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Bürgergeld und Erbschaft: Geht sie ans Jobcenter? Was Empfänger wissen müssen!

Eine Erbschaft kann für Bezieher von Bürgergeld erhebliche Auswirkungen haben. Viele fragen sich, wie das geerbte Vermögen angerechnet wird, welche Freibeträge gelten und was beim Jobcenter gemeldet werden muss. In nachfolgendem Artikel auf Bürger & Geld, dem Nachrichtenmagazin des Vereins Für soziales Leben e.V., zeigen wir, wie Erbschaften beim Bürgergeld behandelt werden und worauf Sie unbedingt achten sollten.

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Das Thema Bürgergeld und Erbschaft sorgt nicht bei allen, aber doch bei einigen Leistungsbeziehern für Unsicherheit. Was passiert, wenn man während des Bezugs von Bürgergeld erbt? Muss das Erbe dem Jobcenter gemeldet werden, und wie wirkt es sich auf den Anspruch aus? Anrechnung? In unserem Beitrag erfahren Sie alles Wichtige zu Freibeträgen, Meldepflichten und zur richtigen rechtlichen Vorgehensweise.

Erbschaft und Bürgergeld: Die wichtigsten Basics

Seit Juli 2023 gelten neue Regeln für den Umgang mit Erbschaften beim Bürgergeld. Während früher eine Erbschaft als Einkommen gewertet wurde, zählt sie jetzt als Vermögen. Das bringt Vorteile für viele Empfänger, denn für Vermögen gelten deutlich höhere Freibeträge als für Einkommen.

Was gilt als Erbschaft?

Eine Erbschaft umfasst alle Vermögenswerte, die im Todesfall eines Angehörigen auf Sie übergehen. Dazu zählen:

  • Geldbeträge (z. B. Bankguthaben)
  • Immobilien (z. B. Haus, Wohnung, Grundstück)
  • Wertgegenstände (z. B. Schmuck, Fahrzeuge)
  • Beteiligungen und Wertpapiere

Auch der Anteil an einer Erbengemeinschaft fällt darunter. Wichtig: Erst wenn Sie tatsächlich über das geerbte Vermögen verfügen können, wird es für das Bürgergeld relevant.

Freibeträge beim Bürgergeld: Wie viel darf man erben?

Die Freibeträge für Vermögen sind beim Bürgergeld großzügiger als früher bei Hartz IV. Wenn die “Neue Grundsicherung” kommt, sollen die Vermögensfreibeträge wirde gekürzt werden.

ZeitraumFreibetrag für die erste PersonFreibetrag je weitere Person der Bedarfsgemeinschaft
Erstes Bezugsjahr40.000 €15.000 €
Ab zweitem Jahr15.000 €15.000 €
  • Im ersten Jahr des Bezugs (Karenzzeit) dürfen Sie als Alleinstehender bis zu 40.000 € an Vermögen besitzen, ohne dass dies auf das Bürgergeld angerechnet wird.
  • Für jedes weitere Mitglied der Bedarfsgemeinschaft kommen jeweils 15.000 € hinzu.
  • Ab dem zweiten Jahr sinkt der Freibetrag auf 15.000 € pro Person.

Was zählt zum Vermögen?

Neben der Erbschaft werden auch andere Vermögenswerte wie Sparguthaben, Immobilien, Fahrzeuge oder Wertgegenstände berücksichtigt. Die Summe aller Vermögenswerte entscheidet, ob der Freibetrag überschritten wird.

Meldepflicht: Muss das Erbe dem Jobcenter gemeldet werden?

Ja, Sie sind gesetzlich verpflichtet, jede Änderung Ihrer finanziellen Verhältnisse – dazu zählt auch eine Erbschaft – unverzüglich beim Jobcenter zu melden. Dies sollte schriftlich und mit allen relevanten Informationen (z. B. Art und Wert des Erbes) erfolgen.

Was passiert, wenn die Erbschaft nicht gemeldet wird?

  • Ordnungswidrigkeit: Das Verschweigen einer Erbschaft kann als Ordnungswidrigkeit gewertet werden und ein Bußgeld bis zu 5.000 € nach sich ziehen.
  • Sozialbetrug: In schweren Fällen droht sogar eine Strafanzeige wegen Betrugs.
  • Rückforderungen: Das Jobcenter kann zu Unrecht gezahlte Leistungen zurückfordern.

Wie wird die Erbschaft angerechnet?

  • Liegt die Erbschaft innerhalb des Freibetrags, bleibt das Bürgergeld unangetastet.
  • Übersteigt das Erbe den Freibetrag, wird der darüber liegende Betrag auf den Bürgergeldanspruch angerechnet. Das bedeutet, dass Sie zunächst Ihren Lebensunterhalt aus dem geerbten Vermögen bestreiten müssen, bevor Sie wieder Anspruch auf Bürgergeld haben.

Beispiel:
Sie erben als Alleinstehender 25.000 €. Im ersten Jahr bleibt das gesamte Erbe anrechnungsfrei. Erben Sie 50.000 €, werden 10.000 € angerechnet, und Sie erhalten so lange kein Bürgergeld, bis dieses Vermögen aufgebraucht ist.

Besonderheiten bei Immobilien

Erben Sie eine Immobilie, muss diese nicht zwangsläufig verkauft werden. Wenn Sie die Immobilie selbst bewohnen und sie als angemessen gilt, kann sie als sogenanntes „Schonvermögen“ geschützt sein. Andernfalls kann das Jobcenter verlangen, dass Sie die Immobilie verwerten.

Was tun nach einer Erbschaft?

  1. Unverzüglich melden: Informieren Sie das Jobcenter schriftlich über die Erbschaft.
  2. Nachweise einreichen: Legen Sie alle relevanten Unterlagen (z. B. Erbschein, Kontoauszüge, Wertgutachten) vor.
  3. Freibeträge prüfen: Ermitteln Sie, ob Ihr gesamtes Vermögen den Freibetrag überschreitet.
  4. Beratung nutzen: Bei Unsicherheiten empfiehlt sich eine Beratung bei einer Sozialberatungsstelle oder einem Fachanwalt.

Tipps zum vorausschauenden Umgang mit Erbschaften beim Bürgergeld

  • Wenn Sie etwas vererben wollen und der Erbe möglicherweise auf Bürgergeld angewiesen ist:
  • prüfen Sie, ob ein sogenanntes „Bedürftigentestament“ sinnvoll ist, um das Erbe zu schützen.
  • Klären Sie frühzeitig mit Ihren Angehörigen, wie Ihr Nachlass gestaltet werden kann.

Zusammenfassung: Bürgergeld und Erbschaft

Erbschaften werden beim Bürgergeld als Vermögen und nicht mehr als Einkommen bewertet. Das bringt spürbare Vorteile durch höhere Freibeträge, besonders im ersten Bezugsjahr. Dennoch besteht eine strenge Meldepflicht gegenüber dem Jobcenter. Erbschaft bedeutet also nicht, dass man den Anspruch auf Bürgergeld sofort verliert.

Redakteure

  • ik

    Ingo Kosick ist ein renommierter Experte im Bereich des Sozialrechts in Deutschland. Er engagiert sich seit über 30 Jahren in diesem Feld und hat sich als führende Autorität etabliert. Als Vorsitzender des Vereins Für soziales Leben e.V., der 2005 in Lüdinghausen gegründet wurde, setzt er sich für die Unterstützung von Menschen ein, die von Armut und Arbeitslosigkeit betroffen sind. Der Verein bietet über das Internet Informationen, Beratung und Unterstützung für sozial benachteiligte Menschen an. Ingo Kosick ist zudem ein zentraler Autor und Redakteur auf der Plattform buerger-geld.org, die sich auf Themen wie Bürgergeld, Sozialleistungen, Rente und Kindergrundsicherung spezialisiert hat. Seine Artikel bieten fundierte Analysen und rechtlich aufgearbeitete Informationen, die Menschen in schwierigen Lebenssituationen unterstützen sollen. Durch seine langjährige Erfahrung und sein Engagement hat Ingo Kosick maßgeblich dazu beigetragen, dass sozial benachteiligte Menschen in Deutschland besser informiert und unterstützt werden können.

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  • Peter Kosick
    Experte:

    Peter Kosick hat an der Universität Münster Rechtswissenschaften studiert und beide juristische Staatsexamen in Nordrhein-Westfalen mit Erfolg abgelegt. Er arbeitet als freiberuflicher Jurist, ist Autor verschiedener Publikationen und hält Vorträge im Bereich Arbeits- und Sozialrecht. Seit mehr als 30 Jahren engagiert er sich im sozialen Bereich und ist seit der Gründung des Vereins "Für soziales Leben e.V." dort Mitglied. Peter Kosick arbeitet in der Online Redaktion des Vereins und ist der CvD. Seinen Artikeln sieht man an, dass sie sich auf ein fundiertes juristisches Fachwissen gründen. Peter hat ebenfalls ein Herz für die Natur, ist gern "draußen" und setzt sich für den Schutz der Umwelt ein. Seine Arbeit im Redaktionsteam von buerger-geld.org gibt ihm das Gefühl,  etwas Gutes für das Gemeinwohl zu tun.

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