Die Erwerbsminderungsrente (EM-Rente) ist eine der wichtigsten Leistungen der gesetzlichen Rentenversicherung in Deutschland. Sie springt dann ein, wenn Menschen infolge schwerer Krankheit oder eines Unfalls dauerhaft nicht mehr oder nur noch eingeschränkt arbeiten können. Angesichts der steigenden Zahl gesundheitlicher Einschränkungen im Arbeitsleben kommt der Erwerbsminderungsrente eine wachsende Bedeutung zu. 2025 gab und gibt es wichtige Neuerungen, von denen Betroffene profitieren können. Dieser Beitrag erklärt verständlich Anspruch, Berechnung, Antragstellung, die neuesten gesetzlichen Änderungen hinsichtlich der Rente bei voller oder teilweiser Erwerbsminderung und gibt praktische Tipps für die optimale Absicherung.
Was ist die Erwerbsminderungsrente?
Die Erwerbsminderungsrente (EM-Rente) ist eine gesetzliche Absicherung für Arbeitnehmer und Selbstständige, deren Erwerbsfähigkeit erheblich gemindert ist. Sie gilt als Ersatz für die frühere Berufsunfähigkeitsrente und wurde 2001 als separate Rentenart eingeführt. Ziel ist, Menschen mit erheblichem gesundheitlichem Handicap ein Einkommen zu ermöglichen, wenn sie dem Arbeitsmarkt ganz oder teilweise nicht mehr zur Verfügung stehen können.
Anspruch auf Erwerbsminderungsrente: Wer bekommt die Leistung?
Um eine Erwerbsminderungsrente zu erhalten, müssen bestimmte medizinische und versicherungsrechtliche Voraussetzungen erfüllt sein:
- Erwerbsminderung: Die Erwerbsfähigkeit ist aufgrund von Krankheit oder Behinderung auf absehbare Zeit erheblich eingeschränkt.
- Voll erwerbsgemindert: Wer weniger als drei Stunden täglich auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt arbeiten kann – unabhängig vom letzten Beruf.
- Teilweise erwerbsgemindert: Wer noch drei bis unter sechs Stunden pro Tag arbeiten kann, erhält eine halbe Rente.
- Versicherungszeit: Mindestens 60 Kalendermonate (fünf Jahre) an Versicherungszeiten in der gesetzlichen Rentenversicherung, davon drei Jahre Pflichtbeiträge innerhalb der letzten fünf Jahre vor Eintritt der Erwerbsminderung.
- Altersgrenze: Die Rente kann nur bezogen werden, solange das reguläre Rentenalter noch nicht erreicht wurde.
- Medizinische Prüfung & Reha: Die Rentenversicherung prüft zunächst, ob Rehabilitationsmaßnahmen die Erwerbsfähigkeit wiederherstellen können („Reha vor Rente“) und entscheidet dann auf Basis ärztlicher Gutachten.
Unterschiede: volle Erwerbsminderungsrente – teilweise Erwerbsminderungsrente
Der Unterschied zwischen voller und teilweiser Erwerbsminderungsrente besteht sowohl in den Voraussetzungen als auch den Rechtsfolgen.
Voraussetzungen
Für die volle Erwerbsminderungsrente muss nach medizinischer Begutachtung feststehen, dass die versicherte Person aufgrund von Krankheit oder Behinderung auf absehbare Zeit nicht mehr in der Lage ist, mindestens drei Stunden täglich irgendeiner Tätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt auszuüben. Hierbei wird nicht das zuletzt ausgeübte Berufsbild bewertet, sondern jede mögliche einfache Tätigkeit.
Wer noch in der Lage ist, zwischen drei und sechs Stunden täglich zu arbeiten, erhält stattdessen die teilweise Erwerbsminderungsrente.
In beiden Fällen müssen die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen erfüllt sein: fünf Jahre Mindestversicherungszeit und drei Jahre Pflichtbeiträge innerhalb der letzten fünf Jahre vor Eintritt der Erwerbsminderung.
Rechtsfolgen
Die volle Erwerbsminderungsrente wird in voller Höhe gezahlt und sichert das Existenzminimum für Betroffene, die nahezu vollständig aus dem Erwerbsleben ausscheiden müssen. Hier gelten niedrigere Hinzuverdienstgrenzen: Wer mehr als den gesetzlichen Freibetrag hinzuverdient, muss mit einer anteiligen Kürzung der Rente rechnen.
Die teilweise Erwerbsminderungsrente wird nur zur Hälfte ausgezahlt und kann durch eine Teilzeit- oder Minijobtätigkeit ergänzt werden. Die Freibeträge für den Hinzuverdienst sind hier deutlich höher, so dass Versicherte oft noch einer Berufstätigkeit nachgehen können. Damit wird insbesondere für Menschen mit reduzierter, aber noch vorhandener Leistungsfähigkeit eine flexible Verbindung aus Erwerbstätigkeit und Rentenbezug ermöglicht.
Berechnung: So hoch ist die Erwerbsminderungsrente 2025
Die Höhe der Erwerbsminderungsrente wird durch mehrere Faktoren bestimmt:
- Persönliche Entgeltpunkte: Sie spiegeln das versicherte Einkommen und die Beitragsjahre wider.
- Zugangsfaktor: Liegt unter 1,0, wenn die Rente vor dem Regelrentenalter beginnt (Abschläge maximal 10,8 %).
- Rentenartfaktor: Für die volle EM-Rente beträgt er 1,0, für die halbe EM-Rente 0,5.
- Aktueller Rentenwert: 2025 erstmals für Ost und West einheitlich auf 40,79 € angehoben.
Beispiel:
30 Entgeltpunkte × 40,79 € × Zugangsfaktor 1,0 × Rentenartfaktor 1,0 = 1.223,70 € / Monat (volle EM-Rente).
Abzüge durch Kranken- und Pflegeversicherung (ca. 11 %) sowie ggf. Steuer müssen noch berücksichtigt werden.
Wichtige Änderungen 2025 – Höhere Hinzuverdienstgrenzen und verbesserte Zurechnungszeiten
Im Jahr 2025 treten mehrere Verbesserungen in Kraft:
- Hinzuverdienst bei voller Erwerbsminderung: Die steuerfreie Grenze steigt auf 19.661,25 € pro Jahr. Wer mehr verdient, dem werden 40% des übersteigenden Betrags auf die Rente angerechnet.
- Hinzuverdienst bei teilweiser Erwerbsminderung: Die Grenze steigt auf mindestens 39.322,50 € jährlich. Individuelle Maximalgrenzen sind bei höherem Verdienst möglich.
- Verlängerte Zurechnungszeit: Für neue EM-Renten im Jahr 2025 wird die sog. Zurechnungszeit – eine Art fiktive Anrechnungszeit bis zum höheren Alter – weiter ausgeweitet. Die Zurechnungszeit endet 2025 erst mit Vollendung des 66. Lebensjahres und 2 Kalendermonaten. Dadurch erhöht sich die monatliche Rente insbesondere für Jüngere mit Erwerbsminderung.
- Einheitlicher Rentenwert Ost/West: Ab Juli 2025 gibt es bundesweit nur noch einen Rentenwert. Das verbessert die Ansprüche in den neuen Bundesländern.
Antragstellung: Was Sie beachten müssen
Schritte zum Antrag:
- Frühzeitige Beratung bei der Deutschen Rentenversicherung oder Sozialverbänden einholen.
- Formalen Rentenantrag stellen (schriftlich oder online möglich).
- Medizinische Unterlagen und Atteste vollständig beilegen – insbesondere Berichte von Fachärzten oder zuletzt behandelnden Ärzten.
- Abwarten medizinischer Begutachtung durch den Rentenversicherungsträger.
- Bescheid beachten – ggf. Frist für Widerspruch (i.d.R. ein Monat nach Zugang).
Tipp: Auch während des Antragsverfahrens sollte eine Erwerbstätigkeit nicht voreilig beendet werden. Erst nach Rentenzuspruch sollte ggf. eine Kündigung erfolgen, damit keine Lücken im Versicherungsschutz entstehen.
Steuern, Sozialversicherung und weitere wichtige Hinweise
- Die Erwerbsminderungsrente ist steuerpflichtig, sobald der steuerliche Grundfreibetrag überschritten wird. Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung werden automatisch einbehalten.
- Private Berufsunfähigkeitsversicherungen können eine sinnvolle Ergänzung sein, um Versorgungslücken zu schließen, da die staatliche EM-Rente oft nur einen Teil des vorherigen Einkommens ersetzt.
Typische Ablehnungsgründe und Rechtsmittel
Nicht jede Antragstellung führt zum Erfolg. Häufige Ablehnungsgründe:
- Fehlende Pflichtbeiträge oder Versicherungszeiten.
- Nach Gutachten wird die Erwerbsfähigkeit als nicht hinreichend eingeschränkt bewertet.
- Unvollständige oder nicht aussagekräftige medizinische Unterlagen.
Rechtsschutz:
Wird der Antrag abgelehnt, kann innerhalb eines Monats Widerspruch eingelegt werden. Im Streitfall hilft ein Fachanwalt oder Sozialverband weiter.
Tipps für eine bessere Bewilligungschance
- Medizinische Befunde und Berichte möglichst aktuell und umfassend einreichen.
- Den Reha-Grundsatz „Reha vor Rente“ ernst nehmen und an Maßnahmen teilnehmen – dies zeigt Kooperationsbereitschaft!
- Frühzeitig beraten lassen, um Fehler im Antragsprozess zu vermeiden.
FAQ zur Erwerbsminderungsrente
Wer hat Anspruch auf Erwerbsminderungsrente?
Anspruch besteht, wenn die Erwerbsfähigkeit durch Krankheit oder Behinderung dauerhaft auf unter sechs Stunden täglich gesunken ist und mindestens fünf Jahre Beiträge in die Rentenversicherung gezahlt wurden, davon drei Jahre Pflichtbeiträge innerhalb der letzten fünf Jahre vor Eintritt der Erwerbsminderung.
Was ist der Unterschied zwischen voller und teilweiser Erwerbsminderungsrente?
Die volle EM-Rente gibt es, wenn weniger als drei Stunden täglich gearbeitet werden kann. Für eine teilweise EM-Rente muss die Arbeitsfähigkeit zwischen drei und unter sechs Stunden täglich liegen.
Wie hoch ist die Erwerbsminderungsrente?
Die Höhe hängt von den erworbenen Entgeltpunkten, dem zugrunde liegenden Rentenwert und der individuellen Zurechnungszeit ab. Bei voller EM-Rente gibt es den vollen Anspruch, bei teilweiser EM-Rente etwa die Hälfte.
Wie stelle ich einen Antrag auf Erwerbsminderungsrente?
Der Antrag erfolgt schriftlich bei der Deutschen Rentenversicherung, entweder per Formular oder online. Ärztliche Gutachten, Befunde und Versicherungsunterlagen müssen beigefügt werden.
Kann ich arbeiten und Erwerbsminderungsrente beziehen?
Ja, aber es gelten bestimmte Hinzuverdienstgrenzen. Bei voller Rente sind sie niedriger, bei teilweiser Rente dürfen deutlich höhere Beträge hinzuverdient werden.
Was passiert, wenn der Antrag abgelehnt wird?
Gegen einen Ablehnungsbescheid kann innerhalb eines Monats Widerspruch eingelegt werden. Bei weiteren Streitigkeiten hilft ein Sozialverband oder Fachanwalt.
Muss die Erwerbsminderungsrente versteuert werden?
Ja, überschreitet die Rente den steuerlichen Grundfreibetrag, ist sie einkommensteuerpflichtig. Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung werden automatisch abgezogen.
Zusammenfassung zur Erwerbsminderungsrente
Die Erwerbsminderungsrente bleibt auch 2025 eine unverzichtbare soziale Absicherung, wenn Krankheit oder Unfall das Arbeitsleben vorzeitig beenden. Die aktuellen Verbesserungen – höhere Hinzuverdienstgrenzen, eine längere Zurechnungszeit und der neue einheitliche Rentenwert – bietet Betroffenen mehr finanzielle Sicherheit. Eine sorgfältige Antragstellung, lückenlose Dokumentation und professionelle Beratung sind entscheidend für einen reibungslosen Ablauf.
Hinweis:
Alle genannten Werte und Regelungen gelten für das Jahr 2025 und können sich durch künftige Reformen ändern. Für individuelle Berechnungen und Anpassungen ist eine persönliche Beratung bei der Deutschen Rentenversicherung empfehlenswert.