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Rente ab 60 verdoppeln? Faktencheck zur Flexirente und Sonderzahlungen

Kann man mit 60 die eigene Rente wirklich verdoppeln – und das durch gezielte Weiterarbeit und Flexirentenmodelle oder gar Sonderzahlungen? Bürger & Geld, das Nachrichtenmagazin des Vereins Für soziales Leben e. V., liefert eine umfassende Analyse. Wie realistisch sind die populären Versprechen wirklich und was steckt hinter dem Flexirenten-Trend 2025?

Überblick: Das Versprechen der “verdoppelten Rente”

In sozialen Medien und Online-Ratgebern liest man immer wieder, man könne seine monatliche Rente nach dem 60. Lebensjahr und mit Flexirente – also durch Weiterarbeit über das Rentenalter hinaus – verdoppeln. Im Mittelpunkt steht dabei die gesetzliche Bonus-Regelung von 0,5 % pro Monat späteren Rentenbeginn und der Zuwachs durch freiwillige Sonderzahlungen. Doch hält dieses Versprechen einer Überprüfung stand?

Unsere Einschätzung vorab

Eine Verdopplung der gesetzlichen Rente ab 60 Jahren allein durch Flexirente, Weiterarbeit und die Sonderregelung von 0,5 % mehr Rente pro Monat ist in der Praxis meist unrealistisch – zwar bietet das System theoretische Möglichkeiten der deutlichen Steigerung, doch die konkreten Voraussetzungen, finanziellen und steuerlichen Rahmenbedingungen sowie die maximal erzielbare Zusatzrente stehen dem häufig entgegen und sorgen dafür, dass entsprechende Marketingversprechen kritisch hinterfragt werden sollten.

Flexirente: Modell, Chancen und Realität

Was ist die Flexirente?

Die Flexirente ist kein eigenes Rentenmodell, sondern fasst mehrere Möglichkeiten zusammen, Ruhestand und Arbeit flexibel zu kombinieren. Wer nach Erreichen der Regelaltersgrenze weiterarbeitet, winkt ein monatlicher Rentenzuschlag von 0,5 % für jeden Monat, in dem der Rentenbeginn verschoben wird – plus zusätzlicher Zuwachs durch weitere Beitragszahlungen.

Voraussetzungen und Steuerliche Aspekte

  • Für die Flexirente muss mindestens die Regelaltersgrenze erreicht sein, alternativ kann mit 63 bei 35 Versicherungsjahren eine vorgezogene Altersrente starten, jedoch mit Abschlägen.
  • Sämtliche Hinzuverdienste sind seit 2023 unbegrenzt möglich, aber steuerlich relevant, sodass der steuerbare Anteil der Rente steigt.

Rechnerische Verdopplung – ein Mythos?

Allein durch den verspäteten Rentenbeginn wären für eine Verdopplung der Rente 100 % Zuschlag nötig; dies entspräche einem 16-jährigen Aufschub, da pro Jahr 6 % hinzukommen. In der Realität sind nur wenige Versicherte bereit und in der Lage, so lange zu arbeiten – schon der Aufschub um 2–3 Jahre bewirkt im Vergleich mit den Versprechungen oft nur eine moderate Steigerung.

Sonderzahlungen: Wirklich ein Turbo für die Rente?

Funktionsweise und Möglichkeiten

  • Sonderzahlungen dienen meist dem Ausgleich von Abschlägen bei frühzeitigem Rentenbeginn; gezielt können Rentenpunkte gekauft werden, um die Rente nachhaltig zu erhöhen.
  • Bei Einmalzahlungen erhöht sich die spätere monatliche Rente umgerechnet um die zusätzlich erworbenen Rentenpunkte – eine Rückzahlung der Sonderzahlungen ist nicht möglich.

Realistische Einschätzungen

  • Die maximal erzielbare Rente hängt von der individuellen Beitragsbiografie und vom aktuellen Rentenwert ab, Sonderzahlungen sind nicht unbegrenzt möglich und ihre Wirkung limitiert.
  • Ohne hohe eigene finanzielle Mittel oder eine überdurchschnittliche Erwerbsbiografie bleiben die “Verdopplungsfälle” echte Ausnahmen.

Steuer, Sozialabgaben und Nettoeffekt

Oft wird übersehen, dass der Zuwachs der Bruttorente durch Flexirente und Weiterarbeit groß erscheinen mag, netto aber Steuern sowie Sozialversicherungsbeiträge den Effekt erheblich schmälern können – insbesondere bei höheren Einkünften.

FAQ zum Thema Flexirente und Sonderzahlungen

Kann jeder seine Rente verdoppeln?

Nein, die Verdopplung ist rechnerisch in seltenen Extremfällen möglich, praktisch aber durch die Voraussetzungen und Begrenzungen meist ausgeschlossen.

Lohnen sich Sonderzahlungen?

Für Gutverdiener und Menschen mit realistischen Chancen auf eine hohe Rentenanwartschaft können sie sich lohnen, insbesondere zur Abschlagsminderung – für Durchschnittsverdiener bleibt der Effekt oft begrenzt.

Gibt es Risiken?

Für Gutverdiener und Menschen mit realistischen Chancen auf eine hohe Rentenanwartschaft können sie sich lohnen, insbesondere zur Abschlagsminderung – für Durchschnittsverdiener bleibt der Effekt oft begrenzt.

Wie viel bringt jeder Monat länger arbeiten wirklich?

Nur 0,5 % Zuschlag pro Monat, maximal also 6 % im Jahr, plus zusätzliche Rentenpunkte durch Beiträge – aber keine Verdopplung nach wenigen Jahren.

Was ist bei Frührente mit Flexirente zu beachten?

Wer früh in Rente geht, muss hohe dauerhaft Abzüge hinnehmen, die sich nur durch massive Sonderzahlungen mindern lassen.

Fazit: Realismus vor Wunschdenken

Das Versprechen, die gesetzliche Rente mit 60 durch Flexirente und Sonderzahlungen zu verdoppeln, ist – nüchtern betrachtet – ein rechnerischer Marketing-Hype. Möglich ist eine Verbesserung, speziell für leistungsbereite und einkommensstarke Versicherte. Für die überwiegende Mehrheit ist das Ziel jedoch real nicht erreichbar – eine genaue, individuelle Berechnung und Beratung bleiben essentiell.

Redakteure

  • Peter Kosick

    Jurist und Redakteur

    Peter Kosick hat an der Universität Münster Rechtswissenschaften studiert und beide juristische Staatsexamen in Nordrhein-Westfalen mit Erfolg abgelegt. Er arbeitet als freiberuflicher Jurist, ist Autor verschiedener Publikationen und hält Vorträge im Bereich Arbeits- und Sozialrecht. Seit mehr als 30 Jahren engagiert er sich im sozialen Bereich und ist seit der Gründung des Vereins "Für soziales Leben e.V." dort Mitglied. Peter Kosick arbeitet in der Online Redaktion des Vereins und ist der CvD. Seinen Artikeln sieht man an, dass sie sich auf ein fundiertes juristisches Fachwissen gründen. Peter hat ebenfalls ein Herz für die Natur, ist gern "draußen" und setzt sich für den Schutz der Umwelt ein. Seine Arbeit im Redaktionsteam von buerger-geld.org gibt ihm das Gefühl,  etwas Gutes für das Gemeinwohl zu tun.

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  • ik
    Experte:

    Sozialrechtsexperte und Redakteur

    Ingo Kosick ist ein renommierter Experte im Bereich des Sozialrechts in Deutschland. Er engagiert sich seit über 30 Jahren in diesem Feld und hat sich als führende Autorität etabliert. Als Vorsitzender des Vereins Für soziales Leben e.V., der 2005 in Lüdinghausen gegründet wurde, setzt er sich für die Unterstützung von Menschen ein, die von Armut und Arbeitslosigkeit betroffen sind. Der Verein bietet über das Internet Informationen, Beratung und Unterstützung für sozial benachteiligte Menschen an. Ingo Kosick ist zudem ein zentraler Autor und Redakteur auf der Plattform buerger-geld.org, die sich auf Themen wie Bürgergeld, Sozialleistungen, Rente und Kindergrundsicherung spezialisiert hat. Seine Artikel bieten fundierte Analysen und rechtlich aufgearbeitete Informationen, die Menschen in schwierigen Lebenssituationen unterstützen sollen. Durch seine langjährige Erfahrung und sein Engagement hat Ingo Kosick maßgeblich dazu beigetragen, dass sozial benachteiligte Menschen in Deutschland besser informiert und unterstützt werden können.

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