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Bürgergeld Untätigkeitsklage: Zahlen schnellen in die Höhe – wann und wie gehandelt werden muss!

Immer mehr Bürgergeld-Empfänger müssen Untätigkeitsklage gegen das Jobcenter einreichen, weil Bescheide verzögert werden. Erfahre auf Bürger & Geld, dem Nachrichtenmagazin des Vereins Für soziales Leben e.V., wann und wie du jetzt handeln solltest!

Die Zahlen steigen rasant: Immer mehr Bürgergeld Empfänger nutzen die Untätigkeitsklage gegen das Jobcenter, um ihre Rechte durchzusetzen. Der Grund: Fristen werden häufig überschritten, Entscheidungen zu Anträgen und Widersprüchen verzögern sich und viele Leistungsberechtigte sind gezwungen, den Rechtsweg zu gehen, damit ihr Anspruch endlich bearbeitet wird. Was bedeutet das konkret? Wann muss man aktiv werden und wie funktioniert die Untätigkeitsklage in der Praxis?

Aktuelle Entwicklung: Klagewelle bei Bürgergeld in 2025

2025 melden Sozialgerichte und Verbände Rekordwerte bei Untätigkeitsklagen: Schon in den ersten drei Quartalen wurden mehr Verfahren eingeleitet als im gesamten Vorjahr. Es gibt Berichte von Zehntausenden Klagen – allein im Zusammenhang mit Bürgergeld und Jobcenter. Diese Entwicklung zeigt: Die Bearbeitung von Bürgergeld-Anträgen und Widersprüchen verzögert sich weiterhin, die Belastung bei Behörden und Gerichten nimmt zu und immer mehr Menschen sehen sich gezwungen zu klagen, um ihre Ansprüche durchzusetzen.

Was ist eine Untätigkeitsklage im Bürgergeld – Verfahren?

Eine Untätigkeitsklage ist das juristische Mittel, mit dem Bürgergeld-Empfänger das Jobcenter vor dem Sozialgericht dazu verpflichten können, endlich über einen Antrag oder Widerspruch zu entscheiden. Die Untätigkeitsklage bewirkt keine automatische Zusage der beantragten Leistung, sondern zwingt das Jobcenter lediglich dazu, endlich zu handeln und einen Bescheid zu erlassen.

Fristen: Wann kann eine Untätigkeitsklage erhoben werden?

Entscheidend für die Untätigkeitsklage ist die sogenannte Bearbeitungsfrist. Die Fristen sind gesetzlich geregelt:

  • Für Anträge auf Bürgergeld muss das Jobcenter spätestens nach sechs Monaten entscheiden.
  • Für Widersprüche gegen Bescheide gilt eine Frist von drei Monaten.

Das bedeutet: Wenn das Jobcenter nach Ablauf dieser Frist immer noch keine Entscheidung getroffen und keinen Bescheid versandt hat, kann die Untätigkeitsklage erhoben werden. Es ist NICHT nötig, das Jobcenter vorher noch einmal schriftlich an die Bearbeitung zu erinnern. Nach Ablauf der Frist besteht das Recht, direkt zu klagen.

Voraussetzungen: Was sollte vor der Klage geprüft werden?

  • Der Antrag oder Widerspruch muss vollständig und begründet beim Jobcenter eingereicht sein.
  • Fehlende Unterlagen sollten möglichst nachgereicht werden. Das Jobcenter ist verpflichtet, auf fehlende Mitwirkung hinzuweisen.
  • Die Behörde kann die Frist in begründeten Ausnahmefällen überschreiten, etwa bei Gesetzesänderungen oder außergewöhnlicher Arbeitslast, aber nicht bei generellem Personalmangel.

Ablauf und Kosten des Verfahrens

Die Untätigkeitsklage kann schriftlich oder mündlich direkt beim zuständigen Sozialgericht eingereicht werden. Ein Anwalt ist nicht zwingend nötig, aber sinnvoll. Für Kläger fallen in der Regel keine Gerichtskosten an.

Das Gericht prüft, ob die Voraussetzungen vorliegen, und verpflichtet das Jobcenter zu einer Entscheidung. Die Dauer des Prozesses liegt oft bei zwei bis vier Monaten, kann aber je nach Auslastung des Gerichts variieren. Wichtig: Die Untätigkeitsklage erzwingt nur die Entscheidung, nicht automatisch eine für den Bürgergeld-Empfänger positive Entscheidung.

Typische Fehler, die zur Verzögerung führen

Die häufigsten Gründe für eine Klage und Verzögerungen sind:

  • Unvollständige Unterlagen beim Antrag
  • Jobcenter kommuniziert zu selten
  • Zu lange Bearbeitungszeiten durch Personalengpässe oder hohe Arbeitslast
  • Komplexe Sachverhalte werden nicht prioritär behandelt
  • Trotz Fristablauf keine Entscheidung durch das Jobcenter

Viele Klagen sind erfolgreich, wenn alle Fristen eingehalten und alle Unterlagen vollständig vorliegen. Auch die Kosten für berechtigte Untätigkeitsklagen muss das Jobcenter im Regelfall erstatten.

Warum schnellen die Bürgergeld-Untätigkeits-Klagen nach oben?

Mehrere Faktoren führen dazu, dass die Untätigkeitsklagen in die Höhe schnellen:

  • Sehr hohe Zahl offener Bürgergeld-Anträge und Widersprüche, besonders bei komplexen Fällen oder zu Sanktionen, wie erschwerte Zumutbarkeit und Leistungskürzungen
  • Arbeitsbelastung und Umstrukturierung in den Jobcentern
  • Verstärkte Information durch Verbände und Sozialberatung, die Betroffene gezielt zum Klagen ermutigen
  • Die Einführung neuer Regelungen (z. B. im Zusammenhang mit Bürgergeld-Änderungen ab 2025) erhöht den Beratungsbedarf und die Zahl der fraglichen Bescheide

Wann und wie muss gehandelt werden?

Betroffene Bürgergeld-Empfänger sollten spätestens handeln:

  • Wenn sechs Monate nach Antragstellung (drei Monate beim Widerspruch) keine Antwort kommt
  • Wenn das Jobcenter keine klare Rückmeldung gibt oder sich nicht erreichbar zeigt
  • Wenn sich die Existenz durch ausbleibende Zahlungen gefährdet und die Lebensführung massiv beeinträchtigt wird

So gehst du bei einer Untätigkeitsklage vor:

  1. Antrag / Widerspruch vollständig einreichen und auf Nachweise achten
  2. Frist im Kalender notieren
  3. Nach Fristablauf direkt mit einer Untätigkeitsklage beim Sozialgericht aktiv werden
  4. Dokumentiere alle Kommunikation mit dem Jobcenter
  5. Optional: Unterstützung durch Anwalt oder Sozialverband suchen

Zusammenfassung: Bürgergeld-Empfänger sollten Fristen kennen und rechtzeitig handeln

Die Zahlen belegen: Untätigkeitsklagen sind ein immer wichtigeres Instrument, um das Jobcenter zur Bearbeitung offener Ansprüche zu zwingen. Wer die Fristen kennt, seine Unterlagen vollständig einreicht und nach Ablauf der Fristen konsequent das Sozialgericht einschaltet, hat gute Chancen auf schnelle Klärung. Die Klagen sorgen auch dafür, dass die Jobcenter zunehmend gezwungen sind, effektiver zu arbeiten und die Rechte der Bürgergeld-Empfänger ernst zu nehmen.

Redakteure

  • ik

    Sozialrechtsexperte und Redakteur

    Ingo Kosick ist ein renommierter Experte im Bereich des Sozialrechts in Deutschland. Er engagiert sich seit über 30 Jahren in diesem Feld und hat sich als führende Autorität etabliert. Als Vorsitzender des Vereins Für soziales Leben e.V., der 2005 in Lüdinghausen gegründet wurde, setzt er sich für die Unterstützung von Menschen ein, die von Armut und Arbeitslosigkeit betroffen sind. Der Verein bietet über das Internet Informationen, Beratung und Unterstützung für sozial benachteiligte Menschen an. Ingo Kosick ist zudem ein zentraler Autor und Redakteur auf der Plattform buerger-geld.org, die sich auf Themen wie Bürgergeld, Sozialleistungen, Rente und Kindergrundsicherung spezialisiert hat. Seine Artikel bieten fundierte Analysen und rechtlich aufgearbeitete Informationen, die Menschen in schwierigen Lebenssituationen unterstützen sollen. Durch seine langjährige Erfahrung und sein Engagement hat Ingo Kosick maßgeblich dazu beigetragen, dass sozial benachteiligte Menschen in Deutschland besser informiert und unterstützt werden können.

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  • Peter Kosick
    Experte:

    Jurist und Redakteur

    Peter Kosick hat an der Universität Münster Rechtswissenschaften studiert und beide juristische Staatsexamen in Nordrhein-Westfalen mit Erfolg abgelegt. Er arbeitet als freiberuflicher Jurist, ist Autor verschiedener Publikationen und hält Vorträge im Bereich Arbeits- und Sozialrecht. Seit mehr als 30 Jahren engagiert er sich im sozialen Bereich und ist seit der Gründung des Vereins "Für soziales Leben e.V." dort Mitglied. Peter Kosick arbeitet in der Online Redaktion des Vereins und ist der CvD. Seinen Artikeln sieht man an, dass sie sich auf ein fundiertes juristisches Fachwissen gründen. Peter hat ebenfalls ein Herz für die Natur, ist gern "draußen" und setzt sich für den Schutz der Umwelt ein. Seine Arbeit im Redaktionsteam von buerger-geld.org gibt ihm das Gefühl,  etwas Gutes für das Gemeinwohl zu tun.

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