Was „ausgesteuert“ beim Krankengeld bedeutet
Als Aussteuerung bezeichnet man das Ende des Krankengeldanspruchs, weil die Höchstdauer von in der Regel 78 Wochen innerhalb von drei Jahren für dieselbe Erkrankung erreicht ist. Das Arbeitsverhältnis endet dadurch nicht automatisch, aber die Zahlung der Krankenkasse hört auf.
Die Krankenkasse informiert Betroffene üblicherweise einige Wochen vor der Aussteuerung schriftlich über den bevorstehenden Ablauf. Spätestens dann sollten die nächsten Schritte geplant und Anträge vorbereitet werden.
Erste Schritte kurz vor der Aussteuerung
Sobald das Schreiben der Krankenkasse zur bevorstehenden Aussteuerung vorliegt, sollte unverzüglich Kontakt zur Agentur für Arbeit aufgenommen werden. Parallel ist zu prüfen, ob ein Antrag auf Erwerbsminderungsrente bereits läuft oder kurzfristig gestellt werden sollte.
Wichtig ist außerdem, mit behandelnden Ärztinnen und Ärzten zu klären, wie die voraussichtliche Leistungsfähigkeit im Arbeitsleben eingeschätzt wird. Diese Einschätzung ist ein Kernpunkt dafür, ob eher Arbeitslosengeld (Nahtlosigkeitsregelung) oder ein Rentenantrag im Vordergrund steht.
Nahtlosigkeitsregelung: Arbeitslosengeld trotz Krankheit
Die Nahtlosigkeitsregelung nach § 145 SGB III sorgt dafür, dass Betroffene nach Aussteuerung Arbeitslosengeld erhalten können, obwohl sie eigentlich weiterhin arbeitsunfähig sind. Ziel ist, eine Versorgungslücke zu vermeiden, solange die Rentenversicherung noch nicht abschließend über eine Erwerbsminderungsrente entschieden hat.
Voraussetzungen sind unter anderem eine voraussichtlich länger als sechs Monate geminderte Leistungsfähigkeit unter 15 Wochenstunden sowie die Erfüllung der Anwartschaftszeit für Arbeitslosengeld. Der Antrag sollte möglichst sofort nach Mitteilung der Aussteuerung bei der Agentur für Arbeit gestellt werden.
Erwerbsminderungsrente prüfen und beantragen
Wer dauerhaft nur noch eingeschränkt oder gar nicht mehr arbeiten kann, sollte die Erwerbsminderungsrente bei der Deutschen Rentenversicherung beantragen. Häufig empfehlen Fachstellen, den Antrag zu stellen, bevor das Krankengeld endet, damit bei der Entscheidung keine großen Lücken entstehen.
Solange noch kein Rentenbescheid vorliegt, kann die Nahtlosigkeitsregelung greifen und mit Arbeitslosengeld absichern. Nach Bewilligung der Rente werden Leistungen von Arbeitsagentur oder Jobcenter in der Regel entsprechend angepasst oder beendet.
Arbeitslosengeld nach Aussteuerung ohne Nahtlosigkeit
Ist man zwar nicht mehr in der ursprünglichen Tätigkeit arbeitsfähig, aber allgemein mindestens 15 Stunden pro Woche leistungsfähig, kommt „normales“ Arbeitslosengeld in Betracht. Hierfür gelten die üblichen Voraussetzungen wie ausreichende versicherungspflichtige Beschäftigungszeiten.
Auch wer noch in einem ruhenden Arbeitsverhältnis steht, kann nach Aussteuerung Arbeitslosengeld erhalten, wenn faktisch keine Beschäftigung ausgeübt wird. Die Agentur für Arbeit prüft dann, ob Vermittlung in andere Tätigkeiten möglich ist.
Bürgergeld als letzte Absicherung
Reichen Ansprüche auf Arbeitslosengeld nicht aus oder sind sie ausgelaufen, kann Bürgergeld bzw. Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem SGB II beantragt werden. Das gilt auch für Menschen, die gesundheitlich eingeschränkt sind, aber (noch) keine Erwerbsminderungsrente erhalten oder deren Höhe zum Leben nicht reicht.
Das Bürgergeld sichert den Lebensunterhalt und übernimmt bei Bedarf auch Kosten der Unterkunft im Rahmen der Angemessenheit. Einkommen wie Arbeitslosengeld oder eine Rente wird angerechnet, mindert also den Bürgergeldanspruch.
Krankenversicherung nach der Aussteuerung
Mit dem Ende des Krankengeldes endet in vielen Fällen auch die Pflichtversicherung über die Krankenkasse aufgrund des Krankengeldbezugs. Gleichzeitig greift jedoch die obligatorische Anschlussversicherung, sofern keine andere vorrangige Absicherung besteht, sodass der Versicherungsschutz weiterläuft.
Wer Arbeitslosengeld erhält, bleibt über die Agentur für Arbeit gesetzlich krankenversichert, die Beiträge übernimmt dann die Behörde. Beim Bürgergeld trägt das Jobcenter die Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge, siehe auch hier: Krankengeld endet
Rückkehr in den Job oder Reha
Verbessert sich der Gesundheitszustand, kann eine schrittweise Rückkehr in den Beruf über stufenweise Wiedereingliederung („Hamburger Modell“) oder betriebliche Maßnahmen erfolgen. Hier arbeiten Arbeitgeber, Ärztinnen und Krankenkasse gemeinsam an einem belastungsangepassten Einstieg.
Oft werden medizinische oder berufliche Reha-Maßnahmen vorgeschaltet, um die Erwerbsfähigkeit zu stabilisieren und einen Jobverlust zu verhindern. Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben können zudem Umschulungen oder Qualifizierungen finanzieren.
Typische Fehler und wie man sie vermeidet
- Anträge zu spät stellen: Wer erst nach Aussteuerung reagiert, riskiert Zahlungs- und Versicherungslücken.
- Keine Meldung bei der Agentur für Arbeit: Auch bei bestehendem Arbeitsvertrag ist eine frühzeitige Meldung wichtig.
- Rentenantrag ignorieren: Wird eine dauerhafte Einschränkung absehbar, sollte der EM-Rentenantrag rechtzeitig gestellt werden.
Für Betroffene lohnt sich bei Unsicherheit eine Beratung durch Sozialverbände, Rentenversicherung oder spezialisierte Beratungsstellen, um die individuell beste Strategie nach der Aussteuerung zu entwickeln.

