Sachverhalt: Jobcenter fordert Bürgergeld zurück
Der Streitfall betrifft eine Rückforderung in Höhe von rund 10.500 Euro, die das Jobcenter gegenüber einer Leistungsbezieherin nach dem SGB II ( Bürgergeld / Grundsicherung für Arbeitsuchende) geltend machte. Nachdem der Rückforderungsbescheid erlassen war, versuchte das Jobcenter – erfolglos – die Forderung per Pfändung durchzusetzen. Im weiteren Verlauf wurde vor allem um die Frage gestritten, ob durch den fruchtlosen Pfändungsversuch eine besondere Verjährungsfrist ausgelöst werden kann.
Der Fall ging durch mehrere Instanzen: Sozialgericht Köln und Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen. Letztlich war zu klären, ob die Verjährung nach den allgemeinen sozialrechtlichen Regeln (vier Jahre) oder der außergewöhnlich langen Frist von 30 Jahren greift, wenn Behörden einen Durchsetzungsverwaltungsakt setzen – beispielsweise durch Pfändung.
Urteil Bundessozialgerichts: spezielle schnelle Verjährungsregel für die Grundsicherung für Arbeitsuchende / Bürgergeld!
Das BSG entschied: Ein fruchtloser Pfändungsversuch ist kein Durchsetzungsverwaltungsakt im Sinne des § 52 SGB X. Das bedeutet, dass für die Erstattungsforderung die reguläre, kürzere Verjährungsfrist maßgeblich bleibt. Im konkreten Fall begann die vierjährige Verjährungsfrist nach dem fruchtlosen Pfändungsversuch vom 9. Februar 2010 erneut zu laufen und war am 10. Februar 2014 endgültig abgelaufen. Die Forderung des Jobcenters war somit verjährt.
Urteilsbegründung zur Verjährung im Detail:
Das Bundessozialgericht urteilete, dass ein fruchtloser Pfändungsversuch kein sogenannter Durchsetzungsverwaltungsakt im Sinne des § 52 Abs. 1 SGB X ist und nicht die 30-jährige Verjährungsfrist auslöst.
Stattdessen gilt die reguläre vierjährige Verjährungsfrist gemäß § 50 Abs. 4 SGB X für Erstattungsforderungen aus bestandskräftigen Bescheiden. Die bloße Niederschrift über die erfolglose Pfändung sei kein Verwaltungsakt mit Regelungswirkung, sondern lediglich ein schlicht-hoheitliches Verwaltungshandeln. Erst ein weiterer, eigenständiger Verwaltungsakt – etwa ein neuer Leistungs- oder Vollstreckungsbescheid – könnte die lange Verjährungsfrist von 30 Jahren begründen.
- Auslegung des § 52 SGB X: Die Richter betonen, dass nur ein Verwaltungsakt zur Durchsetzung einer Forderung die langjährige Verjährungsfrist von 30 Jahren auslöst. Ein erfolgloser Pfändungsversuch alleine reicht dafür nicht aus.
- Rechtssicherheit für Leistungsbezieher: Die Anwendung der normalen Verjährungsfrist schützt Leistungsbezieher davor, jahrelang von alten Forderungen belastet zu werden.
- Abgrenzung zu Verwaltungshandeln: Das BSG stellt klar, dass nicht jeder Vollstreckungsversuch als Durchsetzungsverwaltungsakt zählt. Die Grenze ist entscheidend für die Dauer der Rechtsunsicherheit.
Bedeutung der Jobcenter Rückforderung-Verjährungsregel für die Praxis – mit Expertenrat
Für Bürger/Leistungsbezieher nach SGB II ist das Urteil von großer Bedeutung: Wer sich mit Rückforderungen konfrontiert sieht, sollte stets die Fristen prüfen und festhalten, wann Verwaltungsakte und eventuelle Vollstreckungsmaßnahmen erfolgt sind.
Der Verein Für soziales Leben e.V. gibt folgenden Expertenrat:
- Dokumentation: Betroffene sollten alle Bescheide und Vollstreckungsversuche des Jobcenters sorgfältig dokumentieren und aufbewahren.
- Rechtsberatung: Bei Erstattungsforderungen empfiehlt sich unbedingt juristischer Rat zu Fristen und Rechtsmittel, vor allem nach fruchtlosen Pfändungsversuchen.
- Fristen prüfen: Spätestens vier Jahre nach dem maßgeblichen Verwaltungsakt kann eine Forderung in vielen Fällen verjährt sein. Eine vermeintlich ausgelöste 30-jährige Frist muss genau begründet werden – das ist dem Jobcenter oft nicht möglich.
- Achtung bei neuen Bescheiden: Ein erneuter Bescheid zur Vollstreckung kann unter Umständen eine neue Frist auslösen. Daher immer jeden Schritt kritisch prüfen lassen.
Zusammenfassung zu Verjährung von Jobcenter Rückforderung bei Bürgergeld / Grundsicherung
Das Urteil des Bundessozialgerichts unter dem Az B 7 AS 17/24 R stärkt die Rechtssicherheit von Leistungsempfängern gegenüber langjährigen Forderungen der Jobcenter. Die Entscheidung schafft Klarheit darüber, dass ein fruchtloser Pfändungsversuch keine 30-jährige Verjährung auslöst, sondern die normale Verjährungs-Frist von vier Jahren gilt. Das Verfahren ist richtungsweisend für die Zukunft von Rückforderungsfällen im Sozialrecht.