Neue Grundsicherung für Arbeitsuchende soll neue Einkommensanrechnung bringen
Die geplante Bürgergeld – Reform hin zu Neue Grundsicherung für Arbeitsuchende könnte eine bedeutende Änderung bei der Einkommensanrechnung mit sich bringen: Für Zuverdienste bis 2.000 Euro sollen künftig pauschal 70 Prozent angerechnet werden, was einen deutlich höheren Freibetrag für viele Erwerbstätige bedeuten würde.
Ursprung des Vorschlags für neue Einkommensfreibeträge beim Bürgergeld
Der Reformvorschlag zur neuen Einkommensanrechnung stammt von Experten des ifo-Instituts und des Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW), die im Auftrag des Bundesarbeitsministeriums ein neues Konzept erarbeitet haben. Ziel ist es, mehr Menschen den Anreiz zu geben, eine Arbeit aufzunehmen und ihre Einkünfte zu steigern, ohne dass das Bürgergeld zu schnell gekürzt wird.
Das neue Berechnungsmodell der Einkommensfreibeträge Neue Grundsicherung
Die Änderung betrifft vor allem den sogenannten Hinzuverdienst-Freibetrag: Statt wie bisher ab ca. 1.000 Euro nur einen sehr kleinen Teil des Einkommens behalten zu dürfen, profitieren künftig alle, die bis zu 2.000 Euro monatlich verdienen. Die Staffelung sieht wie folgt aus:
- Bis 100 Euro: vollständig anrechnungsfrei
- 101 bis 520 Euro: 20 Prozent Freibetrag, 80 Prozent Anrechnung
- 521 bis 2.000 Euro: 30 Prozent Freibetrag, 70 Prozent Anrechnung (neu)
- Über 2.000 Euro: 35 Prozent Freibetrag, 65 Prozent Anrechnung (ebenfalls neu)
Vorteile der Bürgergeld Reform
- Erhebliche Entlastung für Bürgergeld-Aufstocker mit mittlerem Einkommen, insbesondere für Alleinverdiener und Familien.
- Höhere Arbeitsanreize: Wer mehr arbeitet und verdient, kann künftig mehr Geld behalten, wodurch sich Arbeit wieder mehr lohnt.
- Entlastung der Staatskasse auf lange Sicht, da mehr Menschen den Schritt aus der Grundsicherung schaffen sollen.
- Einfachere Regelungen: Die neue Staffelung ist transparenter und nachvollziehbarer.
Nachteile und Kritikpunkte
- Kurzfristig entstehen höhere Kosten für den Staat, da die Bürgergeldbezieher mehr erhalten und die Ausgaben steigen könnten.
- Es besteht die Gefahr, dass die Reform zu geringe Anreize für vollständige Erwerbstätigkeit bietet – einige könnten in Teilzeit oder Niedriglohnjobs verharren, solange ein Bürgergeldanspruch besteht.
- Die Reform betrifft vor allem diejenigen mit mittlerem Einkommen; Menschen mit sehr niedrigen oder sehr hohen Einkommen profitieren weniger.
- Neue Komplexitäten bei der Berechnung könnten Jobcenter vor Herausforderungen stellen, obwohl die Grundidee auf Vereinfachung setzt.
Tabelle: neue Freibeträge beim Bürgergeld / Neue Grundsicherung (lt. Vorschlag)
Bruttoeinkommen | Freibetrag | Anrechnungsprozentsatz |
---|---|---|
bis 100 Euro | 100 Euro | 0 % |
101 – 520 Euro | 20% des Einkommens | 80 % |
521 – 2.000 Euro | 30% des Einkommens | 70 % |
über 2.000 Euro | 35% des Einkommens | 65 % |
Berechnungsbeispiele: Neue Einkommensfreibeträge Bürgergeld / Neue Grundsicherung für Arbeitsuchende
Hier sind Berechnungsbeispiele zu den geplanten neuen Einkommensfreibeträgen beim Bürgergeld, jeweils für Singles, Ehepaare und Familien mit 2 beziehungsweise 3 Kindern, anhand typischer Szenarien und aktueller Regelsätze
Beispiel 1: Bürgergeld Single
Eckdaten:
- Bruttoverdienst: 1.500 Euro
- Bürgergeld-Regelsatz: 563 Euro
- Unterkunftskosten: 405 Euro
Berechnung der Freibeträge:
- 100 Euro (Grundfreibetrag): nicht angerechnet
- 1.400 Euro (1.500 Euro – 100 Euro): hiervon 30 % anrechnungsfrei im geplanten Modell (70 % angerechnet)
- Freibetrag: 100 + 0,3 × 1.400 = 100 + 420 = 520 Euro
- Das Bürgergeld wird entsprechend reduziert, und es verbleiben 950 Euro anrechnungsfreies Einkommen (nach Bürgergeld-Anrechnung).
Beispiel 2: Bürgergeld Ehepaar
Eckdaten:
- Bruttoverdienst (beider Partner zusammen): 2.000 Euro
- Bürgergeld-Regelsatz: 1.012 Euro
- Unterkunftskosten: 544 Euro
Berechnung der Freibeträge:
- 100 Euro (Grundfreibetrag)
- 1.900 Euro (2.000 Euro – 100 Euro): davon 30% anrechnungsfrei = 570 Euro
- Gesamter Freibetrag: 100 + 570 = 670 Euro
- Bürgergeldanspruch mindert sich entsprechend, es verbleiben 1.330 Euro anrechnungsfreies Einkommen.
Beispiel 3: Bürgergeld Familie mit 2 Kindern
Eckdaten:
- Bruttoverdienst: 2.110 Euro (Vollzeit Mindestlohn), Kindergeld: 510 Euro, Regelsatz: 2.620 Euro, Unterkunftskosten: 861 Euro
Berechnung der Freibeträge:
- 100 Euro (Grundfreibetrag)
- 2.010 Euro (2.110 Euro – 100 Euro): davon 30% = 603 Euro
- Gesamter Freibetrag: 100 + 603 = 703 Euro
- Nach Bürgergeld-Anrechnung verbleibt 1.407 Euro (anrechnungsfreies Einkommen + Kindergeld).
Beispiel 4: Bürgergeld Familie mit 3 Kindern
Eckdaten:
- Bruttoverdienst: 2.500 Euro
- Kindergeld: 765 Euro
- Regelsatz: 3.304 Euro
- Unterkunftskosten: 1.074 Euro
Berechnung der Freibeträge:
- 100 Euro (Grundfreibetrag)
- 2.400 Euro (2.500 – 100): davon 30% = 720 Euro
- Gesamter Freibetrag: 100 + 720 = 820 Euro
- Verbleibendes, anrechnungsfreies Einkommen inkl. Kindergeld: 1.585 Euro.
Übersichtstabelle: Einkommensfreibeträge Neue Grundsicherung für Arbeitssuchende / Bürgergeld
Haushaltstyp | Bruttoeinkommen | Kindergeld | Gesamter Freibetrag | Bürgergeld-Regelsatz | Unterkunftskosten |
---|---|---|---|---|---|
Single | 1.500 € | – | 520 € | 563 € | 405 € |
Ehepaar | 2.000 € | – | 670 € | 1.012 € | 544 € |
Familie, 2 Kinder | 2.110 € | 510 € | 703 € | 2.620 € | 861 € |
Familie, 3 Kinder | 2.500 € | 765 € | 820 € | 3.304 € | 1.074 € |
Diese Beispiele verdeutlichen, wie sich die möglichen neuen Freibetragsregelungen je nach Haushaltsgröße und Einkommen auswirken und spürbare Vorteile für Erwerbstätige im Bürgergeld-Bezug bringen könnten.
Fazit: Neue Zuverdienstgrenzen bei der Grundsicherung / Bürgergeld – ein Gewinn?!
Die Reform zur Einkommensanrechnung beim Bürgergeld könnte deutliche neue Anreize für Arbeit mit sich bringen. Außerdem könnte sie die finanzielle Situation vieler Bezieher verbessern. Die vorgeschlagenen Maßnahmen sollten mittel- bis langfristig auch den Staat entlasten, da mehr Menschen nachhaltigen Zugang zum Arbeitsmarkt erhalten würden. Kritisch bleibt abzuwarten, inwieweit die von Experten vorgeschlagene Vereinfachung bei der Einkommensanrechnung tatsächlich Gesetzt werden wird. Bisher ist nichts entschieden. Vieles wird auch von der Arbeit der neuen Sozialstaatskommission abhängen, die im September 2025 ihre Arbeit aufnimmt.