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813 Euro Bürgergeld plus Strom: Warum die Erhöhung jetzt drückt – und wann sie realistisch ist

Die Erhöhung des Bürgergelds bzw. der Grundsicherung auf 813 Euro plus vollständig übernommene Stromkosten ist aktuell keine beschlossene Sache, sondern eine zentrale sozialpolitische Forderung von Verbänden wie dem Paritätischen Wohlfahrtsverband, dem Verein Für soziales Leben e.V. und einzelnen Parteien. Die Forderung stützt sich auf Berechnungen, nach denen der heutige Regelsatz von 563 Euro die realen Lebenshaltungskosten – insbesondere wegen der stark gestiegenen Energie- und Strompreise – deutlich unterschreitet. Einzelheiten hier auf Bürger & Geld in folgendem Artikel!

Woher die 813 Euro kommen

Der Paritätische Wohlfahrtsverband und seine Forschungsstelle kommen in einer detaillierten Auswertung der amtlichen Verbrauchsstatistiken zu dem Ergebnis, dass ein armutsfester Regelsatz für alleinstehende Erwachsene bei mindestens 813 Euro liegen müsste. Grundlage ist das offizielle Statistikmodell, allerdings ohne die politisch vorgenommenen Kürzungen sogenannter „nicht regelsatzrelevanter“ Ausgaben, die im aktuellen Bürgergeld-Regelsatz herausgerechnet wurden.

Ein weiterer zentraler Punkt der Berechnungen: Stromkosten sind bislang im Regelsatz pauschal enthalten, obwohl sie in der Praxis deutlich höher ausfallen und regional stark schwanken. Aus Verbands- und Betroffenensicht ist es sachgerecht, Stromkosten wie Miete und Heizung als tatsächliche Kosten der Unterkunft zu übernehmen – zusätzlich zu einem angehobenen Regelsatz von 813 Euro.

Warum der aktuelle Regelsatz nicht reicht

Analysen von Sozialverbänden und Medien zeigen, dass Bürgergeld-Beziehende ab Juli 2026: neue Grundsicherung für Arbeitsuchende) insbesondere bei Strom und Lebensmitteln strukturell „draufzahlen“. Im Regelsatz 2024/2025 sind für Haushaltsstrom nur rund 45 bis 47 Euro vorgesehen, während ein sparsamer Ein-Personen-Haushalt je nach Stadt im Schnitt über 52 Euro und teils deutlich mehr zahlen muss – mit jährlichen Defiziten von bis zu über 200 Euro.

Hinzu kommt, dass der Bürgergeld-Regelsatz in den letzten Jahren zwar nominal gestiegen ist, die Inflation bei Energie, Nahrungsmitteln und Wohnnebenkosten aber noch stärker angezogen hat. Studien und Berichte sprechen deshalb von einer „Bürgergeld-Nullrunde in der Notlage“, weil die reale Kaufkraft weiter sinkt und viele Betroffene berichten, dass Geld für Strom, gesunde Ernährung oder Mobilität fehlt.

Politische Forderungen nach 813 Euro plus Strom

Mehrere Akteure in der Sozialpolitik greifen die 813-Euro-Marke auf:

  • Sozialverbände wie der Paritätische fordern mindestens 813 Euro Regelsatz, dazu die komplette Übernahme von Miete und Stromkosten sowie bessere Qualifizierungsangebote.
  • Teile der Opposition (u.a. Die Linke) wollen das Bürgergeld zu einer sanktionsfreien Mindestsicherung umbauen, deren Höhe sich ebenfalls an etwa 813 Euro orientiert.
  • In Beiträgen, Talkshows und Kampagnen von Betroffenen taucht die Zahl 813 Euro als „realistisch notwendige Untergrenze“ immer wieder auf und wird medial breit diskutiert.

Die Gegenseite – unter anderem Wirtschaftsinstitute und konservative Politiker – warnt, ein Plus von rund 44 Prozent gegenüber den aktuellen 563 Euro könne Arbeitsanreize schwächen und öffentliche Haushalte überlasten. Entsprechend polarisiert ist die Debatte, was eine schnelle Umsetzung erschwert.

Wann wäre mit einer Erhöhung zu rechnen?

Eine gesetzliche Anhebung des Regelsatzes auf 813 Euro plus gesondert erstattete Stromkosten setzt eine grundlegende Reform von Bürgergeld und Sozialhilfe voraus. Aktuell ist vielmehr eine „Neue Grundsicherung“ in Planung, bei der das Bürgergeld in ein Grundsicherungsgeld überführt und zugleich an mehreren Stellen verschärft werden soll; für 2025 und 2026 sind sogar Nullrunden bei den Regelsätzen angekündigt.

Realistisch wäre eine so deutliche Erhöhung nur, wenn

  • sich im Bundestag eine neue Mehrheit für armutsfeste Regelsätze findet (z.B. nach einer Bundestagswahl oder bei veränderten Mehrheitsverhältnissen),
  • der Gesetzgeber das SGB II und SGB XII entsprechend ändert und
  • der Haushalt ausreichend Mittel vorsieht.
    Da derzeit eher über Einsparungen und Verschärfungen im Hilfesystem diskutiert wird, ist kurzfristig – also in den Jahren 2025 und 2026 – nicht mit einer politischen Umsetzung der 813-Euro-Forderung plus Stromkostenübernahme zu rechnen.

Einschätzung des Vereins Für soziales Leben e.V.:

Mit einer Anhebung des Regelsatzes auf 813 Euro in den nächsten Jahren ist angesichts der politischen Verhältnisse in Deutschland nicht zu rechnen.

Einzige Ausnahme: die Inflation würde sprunghaft steigen.

Was die 813 Euro plus Strom für Betroffene bedeuten würden

Ein Regelsatz von 813 Euro bei vollständiger Übernahme der Stromkosten würde den finanziellen Spielraum von Alleinstehenden deutlich erhöhen und viele heute bestehende Defizite bei Energie, Ernährung, Mobilität und sozialer Teilhabe ausgleichen. Besonders Ein-Personen-Haushalte, die heute systematisch unterfinanziert sind, könnten ihre Fixkosten realistisch decken, ohne jeden Monat zwischen Stromrechnung und Lebensmitteln abwägen zu müssen.

Zudem käme eine solche Reform nicht nur klassischen Bürgergeld-Beziehenden zugute, sondern auch Menschen in der Grundsicherung im Alter oder bei Erwerbsminderung, da die Regelbedarfe im SGB XII mit betroffen wären. Aus Sicht der Verbände wäre dies ein zentraler Schritt hin zu einer armutsfesten Grundsicherung, die das verfassungsrechtlich garantierte Existenzminimum wirklich abdeckt, anstatt es nur statistisch zu definieren.

Redakteure

  • ik

    Sozialrechtsexperte und Redakteur

    Ingo Kosick ist ein renommierter Experte im Bereich des Sozialrechts in Deutschland. Er engagiert sich seit über 30 Jahren in diesem Feld und hat sich als führende Autorität etabliert. Als Vorsitzender des Vereins Für soziales Leben e.V., der 2005 in Lüdinghausen gegründet wurde, setzt er sich für die Unterstützung von Menschen ein, die von Armut und Arbeitslosigkeit betroffen sind. Der Verein bietet über das Internet Informationen, Beratung und Unterstützung für sozial benachteiligte Menschen an.

    Ingo Kosick ist zudem ein zentraler Autor und Redakteur auf der Plattform buerger-geld.org, die sich auf Themen wie Bürgergeld, Sozialleistungen, Rente und Kindergrundsicherung spezialisiert hat. Seine Artikel bieten fundierte Analysen und rechtlich aufgearbeitete Informationen, die Menschen in schwierigen Lebenssituationen unterstützen sollen.

    Durch seine langjährige Erfahrung und sein Engagement hat Ingo Kosick maßgeblich dazu beigetragen, dass sozial benachteiligte Menschen in Deutschland besser informiert und unterstützt werden können.

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  • Peter Kosick
    Experte:

    Jurist und Redakteur

    Peter Kosick hat an der Universität Münster Rechtswissenschaften studiert und beide juristische Staatsexamen in Nordrhein-Westfalen mit Erfolg abgelegt. Er arbeitet als freiberuflicher Jurist, ist Autor verschiedener Publikationen und hält Vorträge im Bereich Arbeits- und Sozialrecht. Seit mehr als 30 Jahren engagiert er sich im sozialen Bereich und ist seit der Gründung des Vereins "Für soziales Leben e.V." dort Mitglied. Peter Kosick arbeitet in der Online Redaktion des Vereins und ist der CvD. Seinen Artikeln sieht man an, dass sie sich auf ein fundiertes juristisches Fachwissen gründen.

    Peter hat ebenfalls ein Herz für die Natur, ist gern "draußen" und setzt sich für den Schutz der Umwelt ein.

    Seine Arbeit im Redaktionsteam von buerger-geld.org gibt ihm das Gefühl,  etwas Gutes für das Gemeinwohl zu tun.

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