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Anspruch auf Witwenrente / Hinterbliebenenrente bei Heirat am Sterbebett?

Viele Paare entscheiden sich erst in einer schweren Lebenssituation, etwa bei einer schweren Erkrankung, zur Eheschließung. Doch was passiert, wenn die Hochzeit erst kurz vor dem Tod eines Partners stattfindet? Besteht dann Anspruch auf Witwenrente? Dieser Artikel auf Bürger & Geld, dem Nachrichtenmagazin des Vereines Für soziales Leben e.V., erklärt die wichtigsten Voraussetzungen und Ausnahmen.

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Viele Paare entscheiden sich erst in einer schweren Lebensphase, etwa bei einer schweren Erkrankung eines Partners, zur Eheschließung. Doch was gilt, wenn die Hochzeit erst kurz vor dem Tod erfolgt? Besteht dann ein Anspruch auf Witwenrente (Hinterbliebenenrente)? Dieser Artikel erklärt die gesetzlichen Voraussetzungen, typische Stolperfallen und die wichtigsten Ausnahmen.

Gesetzliche Voraussetzungen für die Witwenrente

Um Anspruch auf Witwenrente (Hinterbliebenenrente) zu haben, müssen folgende Bedingungen erfüllt sein:

  • Die Ehe muss zum Zeitpunkt des Todes des Ehepartners bestanden haben.
  • Der verstorbene Ehepartner muss die allgemeine Wartezeit (meist fünf Jahre Beitragszeiten) in der gesetzlichen Rentenversicherung erfüllt haben.
  • Für Ehen, die nach dem 1. Januar 2002 geschlossen wurden, gilt: Die Ehe muss mindestens ein Jahr bestanden haben.

Die Ein-Jahres-Regel und die Versorgungsehe

Was ist eine Versorgungsehe?

Wird eine Ehe weniger als ein Jahr vor dem Tod eines Partners geschlossen, geht die Rentenversicherung grundsätzlich von einer sogenannten „Versorgungsehe“ aus. Das bedeutet: Es wird vermutet, dass die Ehe nur geschlossen wurde, um dem überlebenden Partner einen Rentenanspruch zu verschaffen – und nicht aus anderen Gründen.

Folgen der Versorgungsehe

  • Kein Anspruch auf Witwenrente: Die Rentenversicherung lehnt in diesen Fällen die Zahlung der Witwenrente ab.
  • Widerlegung möglich: Die Hinterbliebene kann versuchen, die Vermutung der Versorgungsehe zu widerlegen. Das gelingt aber nur in Ausnahmefällen, etwa wenn der Tod völlig unerwartet – beispielsweise durch einen Unfall – eintritt.

Ausnahmen: Wann gibt es trotz kurzer Ehe Witwenrente?

Die gesetzliche Vermutung der Versorgungsehe kann widerlegt werden, wenn:

  • Der Tod des Ehepartners nicht vorhersehbar war (z.B. Unfall).
  • Die Ehepartner ein gemeinsames Kind haben.
  • Es glaubhafte Beweise gibt, dass die Hochzeit nicht aus Versorgungsgründen stattfand, sondern bereits länger geplant war und beispielsweise durch äußere Umstände verzögert wurde.

Gerichte erkennen solche Ausnahmen aber nur selten an. Die Beweislast liegt immer bei der Hinterbliebenen.

Beispiele aus der Rechtsprechung

  • Keine Witwenrente bei Heirat auf dem Sterbebett: Heiratet ein Paar erst wenige Tage oder Wochen vor dem Tod eines Partners, wird fast immer eine Versorgungsehe angenommen und die Witwenrente abgelehnt – selbst bei langjähriger Partnerschaft vor der Ehe.
  • Ausnahmefall: In seltenen Fällen wurde Witwenrente zugesprochen, wenn die Hochzeit bereits vor Bekanntwerden der tödlichen Krankheit geplant war und ärztlich eine gemeinsame Zukunft in Aussicht gestellt wurde.

Steuerliche und erbrechtliche Vorteile trotz fehlender Witwenrente

Auch wenn kein Anspruch auf Witwenrente besteht, kann eine Heirat auf dem Sterbebett aus steuerlichen und erbrechtlichen Gründen sinnvoll sein. Der Ehepartner wird gesetzlicher Erbe und profitiert von einem deutlich höheren Freibetrag bei der Erbschaftsteuer.

Zusammenfassung: Heirat am Sterbebett und Witwenrente

Wer erst am Sterbebett heiratet, hat in der Regel keinen Anspruch auf Witwenrente. Die Ein-Jahres-Regel und die Vermutung der Versorgungsehe schließen den Anspruch meist aus. Nur in seltenen Ausnahmefällen – etwa bei einem plötzlichen, nicht vorhersehbaren Tod – kann die Witwenrente dennoch gezahlt werden. Für anderen Vorteile, wie Erbrecht und Steuerfreibeträge, kann eine späte Heirat dennoch sinnvoll sein.

Redakteure

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    Sabine Martholt hat Recht und Journalismus studiert und fundierte Kenntnisse im Bereich des Sozialrechts und des Rentenrechts. Beide Rechtsgebiete sind gleichzeitig ihr Hobby, wie sie gern verrät. Bereits vor ihrem ersten Volontariat bei einer Zeitung hat sie sich dem Schreiben gewidmet. Die Entwicklung des Sozialrechts in Deutschland hat sie mit großer Aufmerksamkeit, manchmal aber auch mit Kopfschütteln verfolgt – wie sie selbst sagt. Sie schreibt seit vielen Jahren für unser Online-Magazin. Gute Recherche und die eigene Meinung – beides ist ihr wichtig.

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  • Peter Kosick
    Experte:

    Peter Kosick hat an der Universität Münster Rechtswissenschaften studiert und beide juristische Staatsexamen in Nordrhein-Westfalen mit Erfolg abgelegt. Er arbeitet als freiberuflicher Jurist, ist Autor verschiedener Publikationen und hält Vorträge im Bereich Arbeits- und Sozialrecht. Seit mehr als 30 Jahren engagiert er sich im sozialen Bereich und ist seit der Gründung des Vereins "Für soziales Leben e.V." dort Mitglied. Peter Kosick arbeitet in der Online Redaktion des Vereins und ist der CvD. Seinen Artikeln sieht man an, dass sie sich auf ein fundiertes juristisches Fachwissen gründen. Peter hat ebenfalls ein Herz für die Natur, ist gern "draußen" und setzt sich für den Schutz der Umwelt ein. Seine Arbeit im Redaktionsteam von buerger-geld.org gibt ihm das Gefühl,  etwas Gutes für das Gemeinwohl zu tun.

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