Ausgangslage: Pflegeheim und Sozialamt
Reichen Rente, Pflegekassenleistungen und eigenes Vermögen der pflegebedürftigen Person nicht für die Heimkosten, springt die Sozialhilfe mit „Hilfe zur Pflege“ nach SGB XII ein. Dann prüft das Sozialamt auch Einkommen und Vermögen des nicht getrennt lebenden Ehepartners, selbst wenn dieser weiter zu Hause wohnt. Die 100.000‑Euro-Grenze, die Kinder beim Elternunterhalt entlastet, gilt im Verhältnis zwischen Ehepartnern nicht.
Einkommen: Was darf der Partner behalten?
Lebt ein Ehepartner im Heim und der andere weiter in der gemeinsamen Wohnung, muss dem zuhause lebenden Partner so viel Einkommen bleiben, dass er seine eigenen Lebenshaltungskosten weiter tragen kann. Maßstab sind dabei u.a. Regelbedarfsniveau, Wohnkosten, Versicherungen und die bisherige Lebenssituation; das Sozialamt hat hier einen erheblichen Ermessensspielraum. In der Praxis orientieren sich viele Behörden grob an Größenordnungen um das sozialhilferechtliche Existenzminimum (Regelbedarf plus angemessene Unterkunft), gehen in gut begründeten Fällen aber darüber hinaus, wenn der bisherige Lebensstandard deutlich höher war.
Bürgergeld-Niveau als Unterkante?
Der Regelbedarf nach Bürgergeld dient als politisch definiertes Existenzminimum und fließt auch in die Sozialhilfe-Systematik ein. In Entscheidungen zur „häuslichen Ersparnis“ und zum Unterhalt werden häufig mindestens Beträge in Höhe der einschlägigen Regelbedarfsstufe plus angemessene Wohnkosten als zu sichernder Sockel angenommen. Damit nähert sich der geschützte Mindestbetrag oft einem Bürgergeld-Haushaltsbudget an, ist aber rechtlich kein fester „Bürgergeld-Selbstbehalt“ für Ehegatten.
Vermögen: Schonvermögen und Haus
Vor Einsatz von Sozialhilfe muss grundsätzlich das eigene Einkommen und Vermögen des Pflegebedürftigen sowie des nicht getrennt lebenden Ehepartners eingesetzt werden, soweit es über dem Schonvermögen liegt. Pro Person sind derzeit 10.000 Euro als Schonvermögen geschützt, bei Ehepaaren also zusammen 20.000 Euro; zusätzlich können zweckgebundene Rücklagen z.B. für Bestattung geschützt sein. Die selbstbewohnte, angemessene Immobilie des zuhause lebenden Ehepartners zählt in der Regel ebenfalls zum Schonvermögen und muss weder verkauft noch vermietet werden, solange sie nicht als „Luxusobjekt“ gilt.
Heim-Bewohner: Eigenanteil und „Taschengeld“
Der im Heim lebende Ehepartner muss sein Einkommen (z.B. Rente) bis auf einen kleinen Barbetrag vollständig für die Heimkosten einsetzen. Dieser Barbetrag („Barbetrag zur persönlichen Verfügung“) liegt seit 2025/2026 bei rund 152 Euro monatlich und soll kleine persönliche Ausgaben im Heim ermöglichen. Eine Bekleidungspauschale von ca 35 Euro kommt hinzu. Zusätzlich kommen Leistungen der Pflegeversicherung und ggf. weitere Sozialhilfeleistungen zur Deckung der Heimkosten zum Einsatz.
Unterhaltspflicht zwischen Ehepartnern
Ehepartner sind einander umfassend zum Familienunterhalt verpflichtet; das umfasst regelmäßig auch Beiträge zu Heimkosten des pflegebedürftigen Partners. Gerichte betonen, dass krankheits- und pflegebedingte Mehrkosten die ehelichen Lebensverhältnisse prägen und bei Unterhaltsbemessung zu berücksichtigen sind, sodass auch besser situierte Ehepartner deutlich über das Existenzminimum hinaus für Pflege mit herangezogen werden können. Anders als beim Bürgergeld gibt es keinen starren, bundeseinheitigen Selbstbehalt; die Angemessenheit wird im Einzelfall geprüft (Einkommenshöhe, Vermögen, Dauer und Kosten der Pflege, bisherige Lebensführung).
Wann landet der Partner faktisch auf Bürgergeld-Niveau?
Faktisch nähert sich die Situation dem Bürgergeld-Niveau, wenn
- das gemeinsame Einkommen niedrig ist und die Heimkosten hoch sind,
- der Partner zu Hause nur geringe Wohnkostenanpassungen vornehmen kann (z.B. große Wohnung, lange Mietverträge) und
- das Sozialamt nur einen relativ knappen Betrag über dem Existenzminimum als „angemessen“ akzeptiert.
Bei mittleren und höheren Einkommen bleibt dem zuhause lebenden Ehepartner nach Abzug seines Anteils an den Heimkosten oft mehr als ein klassischer Bürgergeld-Bedarf; zugleich muss aber mit Einschnitten beim Lebensstandard gerechnet werden (z.B. Verzicht auf größere Sparraten, Urlaube, Luxus). Entscheidend ist, den Bedarf gegenüber dem Sozialamt aktiv und gut belegt darzustellen (Mietvertrag, Nebenkosten, Versicherungen, laufende Kredite), da die Behörden im Rahmen ihres Ermessens auch höhere Selbstbehalte anerkennen können.
Praxis-Tipps für Betroffene
- Frühzeitig Beratung holen: Unabhängige Sozialberatungen, Verbraucherzentralen oder spezialisierte Anwälte helfen, Ansprüche und Grenzen zu klären, bevor Verträge unterschrieben oder Vermögen übereilt eingesetzt wird.
- Schonvermögen sichern: Rücklagen sinnvoll strukturieren (z.B. 10.000 Euro pro Person, angemessene Bestattungsvorsorge, klare Zuordnung der Konten).
- Kostenstruktur prüfen: Miet- und Nebenkosten, Versicherungen und Abos des zuhause lebenden Partners optimieren; alles, was unvermeidbar ist, sollte gegenüber dem Sozialamt dokumentiert werden.
- Unterlagen sammeln: Pflegeheimverträge, Bescheide der Pflegekasse, Rentenbescheide, Kontoauszüge und Nachweise zu Vermögen und Schulden sind Grundlage jeder Berechnung.
Kurze Zusammenfassung
- Rechtlich gibt es keinen Automatismus, der den Ehepartner auf ein fixes Bürgergeld-Niveau festlegt.
- Faktisch wird aber oft nur ein Betrag in der Größenordnung des sozialhilferechtlichen Existenzminimums sicher geschützt, während alles darüber für Heimkosten herangezogen werden kann.
- Gerade für Ihre Zielgruppe bietet sich daher eine klare Aufbereitung mit Rechenbeispielen, Checkliste für Unterlagen und Hinweisen, wie man gegenüber dem Sozialamt den eigenen Bedarf argumentiert.


