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Bürgergeld & Grundsicherung: Die Mär vom Weihnachtsgeld – oder steckt doch mehr dahinter?

Bürgergeld und Grundsicherung kennen nach dem Gesetz kein Weihnachtsgeld vom Jobcenter – die „große Weihnachtsgeld-Zahlung vom Staat“ ist also ein Mythos. Dennoch gibt es wichtige Ausnahmen und Sonderfälle, in denen Bürgergeld- oder Grundsicherungs-Beziehende zu Weihnachten tatsächlich mehr Geld in der Kasse haben können. Hierüber informieren wir Sie in nachfolgendem Artikel auf Bürger & Geld, dem Nachrichtenmagazin des Vereins Für soziales Leben e.V.!

Kein gesetzlicher Anspruch auf Weihnachtsgeld

Im SGB II (Bürgergeld) und SGB XII (Grundsicherung im Alter/bei Erwerbsminderung) ist kein Anspruch auf Weihnachtsgeld oder eine pauschale Weihnachtsbeihilfe vorgesehen. Weder Jobcenter noch Sozialamt zahlen automatisch eine zusätzliche Weihnachtszahlung nur wegen des Weihnachtsfestes.

Die monatlichen Regelsätze sollen den gesamten durchschnittlichen Jahresbedarf abdecken – inklusive typischer Mehrkosten etwa für Geschenke oder Festessen. Deswegen argumentiert der Gesetzgeber, dass ein Extra-Zuschuss zu Weihnachten nicht erforderlich sei.

Wann Bürgergeld-Beziehende trotzdem Weihnachtsgeld bekommen können

Etwas „dran“ an der Weihnachtsgeld-Mär ist es vor allem in drei Konstellationen:

  • Aufstocker mit Job: Wer neben Bürgergeld arbeitet und laut Arbeits- oder Tarifvertrag Weihnachtsgeld erhält, bekommt dieses weiterhin vom Arbeitgeber. Es handelt sich um zusätzliches Erwerbseinkommen, das nach den normalen Freibetragsregeln auf das Bürgergeld angerechnet wird.
  • Einmalige Arbeitgeber-Sonderzahlungen: Auch freiwillige Weihnachtsprämien oder Gewinnbeteiligungen zählen als Einkommen und können – je nach Höhe – den Bürgergeldanspruch im Zuflussmonat ganz oder teilweise entfallen lassen.
  • Spenden- oder Bonusaktionen: Einige Vereine und Initiativen (z. B. Sanktionsfrei) organisieren Weihnachtsboni, auf die sich Bürgergeld-Beziehende bewerben können; das sind aber private Hilfsangebote, keine staatlichen Leistungen.

Wichtig: Beim Bürgergeld gilt das Zuflussprinzip – das Weihnachtsgeld zählt in dem Monat als Einkommen, in dem es auf dem Konto eingeht. Wird der Bedarf dadurch vollständig gedeckt, kann das Jobcenter die Leistung in diesem Monat ganz streichen und das Geld ggf. als Vermögen in die Folgezeit „mitnehmen“, sofern die Schonvermögensgrenzen nicht überschritten werden.

Wie Weihnachtsgeld beim Bürgergeld angerechnet wird

Weihnachtsgeld aus Erwerbstätigkeit wird wie normales Lohn-Einkommen behandelt:

  • 100 € Grundfreibetrag bleiben immer anrechnungsfrei.
  • Vom Betrag zwischen 100 € und 520 € sind 20 % frei, zwischen 520 € und 1.000 € sind es 30 %.​
  • Der Rest mindert den Bürgergeld-Anspruch im Zuflussmonat.

Beispiel: Erhält ein Aufstocker 600 € Weihnachtsgeld, bleiben 100 € komplett frei, von 500 € weitere 20 % (100 €) anrechnungsfrei – insgesamt also 200 €. Nur 400 € würden tatsächlich auf den Bürgergeld-Anspruch angerechnet; je nach Bedarf kann der Anspruch damit ganz oder teilweise wegfallen.

Weihnachtsgeld in der Grundsicherung und Sozialhilfe

Auch in der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung gibt es keinen gesetzlichen Anspruch auf Weihnachtsgeld. Dennoch können hier zwei Dinge relevant sein:

  • Weihnachtsgeld vom Arbeitgeber bei Minijob oder Teilzeitjob wird ebenfalls als Einkommen angerechnet und kann den Grundsicherungsanspruch im Auszahlungsmonat reduzieren.
  • Kommunale Weihnachtsbeihilfen: Einige Sozialämter haben traditionsweise freiwillige, kleine Weihnachtsbeihilfen gezahlt; rechtlich verpflichtend ist das aber nicht und vielerorts wurden solche Zahlungen gestrichen. Uns ist kein Amt mehr bekannt, das so verfährt.

Sozialverbände weisen darauf hin, dass eine solche freiwillige Beihilfe nach § 11 Absatz 3 SGB II / SGB XII in der Regel als Einkommen gilt und den Leistungsanspruch im Folgemonat senken kann.

Medienmythen: Woher kommt die „Weihnachtsgeld-Legende“?

Regelmäßig vor dem Advent kursieren Schlagzeilen, der Staat plane ein Weihnachtsgeld für Bürgergeld-Beziehende oder Rentner. Meist geht es dabei um:

  • Politische Forderungen von Sozialverbänden nach einmaligen Entlastungszahlungen, die aber nicht umgesetzt werden.
  • Begrenzte Bonusaktionen von Stiftungen oder Vereinen, die fälschlich als „staatliches Weihnachtsgeld“ verstanden werden.
  • Missverständnisse rund um Energiepreispauschalen oder Einmalhilfen, die mit Weihnachten zeitlich zusammenfallen, aber nichts mit Bürgergeld-spezifischem Weihnachtsgeld zu tun haben.

Fazit: Die „Mär vom Weihnachtsgeld“ stimmt insofern, als es kein extra Geld direkt vom Jobcenter oder der Rentenkasse gibt. Wer Bürgergeld oder Grundsicherung bezieht, kann aber über Weihnachtsgeld vom Arbeitgeber, private Bonusaktionen oder kommunale Hilfen im Dezember doch etwas mehr im Portemonnaie haben – muss dann aber immer die Anrechnung auf die Grundsicherung im Blick behalten.

Redakteure

  • ik

    Sozialrechtsexperte und Redakteur

    Ingo Kosick ist ein renommierter Experte im Bereich des Sozialrechts in Deutschland. Er engagiert sich seit über 30 Jahren in diesem Feld und hat sich als führende Autorität etabliert. Als Vorsitzender des Vereins Für soziales Leben e.V., der 2005 in Lüdinghausen gegründet wurde, setzt er sich für die Unterstützung von Menschen ein, die von Armut und Arbeitslosigkeit betroffen sind. Der Verein bietet über das Internet Informationen, Beratung und Unterstützung für sozial benachteiligte Menschen an.

    Ingo Kosick ist zudem ein zentraler Autor und Redakteur auf der Plattform buerger-geld.org, die sich auf Themen wie Bürgergeld, Sozialleistungen, Rente und Kindergrundsicherung spezialisiert hat. Seine Artikel bieten fundierte Analysen und rechtlich aufgearbeitete Informationen, die Menschen in schwierigen Lebenssituationen unterstützen sollen.

    Durch seine langjährige Erfahrung und sein Engagement hat Ingo Kosick maßgeblich dazu beigetragen, dass sozial benachteiligte Menschen in Deutschland besser informiert und unterstützt werden können.

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  • Peter Kosick
    Experte:

    Jurist und Redakteur

    Peter Kosick hat an der Universität Münster Rechtswissenschaften studiert und beide juristische Staatsexamen in Nordrhein-Westfalen mit Erfolg abgelegt. Er arbeitet als freiberuflicher Jurist, ist Autor verschiedener Publikationen und hält Vorträge im Bereich Arbeits- und Sozialrecht. Seit mehr als 30 Jahren engagiert er sich im sozialen Bereich und ist seit der Gründung des Vereins "Für soziales Leben e.V." dort Mitglied. Peter Kosick arbeitet in der Online Redaktion des Vereins und ist der CvD. Seinen Artikeln sieht man an, dass sie sich auf ein fundiertes juristisches Fachwissen gründen.

    Peter hat ebenfalls ein Herz für die Natur, ist gern "draußen" und setzt sich für den Schutz der Umwelt ein.

    Seine Arbeit im Redaktionsteam von buerger-geld.org gibt ihm das Gefühl,  etwas Gutes für das Gemeinwohl zu tun.

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