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Pflegegeld direkt an Angehörige auszahlen lassen: Lohnt sich das – oder wird es zum Risiko?

Pflegegeld kann grundsätzlich so organisiert werden, dass es direkt an pflegende Angehörige überwiesen wird – rechtlich Anspruch auf Pflegegeld hat aber immer die pflegebedürftige Person selbst. Mit Vollmacht oder entsprechender Kontovereinbarung akzeptieren viele Pflegekassen die direkte Auszahlung an die Pflegeperson. Doch ist das klug? Was sind die Vor- und Nachteile einer solch direkten Überweisung durch die Pflegekasse? Das beleuchten wir hier auf Bürger & Geld, dem Nachrichtenmagazin des Vereins Für soziales Leben e.V., in folgendem Artikel!

Wer das Pflegegeld rechtlich bekommt

  • Pflegegeld ist eine Leistung der Pflegeversicherung an die pflegebedürftige Person, nicht an die Angehörigen.
  • Anspruch besteht ab Pflegegrad 2, wenn die Pflege zu Hause überwiegend durch Angehörige, Freunde oder Nachbarn erfolgt.
  • Pflegende Angehörige haben keinen eigenen gesetzlichen Geldanspruch, sie werden „über“ das Pflegegeld der pflegebedürftigen Person finanziell anerkannt.

Direktüberweisung an pflegende Angehörige

  • Grundregel: Gezahlt wird zunächst immer an die pflegebedürftige Person bzw. deren Konto.
  • Praktische Lösung: Beim Antrag kann mit Zustimmung der pflegebedürftigen Person gleich die Bankverbindung der Pflegeperson angegeben werden, sodass das Pflegegeld direkt dorthin fließt.
  • Häufig verlangen die Kassen in diesen Fällen eine Vollmacht oder ein kurzes Formular, aus dem hervorgeht, dass die Pflegeperson berechtigt ist, das Pflegegeld zu empfangen.

Darf das Pflegegeld einfach weitergegeben werden?

  • Das Pflegegeld ist in der Praxis nicht streng zweckgebunden; die pflegebedürftige Person entscheidet, was sie damit macht und wen sie bezahlt.
  • Typisch ist, dass das Geld ganz oder teilweise als Anerkennung an pflegende Angehörige weitergereicht wird, etwa für Zeitaufwand, Verdienstausfall oder laufende Kosten.
  • Wichtig ist, dass die tatsächliche Pflege gesichert bleibt – auffällige Weiterleitungen ohne reale Pflegeleistungen können von Kassen und Sozialbehörden kritisch geprüft werden.

Sozialleistungen, Steuer & Anrechnung

  • Erhält die pflegende Person Bürgergeld bzw. Grundsicherung, kann weitergereichtes Pflegegeld je nach Konstellation als Einkommen gewertet werden; bei engen Angehörigen muss es vom Jobcenter als nicht anzurechnende Aufwandsentschädigung akzeptiert werden.
  • Steuerlich sind Zahlungen aus Pflegegeld an Angehörige in bestimmten Fällen als Einnahmen aus Pflegeleistungen relevant, können aber im Rahmen von Freibeträgen und § 3 Nr. 36 EStG begünstigt sein.
  • Für die pflegebedürftige Person gilt Pflegegeld in der Regel als zweckbestimmte Sozialleistung und bleibt bei vielen anderen Sozialleistungen anrechnungsfrei.

Was sind die Vor- und Nachteile eine direkten Auszahlung des Pflegegeldesa an pflegende Angehörige?

Die direkte Auszahlung des Pflegegeldes an Angehörige kann den Pflegealltag deutlich vereinfachen, birgt aber auch rechtliche und finanzielle Risiken – vor allem bei Sozialleistungen und Pfändungssituationen. Entscheidend ist, dass die pflegebedürftige Person immer „Herrin des Pflegegeldes“ bleibt und Vereinbarungen möglichst transparent geregelt sind.

Vorteile der direkten Auszahlung

  • Einfache Praxis und klare Anerkennung
    Das Pflegegeld landet direkt auf dem Konto der pflegenden Person, die tatsächlich die Pflege leistet; das spart interne Geldüberweisungen und macht die finanzielle Anerkennung klar sichtbar.
    Viele Pflegekassen akzeptieren dies mit einer entsprechenden Vollmacht oder Empfangsberechtigung, sodass die Auszahlung unkompliziert organisiert werden kann.
  • Bessere Planbarkeit für pflegende Angehörige
    Pflegende Angehörige können das Geld direkt für Fahrkosten, Hilfsmittel oder Verdienstausfall einplanen, ohne von nachträglichen Zuwendungen abhängig zu sein.
    Dadurch steigt häufig die Bereitschaft, umfangreiche häusliche Pflege zu übernehmen oder Arbeitszeit zu reduzieren.
  • Günstige Behandlung bei Sozialleistungen
    Wird das Pflegegeld aus sittlicher/familiärer Verpflichtung weitergegeben, wird es bei Bürgergeld, Grundsicherung oder Sozialhilfe nicht als Einkommen angerechnet – bei pflegenden Angehörigen.
    Gerade bei Verwandten in gerader Linie (z.B. Eltern–Kind) erhalten das Pflegegeld als zweckbestimmte Anerkennung, nicht als Erwerbseinkommen.

Nachteile und Risiken

  • Rechtlich gehört das Geld nicht dem Angehörigen
    Anspruchsberechtigt ist immer die pflegebedürftige Person; die Pflegekasse zahlt nur, weil deren Pflege gesichert ist.
    Kommt es zu Streit in der Familie oder zur Bestellung eines gesetzlichen Betreuers, kann die direkte Auszahlung an Angehörige angefochten oder wieder auf das Konto der pflegebedürftigen Person umgestellt werden.
  • Gefahr von Missverständnissen mit Ämtern
    Wenn Pflegegeld direkt bei Angehörigen eingeht, können Jobcenter, Sozialämter oder Unterhaltsstellen es fälschlich als „normales Einkommen“ werten, wenn die Situation nicht sauber dokumentiert ist.
    Das kann zu Kürzungen bei Bürgergeld, Grundsicherung oder Unterhalt führen, die erst nach Widerspruch oder Beratung korrigiert werden.
  • Pfändungs- und Kontoprobleme
    Pflegegeld ist als zweckbestimmte Leistung in der Regel nicht pfändbar, trotzdem droht Gefahr, wenn es auf einem Konto ohne Pfändungsschutz landet oder länger „angespart“ wird.
    Bei Schulden oder Insolvenz der pflegenden Person kann ohne P‑Konto und Bescheinigung der Zweckbindung versucht werden, das Pflegegeld zu pfänden.
  • Gefahr der Überforderung in der häuslichen Pflege
    Reines Pflegegeld deckt den tatsächlichen Aufwand bei hohem Pflegegrad oft nicht; Angehörige geraten in finanzielle und körperliche Überlastung, wenn sie sich zu sehr auf diese Leistung “versteifen”.
    Fehlende professionelle Unterstützung kann die Qualität der Pflege beeinträchtigen und das Risiko für Burn-out bei pflegenden Angehörigen erhöhen.

Fazit für die Gestaltung

  • Direkte Auszahlung an Angehörige ist praktisch, sollte aber immer mit Vollmacht, kurzer schriftlicher Pflegevereinbarung und ggf. Beratung beim Pflegestützpunkt oder Sozialverband abgesichert werden.
  • Wer selbst Sozialleistungen bezieht oder Schulden hat, sollte vor einer Kontoumstellung prüfen lassen, ob ein P‑Konto und schriftliche Nachweise zur Zweckbindung des Pflegegeldes notwendig sind.​

Redakteure

  • ik

    Sozialrechtsexperte und Redakteur

    Ingo Kosick ist ein renommierter Experte im Bereich des Sozialrechts in Deutschland. Er engagiert sich seit über 30 Jahren in diesem Feld und hat sich als führende Autorität etabliert. Als Vorsitzender des Vereins "Für soziales Leben e.V.", der 2005 in Lüdinghausen gegründet wurde, setzt er sich für die Unterstützung von Menschen ein, die von Armut und Arbeitslosigkeit betroffen sind. Der Verein bietet über das Internet Informationen, Beratung und Unterstützung für sozial benachteiligte Menschen an.

    Ingo Kosick ist zudem Autor und Redakteur beim Nachrichtenmagazin Bürger & Geld, das der Verein "Für soziales Leben e.V." herausgibt. Ingo hat sich auf Themen wie Bürgergeld, Sozialleistungen, Rente und Kindergrundsicherung spezialisiert. Seine Artikel bieten fundierte Analysen und rechtlich aufgearbeitete Informationen, die Menschen in schwierigen Lebenssituationen unterstützen sollen.

    Durch seine langjährige Erfahrung und sein Engagement hat Ingo Kosick maßgeblich dazu beigetragen, dass sozial benachteiligte Menschen in Deutschland besser informiert und unterstützt werden können.

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  • Peter Kosick
    Experte:

    Jurist und Redakteur

    Peter Kosick hat an der Universität Münster Rechtswissenschaften studiert und beide juristische Staatsexamen in Nordrhein-Westfalen mit Erfolg abgelegt. Er arbeitet als freiberuflicher Jurist, ist Autor verschiedener Publikationen und hält Vorträge im Bereich Arbeits- und Sozialrecht. Seit mehr als 30 Jahren engagiert er sich im sozialen Bereich und ist seit der Gründung des Vereins "Für soziales Leben e.V." dort Mitglied. Peter Kosick arbeitet in der Online Redaktion des Nachrichtenmagazins Bürger & Geld, das der Verein herausgibt und ist der CvD. Seinen Artikeln sieht man an, dass sie sich auf ein fundiertes juristisches Fachwissen gründen.

    Peter hat ebenfalls ein Herz für die Natur, ist gern "draußen" und setzt sich für den Schutz der Umwelt ein.

    Seine Arbeit im Redaktionsteam von Bürger & Geld gibt ihm das Gefühl,  etwas Gutes für das Gemeinwohl zu tun.

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