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BSG-Urteil zum Bürgergeld – Regelsatz: Waren die Leistungen in Corona- und Ukraine-Krise zu niedrig?

Das Bundessozialgericht (BSG) entscheidet am 2. Dezember 2025, ob die damaligen Hartz-IV‑ bzw. späteren Bürgergeld-Regelsätze im Jahr 2022 trotz extremer Preissteigerungen während Corona und nach Beginn des Ukraine-Kriegs verfassungsgemäß waren. Im Kern geht es darum, ob der Gesetzgeber die massiv gestiegenen Kosten für Energie und Lebensmittel ausreichend und schnell genug in den Regelsätzen berücksichtigt hat – oder ob Bedürftige in dieser Phase faktisch unter dem Existenzminimum leben mussten. Was genau jetzt schon fest steht, lesen Sie in folgendem Beitrag auf Bürger & Geld, dem Nachrichtenmagazin des Vereins Für soziales Leben e.V.!

Regelsatz Höhe: Worum es in den BSG-Verfahren genau geht

Verhandelt werden mehrere Verfahren, in denen Leistungsbeziehende die Höhe der Regelsätze 2022 angreifen und eine Verletzung des Grundrechts auf ein menschenwürdiges Existenzminimum geltend machen. Streitpunkt ist, ob die methodische Berechnung der Regelsätze und die nachträglichen Anpassungen (u.a. Einmalzahlungen und Soforthilfen) ausgereicht haben, um Preisexplosionen bei Strom, Gas und Lebensmitteln auszugleichen.

Das BSG prüft dabei sowohl die abstrakte Berechnungsmethode im SGB II/SGB XII als auch die konkrete Umsetzung in der Ausnahmesituation von Pandemie, Lieferkettenkrise und Ukraine-Krieg. Entscheidend ist, ob der Gesetzgeber seine Beobachtungs- und Reaktionspflichten erfüllt hat, also Regelsätze und Hilfen rechtzeitig und in spürbarer Höhe nachgesteuert wurden.

Hintergrund: Explosion der Preise in kurzer Zeit

2021/2022 kam es zu einer außergewöhnlichen Kumulation von Krisen: Corona-Pandemie, gestörte Lieferketten, stark steigende Energiepreise und ab Februar 2022 der russische Angriff auf die Ukraine. In der Folge schossen insbesondere die Verbraucherpreise für Strom, Gas, Heizöl und Grundnahrungsmittel deutlich über das hinaus, was frühere Statistikreihen abgebildet hatten.

Gleichzeitig basierten die Regelsätze 2022 noch auf älteren Referenzjahren und wurden turnusgemäß nur mit einem Mischindex aus Lohn- und Preisentwicklung angepasst. Kritiker bemängeln, dass dieser Mechanismus in einer Schocklage zu langsam reagiert und die kurzfristigen Preisspitzen nicht auffangen konnte – genau das soll das BSG nun rechtlich bewerten.

Mögliche Rechtsfolgen der BSG-Entscheidung für den Bürgergeld Regelsatz

Kommt das BSG in seinem Urteil vom 2. Dezember 2025 zu dem Ergebnis, dass die Regelsätze 2022 verfassungskonform waren, bleiben die damaligen Beträge und Hilfspakete im Grundsatz bestehen; Nachzahlungen wären dann nicht zu erwarten. Allerdings könnte das Gericht dem Gesetzgeber Hinweise geben, künftige Krisenmechanismen (z.B. automatische Inflationsklauseln oder schnellere Sonderanpassungen) zu verbessern.

Hält das BSG die Leistungen hingegen für unzureichend, kann es das Verfahren dem Bundesverfassungsgericht vorlegen oder konkrete Nachbesserungspflichten formulieren. Im Extremfall wären rückwirkende Korrekturen für 2022 denkbar, etwa über Nachzahlungen oder pauschale Zuschläge für betroffene Leistungsbeziehende, was den Bundeshaushalt stark belasten würde.

Bedeutung für das heutige Bürgergeld und zukünftige Regelsätze bei der neuen Grundsicherung

Auch wenn die Verfahren formal Hartz IV bzw. die damalige Grundsicherung 2022 betreffen, strahlt die Entscheidung auf das heutige Bürgergeld aus. Bestätigt das BSG hohe Anforderungen an die bedarfsdeckende Höhe des Existenzminimums in Krisenzeiten, muss der Gesetzgeber künftige Regelsatzrunden und Sonderhilfen daran messen.

In der aktuellen Debatte um Nullrunden und Einsparungen im Bürgergeld bzw. der neuen Grundsicherung für Arbeitsuchende ab Juli 2026 könnte ein strenges Urteil Druck auf die Politik ausüben, den Regelsatzmechanismus krisenfester zu machen und bei erneuten Preisschocks schneller zu reagieren. Für Betroffene, Verbände und Jobcenter ist die BSG-Entscheidung daher ein wichtiger Weichensteller – sowohl rückblickend für das Krisenjahr 2022 als auch für die Ausgestaltung der Grundsicherung in künftigen Krisen.

Redakteure

  • ik

    Sozialrechtsexperte und Redakteur

    Ingo Kosick ist ein renommierter Experte im Bereich des Sozialrechts in Deutschland. Er engagiert sich seit über 30 Jahren in diesem Feld und hat sich als führende Autorität etabliert. Als Vorsitzender des Vereins Für soziales Leben e.V., der 2005 in Lüdinghausen gegründet wurde, setzt er sich für die Unterstützung von Menschen ein, die von Armut und Arbeitslosigkeit betroffen sind. Der Verein bietet über das Internet Informationen, Beratung und Unterstützung für sozial benachteiligte Menschen an.

    Ingo Kosick ist zudem ein zentraler Autor und Redakteur auf der Plattform buerger-geld.org, die sich auf Themen wie Bürgergeld, Sozialleistungen, Rente und Kindergrundsicherung spezialisiert hat. Seine Artikel bieten fundierte Analysen und rechtlich aufgearbeitete Informationen, die Menschen in schwierigen Lebenssituationen unterstützen sollen.

    Durch seine langjährige Erfahrung und sein Engagement hat Ingo Kosick maßgeblich dazu beigetragen, dass sozial benachteiligte Menschen in Deutschland besser informiert und unterstützt werden können.

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  • Peter Kosick
    Experte:

    Jurist und Redakteur

    Peter Kosick hat an der Universität Münster Rechtswissenschaften studiert und beide juristische Staatsexamen in Nordrhein-Westfalen mit Erfolg abgelegt. Er arbeitet als freiberuflicher Jurist, ist Autor verschiedener Publikationen und hält Vorträge im Bereich Arbeits- und Sozialrecht. Seit mehr als 30 Jahren engagiert er sich im sozialen Bereich und ist seit der Gründung des Vereins "Für soziales Leben e.V." dort Mitglied. Peter Kosick arbeitet in der Online Redaktion des Vereins und ist der CvD. Seinen Artikeln sieht man an, dass sie sich auf ein fundiertes juristisches Fachwissen gründen.

    Peter hat ebenfalls ein Herz für die Natur, ist gern "draußen" und setzt sich für den Schutz der Umwelt ein.

    Seine Arbeit im Redaktionsteam von buerger-geld.org gibt ihm das Gefühl,  etwas Gutes für das Gemeinwohl zu tun.

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