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Grundrente abgelehnt: Warum lange Beitragsjahre nicht reichen – Urteil bestätigt EP-Grenze

Das Urteil L 10 R 1156/23 des Landessozialgerichts Baden-Württemberg (23.10.2025) befasst sich mit Grundrentenzeiten und den engen Anspruchsvoraussetzungen für den Grundrentenzuschlag nach § 76g SGB VI. Das Gericht bestätigt: Auch wer die Vorgabe von über 33 Jahren Grundrentenzeiten erfüllt, hat keinen Anspruch auf den Grundrentenzuschlag, wenn der durchschnittliche Entgeltpunkt-Wert (EP) pro Monat zu hoch ist – die gesetzlichen Grenzwerte gelten strikt. Alle Einzelheiten hier auf Bürger & Geld, dem Nachrichtenmagazin des Vereins Für soziales Leben e.V.!

Sachverhalt des Grundrentenurteils

Ein Versicherter (Jahrgang 1956) bezog bereits eine Rente für schwerbehinderte Menschen. Er beantragte zusätzlich den Grundrentenzuschlag. Die Rentenversicherung erkannte ihm insgesamt 397 Monate mit Grundrentenzeiten an – damit war das Zeitkriterium erfüllt. Dennoch lehnte die Behörde den Zuschlag ab, weil der Versicherte im Durchschnitt 0,0698 EP pro Monat erreicht hatte, erlaubt waren bei dieser Anzahl von Monaten jedoch nur 0,0348 EP. Der Versicherte klagte, weil er die gesetzliche Einschränkung bzw. EP-Grenze für verfassungswidrig hielt.

Entscheidungsgründe zur Grundrente

Das LSG wies die Berufung zurück – wie schon das Sozialgericht zuvor. Es argumentierte:

  • Die gesetzlichen Höchstgrenzen für den durchschnittlichen Entgeltpunkt-Wert sind zwingende Voraussetzung und dürfen nicht überschritten werden. Entscheidend ist, wie viele Entgeltpunkte durchschnittlich pro Kalendermonat der Grundrentenzeiten erworben wurden.
  • Selbst viele Beitragsjahre führen nicht automatisch zum Grundrentenanspruch. Entscheidend ist ein konstant niedriger Verdienst – genau diesen begünstigt die Grundrente als sozialpolitisches Instrument.
  • Der Gesetzgeber darf pauschale Grenzwerte vorsehen, um das Grundrentensystem einfach und massentauglich zu gestalten. Diese Vorgabe ist nach Überzeugung des Gerichts sachlich gerechtfertigt und auch verfassungskonform.
  • Eine Revision wurde nicht zugelassen. Die Richter begründen: Wer die Entgeltpunktgrenze überschreitet, bleibt vom Zuschlag ausgeschlossen, auch wenn jahrzehntelang Beiträge gezahlt wurden.

Hintergrund: Voraussetzungen für den Grundrentenzuschlag

Gesetzliche Grundlage für die Grundrente bzw. den Grundrentenzuschlag ist  § 76g Abs. 1 und 4 SGB VI. Ein Grundrentenzuschlag wird nur unter folgenden Bedingungen gezahlt:

  • Mindestens 33 Jahre Grundrentenzeiten,
  • der Durchschnittswert der Entgeltpunkte muss unter dem gesetzlich festgelegten Höchstwert liegen.

Beide Voraussetzungen müssen erfüllt sein!

Gegenwärtig zulässiger Höchstwert bei 397 Monaten: 0,0348 Entgeltpunkte!

Bedeutung des Urteils

Das LSG-Urteil verdeutlicht: Die Grundrente ist als gezielte Unterstützung für langjährig Versicherte mit dauerhaft geringem Verdienst gedacht. Die Anspruchsvoraussetzungen bleiben streng: Wer im Schnitt zu viele Entgeltpunkte vorweisen kann, profitiert trotz langer Beitragszeiten nicht vom Zuschlag der Grundrente.​

Im Ergebnis sorgt das Urteil für rechtliche Klarheit, stärkt die Rechtssicherheit und bestätigt die Begrenzungen der Grundrente als zulässig und verfassungsgemäß. Für Betroffene empfiehlt sich, bei der Beratung und Antragsstellung besonders auf den eigenen durchschnittlichen Entgeltpunktwert zu achten.

Redakteure

  • ik

    Sozialrechtsexperte und Redakteur

    Ingo Kosick ist ein renommierter Experte im Bereich des Sozialrechts in Deutschland. Er engagiert sich seit über 30 Jahren in diesem Feld und hat sich als führende Autorität etabliert. Als Vorsitzender des Vereins Für soziales Leben e.V., der 2005 in Lüdinghausen gegründet wurde, setzt er sich für die Unterstützung von Menschen ein, die von Armut und Arbeitslosigkeit betroffen sind. Der Verein bietet über das Internet Informationen, Beratung und Unterstützung für sozial benachteiligte Menschen an.

    Ingo Kosick ist zudem ein zentraler Autor und Redakteur auf der Plattform buerger-geld.org, die sich auf Themen wie Bürgergeld, Sozialleistungen, Rente und Kindergrundsicherung spezialisiert hat. Seine Artikel bieten fundierte Analysen und rechtlich aufgearbeitete Informationen, die Menschen in schwierigen Lebenssituationen unterstützen sollen.

    Durch seine langjährige Erfahrung und sein Engagement hat Ingo Kosick maßgeblich dazu beigetragen, dass sozial benachteiligte Menschen in Deutschland besser informiert und unterstützt werden können.

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  • Peter Kosick
    Experte:

    Jurist und Redakteur

    Peter Kosick hat an der Universität Münster Rechtswissenschaften studiert und beide juristische Staatsexamen in Nordrhein-Westfalen mit Erfolg abgelegt. Er arbeitet als freiberuflicher Jurist, ist Autor verschiedener Publikationen und hält Vorträge im Bereich Arbeits- und Sozialrecht. Seit mehr als 30 Jahren engagiert er sich im sozialen Bereich und ist seit der Gründung des Vereins "Für soziales Leben e.V." dort Mitglied. Peter Kosick arbeitet in der Online Redaktion des Vereins und ist der CvD. Seinen Artikeln sieht man an, dass sie sich auf ein fundiertes juristisches Fachwissen gründen.

    Peter hat ebenfalls ein Herz für die Natur, ist gern "draußen" und setzt sich für den Schutz der Umwelt ein.

    Seine Arbeit im Redaktionsteam von buerger-geld.org gibt ihm das Gefühl,  etwas Gutes für das Gemeinwohl zu tun.

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