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Von privater zur gesetzlicher Krankenversicherung als Rentner wechseln: BSG-Urteil erwartet!

Der Wechsel von der privaten Krankenversicherung (PKV) in die gesetzliche Krankenversicherung (GKV) ist für Rentner ein komplexes, sozialpolitisch brisantes Thema – gerade im Licht aktueller Gerichtsverfahren, wie BSG Az. B 6a/12 KR 3/24 R (Urteil dort steht noch aus). Die nachfolgende Analyse auf Bürger & Geld, dem Nachrichtenmagazin des Vereins Für soziales Leben e.V., beleuchtet die wichtigsten Gerichtsentscheidungen, das konkrete, beim Bundessozialgericht anhängige Verfahren und zeigt auf, in welchen Fällen Betroffene überhaupt noch Aussicht auf einen erfolgreichen Wechsel haben.

Hintergrund: Wechsel PKV in GKV als Rentner

Für Menschen, die im Erwerbsleben privat versichert waren, ist der Zugang zur gesetzlichen Krankenversicherung nach Rentenbeginn stark eingeschränkt. Die gesetzlichen Regeln (§ 5, § 6, § 10 SGB V) verlangen für die KVdR unter anderem eine überwiegende gesetzliche Versicherung in der zweiten Hälfte des Erwerbslebens oder besondere Lebensumstände wie Witwenrente oder Familienversicherung. Für die klassische Familienversicherung wird zudem eine Einkommensgrenze von 470 € (2025) bzw. 505 € (2026) monatlich geprüft.

Das konkrete Verfahren vor dem Bundessozialgericht

Im Mittelpunkt des Verfahrens vor dem Bundessozialgericht (B 6a/12 KR 3/24 R) steht der Fall eines privat versicherten Rentners, der seine Altersrente für mehrere Monate als Teilrente bezogen hat (monatlich rund 458 €) und so temporär die Voraussetzungen für die Familienversicherung über die gesetzlich versicherte Ehefrau erfüllte. Die gesetzliche Krankenkasse genehmigte die Familienversicherung zunächst, hob sie jedoch auf, als der Rentner bereits nach wenigen Monaten seine Vollrente wieder bezog und die Einkommensgrenze überschritt. Sie ließ also nicht eine freiwillige Weiterversicherung nach Ablauf der Familienversicherung zu.

Vorinstanzen: Landessozialgericht Baden-Württemberg

Das Landessozialgericht Baden-Württemberg (L 5 KR 1336/23) erkannte an, dass der Rentner mit der Teilrente für eine begrenzte Zeit tatsächlich die Voraussetzungen für die Familienversicherung nach § 10 SGB V erfüllt hatte. Die Rückkehr zur Vollrente und das höhere Einkommen begründeten aber den Widerruf der Familienversicherung. Danach (also nach Beendigung der Familienversicherung) bestehe aber die Möglichkeit einer freiwilligen Versicherung in der gesetzlichen Krankenversicherung.

Andere Landessozialgerichte (z.B. Berlin-Brandenburg – Az. L 14 KR 129/24) urteilten restriktiver: Ein Wechsel in die GKV dürfe nicht durch kurzzeitigen Bezug einer Teilrente erzwungen werden. Entscheidend sei der zu erwartende durchschnittliche Jahresverdienst und ob die Teilrente dauerhaft oder nur als „Wechseltrick“ gewählt wird.

Zentraler Streitpunkt und Signalwirkung

  • Darf ein Rentner den Wechsel in die GKV durch vorübergehenden Bezug einer minimalen Teilrente beantragen, wenn er zuvor privatversichert war?
  • Zählen bei der Prüfung wirklich nur die aktuellen Einkünfte der Teilrente, oder muss das zu erwartende Gesamtjahreseinkommen einbezogen werden?
  • Ist ein mehrfacher Wechsel zwischen Teilrente und Vollrente zulässig oder wird er als rechtsmissbräuchlich betrachtet?

Das Bundessozialgericht muss dabei nicht nur den konkreten Fall, sondern auch die grundsätzliche Bedeutung sozialrechtlicher Gestaltungsmöglichkeiten bewerten – etwa, ob der Zugang zur Familienversicherung bei Rentnern über Teilrente möglich sein darf oder per Gesetz eingeschränkt werden muss. Und: falls der Übergang in die Familienversicherung während der Teilrente zulässig, ob bei erneutem Bezug der Vollrente eine freiwillige Versicherung in der geseztlichen Krankenkasse zulässig ist.

Wer kann tatsächlich wechseln?

  • Der Zugang zur Familienversicherung gelingt nur bei dauerhaftem, geringem Einkommen unter der Grenze und nicht bei kurzfristiger Gestaltung.
  • Besonders relevant sind Fälle mit Witwen-/Witwerrenten: Das LSG Baden-Württemberg gestattete hier auch mit mehr als 50 Jahren PKV-Zugehörigkeit den Wechsel in die KVdR, wenn eine Witwenrente empfangen wird.
  • Für klassische Rentner besteht ab 55 Jahren nahezu Ausnahmelosigkeit hinsichtlich der Rückkehr in die GKV – es gelten scharfe Grenzen und strenge Kontrollmechanismen.

Fazit & Ausblick: In der Rente von der privaten in die gesetzliche Krankenversicherung wechseln

Die Rechtsprechung ist aktuell noch nicht abschließend, viele Verfahren sind anhängig. Das BSG-Verfahren B 6a/12 KR 3/24 R wird als Grundsatzurteil erwartet, das zahlreiche Wechselwillige betrifft und die Praxis für Versicherte und Krankenkassen maßgeblich prägen könnte. Wer einen Wechsel plant, sollte gespannt auf das Urteil des Bundessozialgerichts warten.

Ergebnis nach Stand November 2025: Der Wechsel von der PKV zurück in die GKV als Rentner bleibt nur in sehr wenigen Ausnahmefällen möglich – etwa über Witwenrente, Familienversicherung mit dauerhaft niedrigem Einkommen oder bei „Gestaltungen“ mit Teilrente, sofern dies nicht als Rechtsmissbrauch gewertet wird. Das Bundessozialgericht bleibt hier abzuwarten.

Redakteure

  • ik

    Sozialrechtsexperte und Redakteur

    Ingo Kosick ist ein renommierter Experte im Bereich des Sozialrechts in Deutschland. Er engagiert sich seit über 30 Jahren in diesem Feld und hat sich als führende Autorität etabliert. Als Vorsitzender des Vereins Für soziales Leben e.V., der 2005 in Lüdinghausen gegründet wurde, setzt er sich für die Unterstützung von Menschen ein, die von Armut und Arbeitslosigkeit betroffen sind. Der Verein bietet über das Internet Informationen, Beratung und Unterstützung für sozial benachteiligte Menschen an.

    Ingo Kosick ist zudem ein zentraler Autor und Redakteur auf der Plattform buerger-geld.org, die sich auf Themen wie Bürgergeld, Sozialleistungen, Rente und Kindergrundsicherung spezialisiert hat. Seine Artikel bieten fundierte Analysen und rechtlich aufgearbeitete Informationen, die Menschen in schwierigen Lebenssituationen unterstützen sollen.

    Durch seine langjährige Erfahrung und sein Engagement hat Ingo Kosick maßgeblich dazu beigetragen, dass sozial benachteiligte Menschen in Deutschland besser informiert und unterstützt werden können.

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  • Peter Kosick
    Experte:

    Jurist und Redakteur

    Peter Kosick hat an der Universität Münster Rechtswissenschaften studiert und beide juristische Staatsexamen in Nordrhein-Westfalen mit Erfolg abgelegt. Er arbeitet als freiberuflicher Jurist, ist Autor verschiedener Publikationen und hält Vorträge im Bereich Arbeits- und Sozialrecht. Seit mehr als 30 Jahren engagiert er sich im sozialen Bereich und ist seit der Gründung des Vereins "Für soziales Leben e.V." dort Mitglied. Peter Kosick arbeitet in der Online Redaktion des Vereins und ist der CvD. Seinen Artikeln sieht man an, dass sie sich auf ein fundiertes juristisches Fachwissen gründen.

    Peter hat ebenfalls ein Herz für die Natur, ist gern "draußen" und setzt sich für den Schutz der Umwelt ein.

    Seine Arbeit im Redaktionsteam von buerger-geld.org gibt ihm das Gefühl,  etwas Gutes für das Gemeinwohl zu tun.

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