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Rentenzuschlag ab Dezember: Wer verliert durch die neue Umstellung?

Ab Dezember wird der Rentenzuschlag von 7,5 Prozent in die reguläre Rentenberechnung integriert – doch nicht alle Rentnerinnen und Rentner profitieren davon gleichermaßen. Welche Gruppen künftig Einbußen hinnehmen müssen, warum sich das Modell ändert und welche finanziellen Folgen dies hat, lesen Sie im folgenden Expertenartikel hier bei Bürger & Geld, dem Nachrichtenmagazin des Vereins Für soziales Leben e. V.

Hintergrund: Der Rentenzuschlag von 7,5 Prozent

Der Rentenzuschlag von 7,5 Prozent wurde eingeführt, um insbesondere langjährig Versicherte, die bereits vor der Rentenreform 2023 in Rente gegangen sind, besserzustellen. Ziel war es, diese sogenannten „Bestandsrentner“ mit den Neurentnern gleichzustellen, da es zuvor zu Ungleichheiten in der Rentenberechnung gekommen war.

Mit Wirkung zum 1. Dezember 2025 wird dieser Zuschlag nun strukturell in die reguläre Rente integriert. Das bedeutet: Der separate Rentenzuschlag entfällt, und die Rente wird neu berechnet. Auf den ersten Blick scheint dies eine reine Vereinfachung zu sein. Doch die Auswirkungen auf verschiedene Rentnergruppen sind höchst unterschiedlich.

Welche Rentengruppe verliert durch die Neuregelung?

Die entscheidende Frage lautet: Wer profitiert, und wer muss Nachteile hinnehmen?

Grundsätzlich gilt: Personen, die bisher vom 7,5-Prozent-Zuschlag profitiert haben, verlieren gegenüber der alten Regelung teilweise an Vorteil, weil die Einbeziehung in die reguläre Rentenberechnung auch steuerliche und sozialabgabenrechtliche Konsequenzen hat.

Besonders betroffen:

  • Rentnerinnen und Rentner mit geringer steuerlicher Belastung bisher
    Wer bisher nur eine kleine Rente plus Zuschlag erhielt, musste diesen Zuschlag oft nicht voll versteuern, da er in vielen Fällen nicht zur Steuerpflicht führte. Durch die Integration in die reguläre Rente steigt nun das zu versteuernde Renteneinkommen. Das bedeutet: Der effektive Vorteil des Zuschlags sinkt, weil mehr Besteuerung anfallen kann.
  • Rentner mit Krankenkassenpflicht
    Für pflichtversicherte Rentner in der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung gilt: Auf die reguläre Bruttorente werden Beiträge fällig. Bisher war der Zuschlag zwar auch beitragspflichtig, allerdings gab es Gestaltungsspielräume. Nun, da der Zuschlag vollständig im Rentenbetrag aufgeht, fließt er automatisch in die Bemessungsgrundlage. Das heißt: Ein höherer Kranken- und Pflegeversicherungsbeitrag schmälert den realen Nutzen.
  • Einkommensnahe Sonderregelungen
    Auch dort, wo Sozialleistungen wie die Grundsicherung im Alter oder Wohngeld abhängig vom Einkommen berechnet werden, kann es zu Nachteilen kommen. Durch die Integration wird die Rente im Sozialrecht als höheres Einkommen bewertet – auch wenn die reale Kaufkraft nicht ansteigt. Für manche könnte das bedeuten, dass Ansprüche auf ergänzende Sozialleistungen gekürzt oder gestrichen werden.
  • Hinterbliebene mit Witwen- oder Witwerrente
    Bei Hinterbliebenenrenten spielt die Einkommensanrechnung eine große Rolle. Wenn die Haupt­rente durch die Integration formal höher ausfällt, wird dies voll auf die Witwen- oder Witwerrente angerechnet. Somit können Hinterbliebene Verlust bei der Ausgleichszahlung erleiden.

Wer profitiert trotz allem?

Nicht alle Rentnergruppen sind Verlierer. Einige profitieren von der Umstellung:

  • Neurentner ab Dezember 2025 erhalten die Rentensteigerung sofort automatisch. Es gibt keine komplizierte Zuschlagssystematik mehr.
  • Personen mit hohen Rentenwerten sehen oft keine Verschlechterung, da die Integration steuerlich und beitragsrechtlich ohnehin nur eine Verschiebung ist.
  • Rentner mit freiwilliger Krankenversicherung spüren unter Umständen kaum Unterschiede, wenn ihre Beitragssätze pauschal berechnet werden.

Warum wird die Änderung eingeführt?

Die Bundesregierung und die Deutsche Rentenversicherung argumentieren vor allem mit Verwaltungsvereinfachung und Transparenz. Der Zuschlag von 7,5 Prozent war als Sonderregelung stets mit einem hohen Verwaltungsaufwand verbunden. Durch die Einbeziehung in die reguläre Rente soll die Berechnung verständlicher und langfristig stabiler werden.

Kritiker hingegen sehen darin eine „versteckte Kürzung“, da bestimmte Rentnergruppen – vor allem jene, die auf ergänzende Leistungen angewiesen sind – nicht mehr den vollen Vorteil spüren.

Beispielrechnungen

Um die Auswirkungen greifbarer zu machen, hier zwei vereinfachte Rechenbeispiele:

Beispiel 1 – Kleine Rente

  • Bisherige Rente: 950 Euro
  • Zuschlag 7,5%: +71,25 Euro
  • Gesamtbetrag bisher: 1.021,25 Euro
  • Nach Integration: 1.021,25 Euro als offizielle Rente → höhere Steuer- und Beitragsanrechnung
  • Effektiv verbleiben: ca. 1.000 Euro netto
    Nachteil: rund 20 Euro pro Monat

Beispiel 2 – Höhere Rente

  • Bisherige Rente: 1.600 Euro
  • Zuschlag 7,5%: +120 Euro
  • Gesamtbetrag bisher: 1.720 Euro
  • Nach Integration: 1.720 Euro als reguläre Rente
  • Effekte: ähnlich hoch, aber steuerlich ohnehin bereits voll berücksichtigt
    Kein Nachteil erkennbar

Diese Beispiele zeigen: Besonders kleine bis mittlere Renten werden durch die Integration stärker belastet.

Gesellschaftliche Folgen

Die Reform trifft vor allem die, die ohnehin knapp über der Armutsgrenze leben. Schon heute liegt die Armutsgefährdungsquote von Rentnerhaushalten in Deutschland bei über 16 Prozent. Durch die Neuregelung könnte diese Zahl weiter steigen, insbesondere bei Frauen, die häufiger niedrige Renten beziehen.

Politische Kritik

Verbraucherschützer und Sozialverbände warnen:

  • Die Reform sei ino transparent kommuniziert worden.
  • Viele Betroffene fühlen sich überrumpelt, weil die Auswirkungen erst mit der Umsetzung sichtbar werden.
  • Forderung nach einem Nachteilsausgleich für die besonders betroffenen Rentnergruppen.

FAQ

Was passiert ab Dezember genau mit dem Zuschlag?

Der Zuschlag wird abgeschafft und fest in die Rente integriert. Rentner erhalten keinen gesonderten Posten mehr auf dem Rentenbescheid.

Müssen alle Rentner mit Verlust rechnen?

Nein. Besonders betroffen sind Geringverdiener, Hinterbliebene und Beziehende von Grundsicherung. Viele andere merken kaum Änderungen.

Wird die Rente dadurch insgesamt kleiner?

Der Auszahlungsbetrag ändert sich formal nicht. Allerdings können Steuern und Sozialabgaben den Nettoeinkommenseffekt reduzieren.

Können Widersprüche eingelegt werden?

Grundsätzlich nicht, da es sich um eine gesetzliche Änderung handelt. Allerdings können Härtefallregelungen im Bereich Sozialleistungen geprüft werden.

Fazit

Die Integration des Rentenzuschlags von 7,5 Prozent in die reguläre Rente klingt nach einer administrativen Vereinfachung, entpuppt sich jedoch für viele Rentner als finanzieller Nachteil. Besonders gefährdet sind Geringverdiener, Witwen und Witwer sowie Personen, die ergänzende Sozialleistungen beziehen. Während Neurentner und höhere Renten kaum Verluste spüren, könnten vulnerable Gruppen deutlich belastet werden.

Eine faire Lösung wäre nur möglich, wenn flankierende sozialpolitische Maßnahmen eingeführt würden – etwa eine Freigrenze bei der Einkommensanrechnung oder Steuererleichterungen für kleine Renten. Ohne solche Korrekturen ist die Integration des Rentenzuschlags eine versteckte Rentenkürzung für die Schwächsten.

Redakteure

  • Peter Kosick

    Jurist und Redakteur

    Peter Kosick hat an der Universität Münster Rechtswissenschaften studiert und beide juristische Staatsexamen in Nordrhein-Westfalen mit Erfolg abgelegt. Er arbeitet als freiberuflicher Jurist, ist Autor verschiedener Publikationen und hält Vorträge im Bereich Arbeits- und Sozialrecht. Seit mehr als 30 Jahren engagiert er sich im sozialen Bereich und ist seit der Gründung des Vereins "Für soziales Leben e.V." dort Mitglied. Peter Kosick arbeitet in der Online Redaktion des Vereins und ist der CvD. Seinen Artikeln sieht man an, dass sie sich auf ein fundiertes juristisches Fachwissen gründen. Peter hat ebenfalls ein Herz für die Natur, ist gern "draußen" und setzt sich für den Schutz der Umwelt ein. Seine Arbeit im Redaktionsteam von buerger-geld.org gibt ihm das Gefühl,  etwas Gutes für das Gemeinwohl zu tun.

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  • ik
    Experte:

    Sozialrechtsexperte und Redakteur

    Ingo Kosick ist ein renommierter Experte im Bereich des Sozialrechts in Deutschland. Er engagiert sich seit über 30 Jahren in diesem Feld und hat sich als führende Autorität etabliert. Als Vorsitzender des Vereins Für soziales Leben e.V., der 2005 in Lüdinghausen gegründet wurde, setzt er sich für die Unterstützung von Menschen ein, die von Armut und Arbeitslosigkeit betroffen sind. Der Verein bietet über das Internet Informationen, Beratung und Unterstützung für sozial benachteiligte Menschen an. Ingo Kosick ist zudem ein zentraler Autor und Redakteur auf der Plattform buerger-geld.org, die sich auf Themen wie Bürgergeld, Sozialleistungen, Rente und Kindergrundsicherung spezialisiert hat. Seine Artikel bieten fundierte Analysen und rechtlich aufgearbeitete Informationen, die Menschen in schwierigen Lebenssituationen unterstützen sollen. Durch seine langjährige Erfahrung und sein Engagement hat Ingo Kosick maßgeblich dazu beigetragen, dass sozial benachteiligte Menschen in Deutschland besser informiert und unterstützt werden können.

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