Die Mütterrente 3 gilt als wichtiger Baustein im neuen Rentenpaket: Zusätzliche Rentenpunkte für vor 1992 geborene Kinder sollen vor allem älteren Müttern und einigen Vätern mehr Geld im Ruhestand sichern. Doch für viele Betroffene, die auf Grundsicherung, Erwerbsminderungsrente oder andere Sozialleistungen angewiesen sind, wird die Rentenerhöhung vollständig angerechnet – mit der Folge, dass netto oft kaum etwas übrig bleibt. Der Artikel zeigt anhand typischer Fallkonstellationen, wie sich Mütterrente 3 auf Altersrente, Witwenrente und Sozialleistungen auswirkt, wo Chancen liegen und warum das Plus bei Bedürftigen häufig verpufft – alle wichtigen Informationen dazu finden sich hier auf „Bürger & Geld“, dem Nachrichtenmagazin des Vereins Für soziales Leben e. V..
Die Erweiterung der Mütterrente: Was ist Mütterrente 3?
Mit Mütterrente 3 erhalten Eltern, deren Kinder noch vor 1992 geboren wurden, künftig für jedes Kind drei volle Rentenjahre angerechnet – das entspricht drei Entgeltpunkten pro Kind. Im Juli 2025 ist ein Rentenpunkt rund 40,79€ wert, das bedeutet pro Kind etwa 20,40€ mehr Bruttorente im Monat. Die Regelung soll ab 1. Januar 2027 greifen, technische Verzögerungen könnten aber eine rückwirkende Auszahlung ab diesem Zeitpunkt nötig machen.
Vollständige Anrechnung auf Grundsicherung: Warum viele nichts merken
Viele Mütter, die im Ruhestand auf Grundsicherung im Alter oder bei Erwerbsminderung angewiesen sind, werden von der Erhöhung wenig spüren. Denn die Mütterrente 3 wird – wie alle gesetzlichen Rentenbestandteile – auf die Grundsicherung als Einkommen komplett angerechnet. Das bedeutet, der zusätzliche Rentenbetrag reduziert einfach nur die staatliche Sozialleistung. Netto bleibt diesen Müttern meist nichts von der Reform.
Ein Beispiel:
- Erhält eine Rentnerin 600€ gesetzliche Rente und 300€ ergänzende Grundsicherung, erhöht sich die Rente durch die Mütterrente 3 um 20,40€ für ein Kind. Die Grundsicherung wird dann aber entsprechend gekürzt. Unterm Strich erhält die Rentnerin weiterhin 900€ pro Monat.
Nur wer keinen Anspruch auf Grundsicherung mehr hat, etwa weil die Rente über die Bedürftigkeitsgrenze steigt, spürt einen direkten Zugewinn.
Ausnahme: Freibetrag für langjährig Versicherte
Ein kleiner Lichtblick ist §82a SGB XII: Wer mindestens 33 Jahre an Grundrentenzeiten vorweisen kann (inklusive Kindererziehungszeiten), bekommt einen Freibetrag auf die eigene Rente, der in der Grundsicherung nicht angerechnet wird. Für 2025 sind das bis zu 281,50€ pro Monat. Diese Ausnahme betrifft jedoch besonders Menschen mit sehr langen Versicherungs- und Erwerbszeiten, bei denen Kindererziehung häufig nur ein Baustein ist. Viele Betroffene verfehlen diesen Wert aufgrund von Teilzeitarbeit, Erwerbsunterbrechungen oder Erwerbsminderung.
Auswirkungen auf Invalidenrente (Erwerbsminderungsrente)
Auch Empfänger von Erwerbsminderungsrenten erhalten die neue Mütterrente. Doch auch diese Leistung wird bei Bedürftigkeit auf Sozialleistungen wie Grundsicherung angerechnet – der Effekt ist identisch: Wer vollständig aufstockt, profitiert de facto nicht im Portemonnaie. Lediglich Geringverdiener können geringfügig besser gestellt werden, sofern sie durch die Mütterrente über die Bedürftigkeitsgrenze kommen.
Witwen- und Witwerrenten: Vor- und Nachteile durch die Mütterrente 3
Die Mütterrente 3 wird grundsätzlich der Versichertenrente des Elternteils zugeschlagen, der hauptsächlich die Kinder erzogen hat. Stirbt dieser, kann die Rente des verstorbenen Partners als Basis für die Witwen- oder Witwerrente herangezogen werden, sodass künftig auch Hinterbliebene von der Reform profitieren können. Beispiel: Eine Witwe bezieht eine große Witwenrente (55% der Rente des Verstorbenen); mit der Mütterrente 3 steigt die Basisrente des verstorbenen Partners, was die Witwenrente erhöht.
Jedoch: Überschreitet die eigene Rente (durch die Mütterrente) die Freibeträge bei der Hinterbliebenenrente (2025: 755,30€ im Westen, 696,70€ im Osten), wird diese zu 40% auf die Witwenrente angerechnet – teils sinkt der Nettobetrag also wieder. Es bleibt aber in aller Regel eine positive Restwirkung für Betroffene.
„Verpufft“ die Mütterrente 3 für Bedürftige?
Für viele Rentnerinnen und Rentner in Grundsicherung verpufft die Mütterrente 3 nahezu wirkungslos, da der erhöhte Anspruch fast vollständig mit staatlichen Transfers verrechnet wird. Wirklich profitieren nur diejenigen, deren Rente mit der Mütterrente 3 so steigt, dass sie keinen Anspruch auf Grundsicherung mehr haben – oder jene mit niedrigen Erwerbsminderungsrenten, deren Gesamteinkommen knapp über der Bedürftigkeitsgrenze liegt.
Anrechnung auf weitere Sozialleistungen
Auch auf andere Sozialleistungen wie Wohngeld wirkt sich die Mütterrente 3 als Einkommen aus. Höhere Renten können den Anspruch auf ergänzende Sozialleistungen mindern oder zum Wegfall führen, sofern das Gesamteinkommen über die jeweiligen Bedarfssätze steigt.
Bürokratische Auswirkungen und Herausforderungen
Viel Bürokratieaufwand droht durch die Reform, denn Millionen Renten und Sozialleistungen müssen individuell neu berechnet werden. Übergangs- und Rückrechnungszeiträume sowie technische Herausforderungen könnten für Verzögerungen und Unsicherheiten bei der Auszahlung sorgen.
Fazit des Vereins Für soziales Leben e. V.
Die Mütterrente 3 ist politisch ein klares Signal zur Anerkennung elterlicher Lebensleistung – in der Praxis aber teils ein Strohfeuer. Wer im Alter oder bei Erwerbsminderung auf Sozialleistungen angewiesen ist, spürt von der neuen Regelung meist wenig. Der vollständige Anrechnungsmechanismus sorgt dafür, dass insbesondere bedürftige Mütter kaum mehr netto im Geldbeutel haben. Positiv ist der neugeschaffene Freibetrag für langjährig Versicherte, von dem aber viele nicht profitieren können. Nur, wenn die Freibeträge und Anrechnungsregeln für Bedürftige überarbeitet werden, kann die Mütterrente 3 ihr soziales Ziel auch bei den Schwächsten erreichen.


