Überblick: Das Versprechen der “verdoppelten Rente”
In sozialen Medien und Online-Ratgebern liest man immer wieder, man könne seine monatliche Rente nach dem 60. Lebensjahr und mit Flexirente – also durch Weiterarbeit über das Rentenalter hinaus – verdoppeln. Im Mittelpunkt steht dabei die gesetzliche Bonus-Regelung von 0,5 % pro Monat späteren Rentenbeginn und der Zuwachs durch freiwillige Sonderzahlungen. Doch hält dieses Versprechen einer Überprüfung stand?
Unsere Einschätzung vorab
Eine Verdopplung der gesetzlichen Rente ab 60 Jahren allein durch Flexirente, Weiterarbeit und die Sonderregelung von 0,5 % mehr Rente pro Monat ist in der Praxis meist unrealistisch – zwar bietet das System theoretische Möglichkeiten der deutlichen Steigerung, doch die konkreten Voraussetzungen, finanziellen und steuerlichen Rahmenbedingungen sowie die maximal erzielbare Zusatzrente stehen dem häufig entgegen und sorgen dafür, dass entsprechende Marketingversprechen kritisch hinterfragt werden sollten.
Flexirente: Modell, Chancen und Realität
Was ist die Flexirente?
Die Flexirente ist kein eigenes Rentenmodell, sondern fasst mehrere Möglichkeiten zusammen, Ruhestand und Arbeit flexibel zu kombinieren. Wer nach Erreichen der Regelaltersgrenze weiterarbeitet, winkt ein monatlicher Rentenzuschlag von 0,5 % für jeden Monat, in dem der Rentenbeginn verschoben wird – plus zusätzlicher Zuwachs durch weitere Beitragszahlungen.
Voraussetzungen und Steuerliche Aspekte
- Für die Flexirente muss mindestens die Regelaltersgrenze erreicht sein, alternativ kann mit 63 bei 35 Versicherungsjahren eine vorgezogene Altersrente starten, jedoch mit Abschlägen.
- Sämtliche Hinzuverdienste sind seit 2023 unbegrenzt möglich, aber steuerlich relevant, sodass der steuerbare Anteil der Rente steigt.
Rechnerische Verdopplung – ein Mythos?
Allein durch den verspäteten Rentenbeginn wären für eine Verdopplung der Rente 100 % Zuschlag nötig; dies entspräche einem 16-jährigen Aufschub, da pro Jahr 6 % hinzukommen. In der Realität sind nur wenige Versicherte bereit und in der Lage, so lange zu arbeiten – schon der Aufschub um 2–3 Jahre bewirkt im Vergleich mit den Versprechungen oft nur eine moderate Steigerung.
Sonderzahlungen: Wirklich ein Turbo für die Rente?
Funktionsweise und Möglichkeiten
- Sonderzahlungen dienen meist dem Ausgleich von Abschlägen bei frühzeitigem Rentenbeginn; gezielt können Rentenpunkte gekauft werden, um die Rente nachhaltig zu erhöhen.
- Bei Einmalzahlungen erhöht sich die spätere monatliche Rente umgerechnet um die zusätzlich erworbenen Rentenpunkte – eine Rückzahlung der Sonderzahlungen ist nicht möglich.
Realistische Einschätzungen
- Die maximal erzielbare Rente hängt von der individuellen Beitragsbiografie und vom aktuellen Rentenwert ab, Sonderzahlungen sind nicht unbegrenzt möglich und ihre Wirkung limitiert.
- Ohne hohe eigene finanzielle Mittel oder eine überdurchschnittliche Erwerbsbiografie bleiben die “Verdopplungsfälle” echte Ausnahmen.
Steuer, Sozialabgaben und Nettoeffekt
Oft wird übersehen, dass der Zuwachs der Bruttorente durch Flexirente und Weiterarbeit groß erscheinen mag, netto aber Steuern sowie Sozialversicherungsbeiträge den Effekt erheblich schmälern können – insbesondere bei höheren Einkünften.
FAQ zum Thema Flexirente und Sonderzahlungen
Kann jeder seine Rente verdoppeln?
Nein, die Verdopplung ist rechnerisch in seltenen Extremfällen möglich, praktisch aber durch die Voraussetzungen und Begrenzungen meist ausgeschlossen.
Lohnen sich Sonderzahlungen?
Für Gutverdiener und Menschen mit realistischen Chancen auf eine hohe Rentenanwartschaft können sie sich lohnen, insbesondere zur Abschlagsminderung – für Durchschnittsverdiener bleibt der Effekt oft begrenzt.
Gibt es Risiken?
Für Gutverdiener und Menschen mit realistischen Chancen auf eine hohe Rentenanwartschaft können sie sich lohnen, insbesondere zur Abschlagsminderung – für Durchschnittsverdiener bleibt der Effekt oft begrenzt.
Wie viel bringt jeder Monat länger arbeiten wirklich?
Nur 0,5 % Zuschlag pro Monat, maximal also 6 % im Jahr, plus zusätzliche Rentenpunkte durch Beiträge – aber keine Verdopplung nach wenigen Jahren.
Was ist bei Frührente mit Flexirente zu beachten?
Wer früh in Rente geht, muss hohe dauerhaft Abzüge hinnehmen, die sich nur durch massive Sonderzahlungen mindern lassen.
Fazit: Realismus vor Wunschdenken
Das Versprechen, die gesetzliche Rente mit 60 durch Flexirente und Sonderzahlungen zu verdoppeln, ist – nüchtern betrachtet – ein rechnerischer Marketing-Hype. Möglich ist eine Verbesserung, speziell für leistungsbereite und einkommensstarke Versicherte. Für die überwiegende Mehrheit ist das Ziel jedoch real nicht erreichbar – eine genaue, individuelle Berechnung und Beratung bleiben essentiell.