.V.!

Das Prinzip: Zwei Renten, aber nicht doppelt kassieren

Wer verwitwet ist und eine eigene Altersrente oder Erwerbsminderungsrente bezieht, erhält zusätzlich eine Witwenrente oder Witwerrente. Allerdings gibt es diese Leistung nicht in voller Höhe: Sobald die eigene Rente zusammen mit anderen Einkommen einen gesetzlich festgelegten Freibetrag übersteigt, wird die Witwenrente gekürzt. Die Kürzung kann theoretisch bis auf null gehen, wenn das eigene Einkommen hoch genug ist.

Die Grenze für die eigene Rente: Der aktuelle Freibetrag

Ab Juli 2025 gilt ein neuer Freibetrag für die Anrechnung eigener Renten und weiterer Einkünfte auf die Witwenrente. Dieser Freibetrag beträgt monatlich 1.076,86 Euro und erhöht sich für jedes waisenrentenberechtigte Kind um weitere 228,42 Euro.

Berechnung des Freibetrags

Der Freibetrag entspricht dem 26,4-fachen des aktuellen Rentenwerts. Da die Rente jährlich angepasst werden, verändert sich auch der Freibetrag regelmäßig mit jedem Juli:

  • Ab Juli 2025: aktueller Rentenwert 40,79 Euro
  • 26,4 × 40,79 Euro = 1.076,86 Euro Freibetrag

Für jedes Kind mit Anspruch auf Waisenrente steigt der Freibetrag (5,6 × 40,79 Euro = 228,42 Euro).

Was wird auf die Witwenrente angerechnet?

Nicht nur die eigene gesetzliche Altersrente, sondern praktisch alle Einkünfte zählen für die Anrechnung, darunter:

  • Eigene Rente der gesetzlichen Rentenversicherung
  • Erwerbseinkommen aus Beschäftigung oder Selbstständigkeit
  • Betriebsrente und private Rentenpolicen
  • Einkommen aus Kapitalvermögen, Miete oder Pacht

Ausnahmen bestehen für besondere Altfälle (siehe Abschnitt „Altrecht“).

Wichtige Faustregel

Alles, was nach pauschalem Abzug von Beiträgen (14% pauschal bei der gesetzlichen Rente) und nach Abzug des Freibetrags übrig bleibt, wird zu 40% von der Witwenrente abgezogen.

Beispielrechnung: Wie viel bleibt übrig?

Ein Rechenbeispiel (ab Juli 2025):

  • Eigene Bruttorente: 1.600 €
  • Nach 14% Pauschalabzug: 1.376 € Netto-Einkommen
  • Freibetrag abziehen: 1.376 € – 1.076,86 € = 299,14 €
  • 40% von 299,14 € = 119,66 € Kürzungsbetrag
  • Witwenrente vor Kürzung: 1.000 € monatlich
  • Nach Anrechnung: 1.000 € – 119,66 € = 880,34 € Witwenrente

Das Gesamteinkommen beträgt dann 2.480,34 € pro Monat für die Beispielperson.

Sonderfall: Das Sterbevierteljahr

In den ersten drei Kalendermonaten nach dem Tod („Sterbevierteljahr“) wird die Witwen- oder Witwerrente in voller Höhe gezahlt – unabhängig von eigenem Einkommen. Erst ab dem vierten Monat erfolgt die Anrechnung.

Unterschiede: Altrecht und Neurecht

Das “Altrecht” bleibt für Witwen und Witwer gültig, deren Ehe vor dem 1. Januar 2002 geschlossen wurde und wenn mindestens ein Ehepartner vor dem 2. Januar 1962 geboren wurde. In diesen Fällen werden Kapital- und Mieteinnahmen, Betriebsrenten und private Renten nicht angerechnet, sondern nur Erwerbseinkommen und eigene gesetzliche Renten. Hier kann die Witwenrente also deutlich höher ausfallen.

Tabelle: Anrechenbare Einkünfte im Vergleich

EinkommensartNeu-Recht anrechenbarAltrecht anrechenbar
Eigene gesetzliche RenteJaJa
ErwerbseinkommenJaJa
ALG I, Krankengeld etc.JaJa
BetriebsrenteJaNein
Kapitalerträge/ZinsenJaNein
MieteinnahmenJaNein
Private RentenversicherungJaNein

Mehr Kinder = höherer Freibetrag

Pro waisenrentenberechtigtem Kind steigt der Freibetrag um 228,42 Euro (Stand Juli 2025). Das hilft insbesondere jenen Hinterbliebenen mit minderjährigen Kindern, die parallel zur Witwenrente eine eigene (Erwerbs-)Rente beziehen.

Praktische Tipps

  • Prüfe, ob das Altrecht für dich gilt. Dann können Mieteinnahmen oder private Rentenbeträge anrechnungsfrei bleiben.
  • Lasse Nettoeinkommen korrekt berechnen: Abzüge (z. B. Sozialbeiträge) und Werbungskosten mindern das anrechenbare Einkommen und schützen die Witwenrente.
  • Wenn das Einkommen um mindestens 10% sinkt, kann ein Antrag auf Neuberechnung der Witwenrente gestellt werden – das kann sich lohnen.

Fallstricke und Besonderheiten

  • Wird der Antrag auf Witwenrente nicht innerhalb von 12 Monaten gestellt, können Ansprüche verfallen.
  • Eine zu hohe eigene Rente kann dazu führen, dass die Witwenrente komplett entfällt (Nullrente), wenn nach Freibetrag und Abzug praktisch nichts mehr übrig bleibt.
  • Bei kombinierten Einkommen (z. B. Anstellung plus Rente oder sonstige Einnahmen) gilt für jede Einkunftsart eine spezifische pauschale Berechnung (z. B. 14% Abzug bei gesetzlicher Rente).

FAQ: Was Betroffene wissen müssen

Wie hoch muss meine eigene Rente sein, damit die Witwenrente gekürzt wird?

Sobald das Nettoeinkommen über dem Freibetrag von 1.076,86 € (ab Juli 2025; ohne Kinder) liegt, wird gekürzt. Je höher die eigene Rente, desto stärker die Kürzung.

Wird die eigene Rente zu 100% auf die Witwenrente angerechnet?

Nein. Nach pauschalen Abzügen wird nur der Anteil über dem Freibetrag zu 40% angerechnet.

Was ist mit Mieteinnahmen und Kapitalerträgen?

Sie sind beim Neurecht komplett anrechnungsfähig; beim Altrecht bleiben sie anrechnungsfrei.

Fazit: Die Witwenrente bleibt ein Kompromiss

Die Witwenrente wird grundsätzlich zusätzlich zur eigenen Altersrente gezahlt, jedoch ab dem vierten Monat nur noch nach Abzug eines Freibetrags. Wer eine eigene Rente über der Grenze von aktuell 1.076,86 € netto (ab Juli 2025) bezieht, muss mit der Kürzung oder sogar dem kompletten Wegfall der Witwenrente rechnen. Mit guter Vorbereitung und Kenntnis der Sonderregeln (z. B. Altrecht, Kinderfreibetrag) kann man das Maximum aus dem Anspruch holen.

Redakteure

  • ik

    Sozialrechtsexperte und Redakteur

    Ingo Kosick ist ein renommierter Experte im Bereich des Sozialrechts in Deutschland. Er engagiert sich seit über 30 Jahren in diesem Feld und hat sich als führende Autorität etabliert. Als Vorsitzender des Vereins Für soziales Leben e.V., der 2005 in Lüdinghausen gegründet wurde, setzt er sich für die Unterstützung von Menschen ein, die von Armut und Arbeitslosigkeit betroffen sind. Der Verein bietet über das Internet Informationen, Beratung und Unterstützung für sozial benachteiligte Menschen an.

    Ingo Kosick ist zudem ein zentraler Autor und Redakteur auf der Plattform buerger-geld.org, die sich auf Themen wie Bürgergeld, Sozialleistungen, Rente und Kindergrundsicherung spezialisiert hat. Seine Artikel bieten fundierte Analysen und rechtlich aufgearbeitete Informationen, die Menschen in schwierigen Lebenssituationen unterstützen sollen.

    Durch seine langjährige Erfahrung und sein Engagement hat Ingo Kosick maßgeblich dazu beigetragen, dass sozial benachteiligte Menschen in Deutschland besser informiert und unterstützt werden können.

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  • Peter Kosick
    Experte:

    Jurist und Redakteur

    Peter Kosick hat an der Universität Münster Rechtswissenschaften studiert und beide juristische Staatsexamen in Nordrhein-Westfalen mit Erfolg abgelegt. Er arbeitet als freiberuflicher Jurist, ist Autor verschiedener Publikationen und hält Vorträge im Bereich Arbeits- und Sozialrecht. Seit mehr als 30 Jahren engagiert er sich im sozialen Bereich und ist seit der Gründung des Vereins "Für soziales Leben e.V." dort Mitglied. Peter Kosick arbeitet in der Online Redaktion des Vereins und ist der CvD. Seinen Artikeln sieht man an, dass sie sich auf ein fundiertes juristisches Fachwissen gründen.

    Peter hat ebenfalls ein Herz für die Natur, ist gern "draußen" und setzt sich für den Schutz der Umwelt ein.

    Seine Arbeit im Redaktionsteam von buerger-geld.org gibt ihm das Gefühl,  etwas Gutes für das Gemeinwohl zu tun.

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