Für soziales Leben e. V.

gemeinnützig & unabhängig

Stand:

Autor: Experte:

Krankengeld und Krankenkasse: Was Sie sagen müssen – und was Sie besser verschweigen

Viele Krankenkassen rufen ihre Versicherten an, wenn sie Krankengeld beziehen. Doch was dürfen sie wirklich fragen – und wo sollten Sie sofort auflegen?

Wenn die Krankenkasse plötzlich anruft: Was Sie sagen müssen – und was Sie lieber verschweigen sollten

Wer krankgeschrieben ist, bekommt nicht nur Post – manchmal klingelt auch das Telefon. Am anderen Ende: Ihre Krankenkasse. Ein kurzer Anruf – und viele Versicherte sind verunsichert. „Warum rufen die mich an? Muss ich überhaupt antworten?“ Die Wahrheit: Krankenkassen dürfen einiges, aber längst nicht alles.

Gerade dann, wenn Sie Krankengeld beziehen, also nach der sechsten Woche Krankheit weiterhin Lohnersatz von der gesetzlichen Krankenversicherung erhalten, wird die Kasse hellhörig. Denn: Sie darf und muss prüfen, ob die Voraussetzungen für den Anspruch tatsächlich weiter bestehen. Doch wo endet das Informationsrecht – und wo beginnt Ihre Privatsphäre?

Warum sich die Krankenkasse plötzlich meldet

Viele Versicherte sind überrascht, wenn die Krankenkasse plötzlich Kontakt aufnimmt. Doch dahinter steckt kein Misstrauen per se, sondern ein klar geregelter Prozess. Denn das Krankengeld ist eine Leistung, die nur fließt, wenn Sie weiterhin arbeitsunfähig sind. Um das zu prüfen, darf die Kasse bestimmte Informationen einholen – etwa zu Ihrem Arbeitsplatz, Ihrem gesundheitlichen Zustand oder geplanten Arztterminen.

Damit soll Missbrauch verhindert werden. Zugleich soll sichergestellt werden, dass Versicherte nicht ungerechtfertigt Leistungen verlieren. Trotzdem empfinden viele die Nachfragen als unangenehm – vor allem, wenn sie telefonisch erfolgen.

Darf die Krankenkasse bei Ihnen anrufen?

Die klare Antwort lautet: Ja, darf sie – aber nur in engen Grenzen.

Die Krankenkasse darf Sie telefonisch kontaktieren, wenn Sie dieser Form der Kontaktaufnahme zugestimmt haben oder wenn es sich um Rückfragen handelt, die zur Leistungsbearbeitung notwendig sind. Trotzdem gilt: Sie müssen niemals am Telefon Ihre komplette Krankengeschichte erzählen.

Falls Sie sich überrumpelt fühlen, dürfen Sie freundlich, aber bestimmt auf die schriftliche Kommunikation verweisen. Ein Satz genügt:
„Ich bevorzuge den schriftlichen Kontakt über den offiziellen Weg.“

Damit bleibt alles nachvollziehbar – und Sie vermeiden, sich unter Druck gesetzt zu fühlen.

Welche Fragen sind erlaubt – und welche tabu?

Die Krankenkasse darf nach dem Verlauf Ihrer Krankheit und dem voraussichtlichen Ende der Arbeitsunfähigkeit fragen. Ebenso darf sie wissen, ob Ihr Arbeitgeber noch besteht oder eine Kündigung erfolgt ist – denn auch das kann für den Anspruch relevant sein.

Nicht erlaubt ist jedoch, dass Krankenkassen detaillierte Angaben zur Diagnose oder Behandlung verlangen, etwa:

  • Welche Medikamente Sie einnehmen,
  • welche ärztlichen Befunde vorliegen,
  • oder wie oft Sie sich in Behandlung befinden.

Solche Informationen sind ausschließlich zwischen Ihnen und Ihrem Arzt vertraulich. Wenn ärztliche Details notwendig sind, fordert die Kasse sie direkt bei Ihrem Arzt an – und selbst dann nur mit Ihrer ausdrücklichen Zustimmung.

Vorsicht bei „freundlichen Gesprächen“

Manche Versicherte berichten, dass Krankenkassenmitarbeitende versuchen, sich mit unverbindlichen Gesprächen „heranzutasten“. Beispiel: „Wie geht es Ihnen heute? Glauben Sie, dass Sie bald wieder arbeiten können?“
Das klingt freundlich – hat aber oft ein Ziel: herauszufinden, wie belastbar Sie sind und ob sich Ihre Arbeitsfähigkeit bereits verbessert.

Hier gilt: Sie müssen sich nicht einschätzen oder rechtfertigen. Solche Selbstauskünfte sind freiwillig. Sie können höflich ablehnen oder auf den ärztlichen Befund verweisen. Niemand darf Sie zu Aussagen drängen, die später Einfluss auf Ihre Krankengeldzahlung haben könnten.

Was die Krankenkasse wirklich wissen darf

Laut § 44 SGB V (Fünftes Sozialgesetzbuch) besteht Anspruch auf Krankengeld, wenn Sie arbeitsunfähig sind oder in einer medizinischen Reha-Maßnahme stecken. Um diese Voraussetzung zu prüfen, darf die Krankenkasse folgende Informationen verlangen:

  • Ärztliche Bescheinigung über die Arbeitsunfähigkeit (AU-Bescheinigung).
  • Angaben zum Ende oder Fortbestand des Arbeitsverhältnisses.
  • Informationen über Krankenhaustage oder Reha-Aufenthalte.
  • Mitteilung über Genesung oder Wiederaufnahme der Arbeit.

Alles andere – etwa private Details über Ihr Leben oder persönliche Einschätzungen – gehen die Krankenkasse nichts an.

So sollten Sie reagieren, wenn die Krankenkasse Sie kontaktiert

  1. Bleiben Sie ruhig und sachlich. Auch wenn der Anruf Sie überrascht, nehmen Sie sich Zeit. Geben Sie keine spontane Auskunft, die Sie später bereuen könnten.
  2. Verweisen Sie auf den schriftlichen Weg. So behalten Sie die Kontrolle über alle Mitteilungen.
  3. Fordern Sie Transparenz. Fragen Sie ruhig: „Warum genau benötigen Sie diese Information?“ – Die Kasse ist verpflichtet, das zu erklären.
  4. Dokumentieren Sie alles. Notieren Sie das Datum, den Namen des Anrufers und das Gesprächsthema. Das kann später hilfreich sein.
  5. Lassen Sie sich nicht unter Druck setzen. Nur weil Sie Krankengeld beziehen, müssen Sie nicht jede Frage beantworten.

Was passiert, wenn Sie nicht antworten?

Viele haben Angst, dass das Nicht-Antworten sofort Konsequenzen hat. Doch kein Gesetz verpflichtet Sie, am Telefon Rede und Antwort zu stehen. Wenn wichtige Informationen fehlen, fordert die Krankenkasse diese in der Regel schriftlich ein. Erst wenn Sie auf amtliche Schreiben reagieren, beginnt die rechtliche Relevanz.

Wer Fragen unbeantwortet lässt, weil sie überzogen oder unzulässig sind, muss also keine Nachteile befürchten – solange alle notwendigen Nachweise (z. B. AU-Bescheinigungen) vorliegen.

Datenschutz: Ihre Gesundheit bleibt Privatsache

Gesundheitsdaten zählen zu den sensibelsten Daten überhaupt. Deshalb dürfen Krankenkassen diese nur über gesicherte Kanäle verarbeiten – meist schriftlich oder elektronisch über sichere Portale.
Der Datenschutz ist im Sozialgesetzbuch X und in der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) fest verankert. Jede unzulässige Anfrage oder Datenspeicherung wäre ein Verstoß, der gemeldet werden kann.

Sollten Sie das Gefühl haben, eine Krankenkasse fragt zu viel, können Sie sich an den Datenschutzbeauftragten Ihrer Krankenkasse oder die zuständige Aufsichtsbehörde wenden.

Fazit: Selbstbewusst bleiben – Ihre Rechte kennen

Auch wenn die Krankenkasse oft nur „nachfragen“ möchte: Sie müssen nicht alles sagen. Krankengeld zu beziehen, bedeutet nicht, dass Sie auf Ihre Privatsphäre verzichten müssen.
Bleiben Sie freundlich, aber bestimmt – und bestehen Sie darauf, dass sensible Informationen dort bleiben, wo sie hingehören: beim Arzt.

Redakteure

  • Peter Kosick

    Jurist und Redakteur

    Peter Kosick hat an der Universität Münster Rechtswissenschaften studiert und beide juristische Staatsexamen in Nordrhein-Westfalen mit Erfolg abgelegt. Er arbeitet als freiberuflicher Jurist, ist Autor verschiedener Publikationen und hält Vorträge im Bereich Arbeits- und Sozialrecht. Seit mehr als 30 Jahren engagiert er sich im sozialen Bereich und ist seit der Gründung des Vereins "Für soziales Leben e.V." dort Mitglied. Peter Kosick arbeitet in der Online Redaktion des Nachrichtenmagazins Bürger & Geld, das der Verein herausgibt und ist der CvD. Seinen Artikeln sieht man an, dass sie sich auf ein fundiertes juristisches Fachwissen gründen.

    Peter hat ebenfalls ein Herz für die Natur, ist gern "draußen" und setzt sich für den Schutz der Umwelt ein.

    Seine Arbeit im Redaktionsteam von Bürger & Geld gibt ihm das Gefühl,  etwas Gutes für das Gemeinwohl zu tun.

    Alle Beiträge ansehen Peter Kosick
  • ik
    Experte:

    Sozialrechtsexperte und Redakteur

    Ingo Kosick ist ein renommierter Experte im Bereich des Sozialrechts in Deutschland. Er engagiert sich seit über 30 Jahren in diesem Feld und hat sich als führende Autorität etabliert. Als Vorsitzender des Vereins "Für soziales Leben e.V.", der 2005 in Lüdinghausen gegründet wurde, setzt er sich für die Unterstützung von Menschen ein, die von Armut und Arbeitslosigkeit betroffen sind. Der Verein bietet über das Internet Informationen, Beratung und Unterstützung für sozial benachteiligte Menschen an.

    Ingo Kosick ist zudem Autor und Redakteur beim Nachrichtenmagazin Bürger & Geld, das der Verein "Für soziales Leben e.V." herausgibt. Ingo hat sich auf Themen wie Bürgergeld, Sozialleistungen, Rente und Kindergrundsicherung spezialisiert. Seine Artikel bieten fundierte Analysen und rechtlich aufgearbeitete Informationen, die Menschen in schwierigen Lebenssituationen unterstützen sollen.

    Durch seine langjährige Erfahrung und sein Engagement hat Ingo Kosick maßgeblich dazu beigetragen, dass sozial benachteiligte Menschen in Deutschland besser informiert und unterstützt werden können.

    Alle Beiträge ansehen Ingo Kosick

Hinweis zur Redaktion und zum Faktencheck
Die Redaktion von Bürger & Geld prüft sämtliche Artikel vor Veröffentlichung sorgfältig nach aktuellen gesetzlichen Grundlagen, offiziellen Statistiken und seriösen Quellen wie Bundesministerien, Sozialverbänden und wissenschaftlichen Studien. Unser Redaktionsteam besteht aus erfahrenen Fachautorinnen für Sozialpolitik, die alle Inhalte regelmäßig überarbeiten und aktualisieren. Jeder Text durchläuft einen strukturierten Faktencheck-Prozess sowie eine redaktionelle Qualitätssicherung, um höchste Genauigkeit und Transparenz zu gewährleisten. Bei allen wesentlichen Aussagen werden Primärquellen direkt im Fließtext verlinkt. Die Unabhängigkeit von Werbung und Drittinteressen sichert neutralen Journalismus – zum Schutz unserer Leserinnen und zur Förderung der öffentlichen Meinungsbildung.


Verantwortlich für die Inhalte auf dieser Seite: Redaktion des Vereins Für soziales Leben e. V. – Ihre Experten rund um Soziale Sicherheit und Altersvorsorge.