Das Prinzip: Zwei Renten, aber nicht doppelt kassieren
Wer verwitwet ist und eine eigene Altersrente oder Erwerbsminderungsrente bezieht, erhält zusätzlich eine Witwenrente oder Witwerrente. Allerdings gibt es diese Leistung nicht in voller Höhe: Sobald die eigene Rente zusammen mit anderen Einkommen einen gesetzlich festgelegten Freibetrag übersteigt, wird die Witwenrente gekürzt. Die Kürzung kann theoretisch bis auf null gehen, wenn das eigene Einkommen hoch genug ist.
Die Grenze für die eigene Rente: Der aktuelle Freibetrag
Ab Juli 2025 gilt ein neuer Freibetrag für die Anrechnung eigener Renten und weiterer Einkünfte auf die Witwenrente. Dieser Freibetrag beträgt monatlich 1.076,86 Euro und erhöht sich für jedes waisenrentenberechtigte Kind um weitere 228,42 Euro.
Berechnung des Freibetrags
Der Freibetrag entspricht dem 26,4-fachen des aktuellen Rentenwerts. Da die Rente jährlich angepasst werden, verändert sich auch der Freibetrag regelmäßig mit jedem Juli:
- Ab Juli 2025: aktueller Rentenwert 40,79 Euro
- 26,4 × 40,79 Euro = 1.076,86 Euro Freibetrag
Für jedes Kind mit Anspruch auf Waisenrente steigt der Freibetrag (5,6 × 40,79 Euro = 228,42 Euro).
Was wird auf die Witwenrente angerechnet?
Nicht nur die eigene gesetzliche Altersrente, sondern praktisch alle Einkünfte zählen für die Anrechnung, darunter:
- Eigene Rente der gesetzlichen Rentenversicherung
- Erwerbseinkommen aus Beschäftigung oder Selbstständigkeit
- Betriebsrente und private Rentenpolicen
- Einkommen aus Kapitalvermögen, Miete oder Pacht
Ausnahmen bestehen für besondere Altfälle (siehe Abschnitt „Altrecht“).
Wichtige Faustregel
Alles, was nach pauschalem Abzug von Beiträgen (14% pauschal bei der gesetzlichen Rente) und nach Abzug des Freibetrags übrig bleibt, wird zu 40% von der Witwenrente abgezogen.
Beispielrechnung: Wie viel bleibt übrig?
Ein Rechenbeispiel (ab Juli 2025):
- Eigene Bruttorente: 1.600 €
- Nach 14% Pauschalabzug: 1.376 € Netto-Einkommen
- Freibetrag abziehen: 1.376 € – 1.076,86 € = 299,14 €
- 40% von 299,14 € = 119,66 € Kürzungsbetrag
- Witwenrente vor Kürzung: 1.000 € monatlich
- Nach Anrechnung: 1.000 € – 119,66 € = 880,34 € Witwenrente
Das Gesamteinkommen beträgt dann 2.480,34 € pro Monat für die Beispielperson.
Sonderfall: Das Sterbevierteljahr
In den ersten drei Kalendermonaten nach dem Tod („Sterbevierteljahr“) wird die Witwen- oder Witwerrente in voller Höhe gezahlt – unabhängig von eigenem Einkommen. Erst ab dem vierten Monat erfolgt die Anrechnung.
Unterschiede: Altrecht und Neurecht
Das “Altrecht” bleibt für Witwen und Witwer gültig, deren Ehe vor dem 1. Januar 2002 geschlossen wurde und wenn mindestens ein Ehepartner vor dem 2. Januar 1962 geboren wurde. In diesen Fällen werden Kapital- und Mieteinnahmen, Betriebsrenten und private Renten nicht angerechnet, sondern nur Erwerbseinkommen und eigene gesetzliche Renten. Hier kann die Witwenrente also deutlich höher ausfallen.
Tabelle: Anrechenbare Einkünfte im Vergleich
| Einkommensart | Neu-Recht anrechenbar | Altrecht anrechenbar | 
|---|---|---|
| Eigene gesetzliche Rente | Ja | Ja | 
| Erwerbseinkommen | Ja | Ja | 
| ALG I, Krankengeld etc. | Ja | Ja | 
| Betriebsrente | Ja | Nein | 
| Kapitalerträge/Zinsen | Ja | Nein | 
| Mieteinnahmen | Ja | Nein | 
| Private Rentenversicherung | Ja | Nein | 
Mehr Kinder = höherer Freibetrag
Pro waisenrentenberechtigtem Kind steigt der Freibetrag um 228,42 Euro (Stand Juli 2025). Das hilft insbesondere jenen Hinterbliebenen mit minderjährigen Kindern, die parallel zur Witwenrente eine eigene (Erwerbs-)Rente beziehen.
Praktische Tipps
- Prüfe, ob das Altrecht für dich gilt. Dann können Mieteinnahmen oder private Rentenbeträge anrechnungsfrei bleiben.
- Lasse Nettoeinkommen korrekt berechnen: Abzüge (z. B. Sozialbeiträge) und Werbungskosten mindern das anrechenbare Einkommen und schützen die Witwenrente.
- Wenn das Einkommen um mindestens 10% sinkt, kann ein Antrag auf Neuberechnung der Witwenrente gestellt werden – das kann sich lohnen.
Fallstricke und Besonderheiten
- Wird der Antrag auf Witwenrente nicht innerhalb von 12 Monaten gestellt, können Ansprüche verfallen.
- Eine zu hohe eigene Rente kann dazu führen, dass die Witwenrente komplett entfällt (Nullrente), wenn nach Freibetrag und Abzug praktisch nichts mehr übrig bleibt.
- Bei kombinierten Einkommen (z. B. Anstellung plus Rente oder sonstige Einnahmen) gilt für jede Einkunftsart eine spezifische pauschale Berechnung (z. B. 14% Abzug bei gesetzlicher Rente).
FAQ: Was Betroffene wissen müssen
Wie hoch muss meine eigene Rente sein, damit die Witwenrente gekürzt wird?
Sobald das Nettoeinkommen über dem Freibetrag von 1.076,86 € (ab Juli 2025; ohne Kinder) liegt, wird gekürzt. Je höher die eigene Rente, desto stärker die Kürzung.
Wird die eigene Rente zu 100% auf die Witwenrente angerechnet?
Nein. Nach pauschalen Abzügen wird nur der Anteil über dem Freibetrag zu 40% angerechnet.
Was ist mit Mieteinnahmen und Kapitalerträgen?
Sie sind beim Neurecht komplett anrechnungsfähig; beim Altrecht bleiben sie anrechnungsfrei.
Fazit: Die Witwenrente bleibt ein Kompromiss
Die Witwenrente wird grundsätzlich zusätzlich zur eigenen Altersrente gezahlt, jedoch ab dem vierten Monat nur noch nach Abzug eines Freibetrags. Wer eine eigene Rente über der Grenze von aktuell 1.076,86 € netto (ab Juli 2025) bezieht, muss mit der Kürzung oder sogar dem kompletten Wegfall der Witwenrente rechnen. Mit guter Vorbereitung und Kenntnis der Sonderregeln (z. B. Altrecht, Kinderfreibetrag) kann man das Maximum aus dem Anspruch holen.
 
					 
			 
                                                                                                                                                                                                             
                                                                                                                                                                                                            

