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Finanznot und Wartefrust: Was tun, wenn das Jobcenter ewig für das Bürgergeld braucht?

Wer kein Geld mehr hat und das Jobcenter ewig für die Bewilligung des Bürgergeld-Antrags braucht, steht schnell vor existenziellen Problemen. Doch es gibt Mittel und Wege, die finanzielle Durststrecke zu überbrücken und das Nötigste abzusichern – solange wichtige Schritte rechtzeitig eingeleitet werden. Einzelheiten hier in folgendem Artikel auf Bürger & Geld, dem Nachrichtenmagazin des Vereins Für soziales Leben e.V.!

Warum dauert die Bearbeitung so lange?

Die Jobcenter haben gesetzlich bis zu sechs Monate Zeit, einen Antrag auf Bürgergeld (Grundsicherung für Arbeitsuchende) zu bearbeiten. Meist dauert es aber „nur“ mehrere Wochen. Entscheidend: Die Frist beginnt erst zu laufen, wenn wirklich alle Unterlagen vollständig vorliegen. Verzögerungen entstehen vor allem dadurch, dass weitere Nachweise angefordert werden – oftmals per Post, was den Prozess zusätzlich in die Länge zieht.

Selbst wenn die Bewilligung sich länger hinzieht, gilt: Anspruch besteht in aller Regel rückwirkend ab dem Monat der Antragstellung. Allerdings hilft das Betroffenen wenig, wenn akute Zahlungsnöte bestehen.

Welche Möglichkeiten gibt es, die Wartezeit zu überbrücken?

1. Bürgergeld-Vorschuss beantragen (§ 42 SGB I):
Wer unverschuldet auf das Geld wartet und bereits klar hilfebedürftig ist, kann einen Vorschuss beim Jobcenter anfordern. Der Vorschuss ist eine Ermessensleistung und überbrückt die Zeit bis zur endgültigen Bewilligung. Die Auszahlungshöhe ist nicht festgelegt, liegt aber meist deutlich unter der eigentlichen Regelleistung. Nach erfolgreicher Bewilligung wird der Vorschuss mit den rückwirkend gezahlten Bürgergeld-Leistungen verrechnet.

2. Unterstützung durch Sozialkaufhäuser, Tafeln oder Beratungsstellen:
Viele Städte bieten Notfallversorgung mit Lebensmitteln, Gutscheinen oder Sachleistungen über soziale Hilfen, Kirchen und unabhängige Beratungsstellen. Ein Beratungsgespräch ist häufig kostenlos und hilft, auf regionale Angebote aufmerksam zu machen.

3. Notfallkredite oder Darlehen:
In besonderen Härtefällen können beim Jobcenter auch zinslose Darlehen beantragt werden. Das betrifft zum Beispiel Situationen, in denen Wohnungslosigkeit oder Energiesperren drohen. Diese Gelder sind allerdings zweckgebunden und müssen zurückgezahlt werden.

Praxis-Tipp: So wird ein Vorschuss beantragt

  • Schriftlich einen formlosen Antrag beim Jobcenter einreichen („Hiermit beantrage ich einen Vorschuss nach § 42 Abs. 1 SGB I aufgrund akuter Mittellosigkeit und laufender Bearbeitung meines Bürgergeld-Antrags.“).
  • Nachweise zur Notlage (Kontoauszüge, Zahlungsrückstände, Drohungen zur Stromsperre/Mietkündigung) beifügen.
  • Wichtig: Persönlich vorsprechen oder nachhaken, falls trotz Antrag keine Reaktion erfolgt.

Was tun, wenn auch der Vorschuss verweigert wird?

Lehnt das Jobcenter einen Vorschuss ab oder verzögert sich die Bearbeitung weiterhin, kann man sich an eine Sozialberatungsstelle wenden. In letzter Konsequenz hilft eine „Untätigkeitsklage“ vor dem Sozialgericht weiter, insbesondere wenn die Bearbeitungsfristen überschritten sind – eine juristische Beratung (z. B. durch den Sozialverband Deutschland oder Erwerbslosenberatungen) ist sehr empfehlenswert.

Tabelle: Wege zur Überbrückung bei ausstehendem Bürgergeld

MaßnahmeVoraussetzungenErfolgschance/Besonderheiten
Vorschuss beim JobcenterAntrag gestellt, Notlage, Bearbeitung dauert übermäßig langeMeist zeitlich und betragsmäßig begrenzt, schriftlich beantragen
Unterstützung SozialdiensteAkute HilfsbedürftigkeitSachleistungen, Lebensmittel, Gutscheine – regional sehr verschieden
Darlehen JobcenterDrohende Wohnungslosigkeit, EnergiesperreZweckgebunden, rückzahlbar
Untätigkeitsklage (Sozialgericht)Antrag > 6 Monate unbearbeitetNur für längere Verzögerungen geeignet, juristische Beratung ratsam
Privat geliehenes Geld/ kleine NebenjobsPersönliche Kontakte/ kurzfristige Mini-JobsRisiko beachten, Nebeneinkommen angeben und verrechnen lassen!

FAQ: Bürgergeld-Antrag zieht sich – was tun?

Wie lange dauert die Bearbeitung im Jobcenter wirklich?

Oft mehrere Wochen, maximal aber sechs Monate. Verzögert sich die Zahlung über diesen Zeitraum hinaus, kann man rechtlich gegen das Jobcenter vorgehen.

Geht die Leistung rückwirkend verloren, wenn die Bearbeitung lange dauert?

Nein. Bürgergeld wird immer rückwirkend ab dem Antragsmonat gezahlt – allerdings hilft das nicht, wenn man im Moment mittellos ist.

Kann wirklich jeder einen Vorschuss bekommen?

Voraussetzung ist ein bereits laufender Antrag, eine akute Notlage sowie ein formloser Antrag auf Vorschuss. Die Bewilligung liegt im Ermessen des Jobcenters.

Wie viel kann ich als Vorschuss bekommen?

Die Höhe ist nicht festgelegt, liegt aber meist unterhalb des Regelsatzes und wird bei späterer Bewilligung mit der insgesamt zustehenden Bürgergeld-Leistung verrechnet.

Gibt es Alternativen zum Vorschuss bei kompletter Mittellosigkeit?

Neben den schon erwähnten Sozialleistungen helfen oft Beratungsstellen, die über kurzfristige regionale Hilfen wie Tafel oder Kirchenprojekte informieren können.

Zusammenfassung

Gerade in akuten Notlagen nach Antragstellung ist entschlossenes Handeln entscheidend. Ein frühzeitiger Antrag auf Vorschuss und der Gang zu Sozialberatungsstellen können helfen, die Zeit bis zur Auszahlung des Bürgergeldes zu überstehen und existenzielle Not zu verhindern. Wer proaktiv auf das Jobcenter zugeht und alle Möglichkeiten nutzt, bleibt handlungsfähig – auch wenn die Mühlen der Sozialverwaltung manchmal langsam mahlen.

Redakteure

  • ik

    Sozialrechtsexperte und Redakteur

    Ingo Kosick ist ein renommierter Experte im Bereich des Sozialrechts in Deutschland. Er engagiert sich seit über 30 Jahren in diesem Feld und hat sich als führende Autorität etabliert. Als Vorsitzender des Vereins Für soziales Leben e.V., der 2005 in Lüdinghausen gegründet wurde, setzt er sich für die Unterstützung von Menschen ein, die von Armut und Arbeitslosigkeit betroffen sind. Der Verein bietet über das Internet Informationen, Beratung und Unterstützung für sozial benachteiligte Menschen an. Ingo Kosick ist zudem ein zentraler Autor und Redakteur auf der Plattform buerger-geld.org, die sich auf Themen wie Bürgergeld, Sozialleistungen, Rente und Kindergrundsicherung spezialisiert hat. Seine Artikel bieten fundierte Analysen und rechtlich aufgearbeitete Informationen, die Menschen in schwierigen Lebenssituationen unterstützen sollen. Durch seine langjährige Erfahrung und sein Engagement hat Ingo Kosick maßgeblich dazu beigetragen, dass sozial benachteiligte Menschen in Deutschland besser informiert und unterstützt werden können.

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  • Peter Kosick
    Experte:

    Jurist und Redakteur

    Peter Kosick hat an der Universität Münster Rechtswissenschaften studiert und beide juristische Staatsexamen in Nordrhein-Westfalen mit Erfolg abgelegt. Er arbeitet als freiberuflicher Jurist, ist Autor verschiedener Publikationen und hält Vorträge im Bereich Arbeits- und Sozialrecht. Seit mehr als 30 Jahren engagiert er sich im sozialen Bereich und ist seit der Gründung des Vereins "Für soziales Leben e.V." dort Mitglied. Peter Kosick arbeitet in der Online Redaktion des Vereins und ist der CvD. Seinen Artikeln sieht man an, dass sie sich auf ein fundiertes juristisches Fachwissen gründen. Peter hat ebenfalls ein Herz für die Natur, ist gern "draußen" und setzt sich für den Schutz der Umwelt ein. Seine Arbeit im Redaktionsteam von buerger-geld.org gibt ihm das Gefühl,  etwas Gutes für das Gemeinwohl zu tun.

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