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Bürgergeld Mehrbedarf bei Allergie: so holst du dir deinen Jobcenter Zuschuss!

Viele Menschen mit Allergien müssen sich teurer ernähren – doch kaum jemand weiß: Das Jobcenter kann dafür extra Geld zahlen. Erfahre hier auf Bürger & Geld, dem Nachrichtenmagazin des Vereins Für soziales Leben e.V., wann Allergiker Anspruch auf Mehrbedarf beim Bürgergeld haben, wie hoch die Beträge 2025 sind und welche Nachweise du brauchst.

Was bedeutet „Mehrbedarf“ beim Bürgergeld?

Beim Bürgergeld ist im Regelsatz nur das Lebensnotwendigste enthalten. Wer aufgrund einer Erkrankung oder Allergie höhere Lebenshaltungskosten hat, kann einen sogenannten Mehrbedarf beantragen.
Die Grundlage dafür bildet § 21 Abs. 5 SGB II. Dort heißt es klar: Personen, die aus medizinischen Gründen einer kostenaufwändigen Ernährung bedürfen, wird ein Mehrbedarf in „angemessener Höhe“ anerkannt.

Damit gemeint sind Menschen, die wegen Allergien, Unverträglichkeiten oder chronischen Krankheiten spezielle Lebensmittel kaufen müssen – und deren Ernährung dadurch teurer ist als üblich.

Anspruch für Allergiker: Wann du berechtigt bist

Ein Mehrbedarf beim Bürgergeld steht nicht automatisch jedem Allergiker zu. Entscheidend ist die ärztlich bescheinigte medizinische Notwendigkeit.
Das Jobcenter prüft immer individuell, ob und in welchem Umfang Mehrkosten durch die Ernährung tatsächlich entstehen.

Allergiker können Mehrbedarf bekommen, wenn:

  • eine Lebensmittelunverträglichkeit oder Allergie eine spezielle teurere Ernährung erforderlich macht (z. B. glutenfrei, milcheiweißfrei, histaminarm),
  • ein Arzt die medizinische Notwendigkeit auf einem speziellen Formular bestätigt (z. B. Jobcenter-Anlage MEB ),
  • die Mehrkosten nicht durch andere Kostenträger (z. B. Krankenkasse) gedeckt sind.

Die Jobcenter orientieren sich bei der Entscheidung an den Empfehlungen des Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge (DV), die regelmäßig aktualisiert werden.

So beantragst du den Mehrbedarf als Allergiker

Der Antrag erfolgt nicht automatisch mit dem Bürgergeldantrag, sondern gesondert beim Jobcenter.
Wichtig ist, die Anlage MEB („Mehrbedarf kostenaufwändige Ernährung“) vollständig auszufüllen und eine ärztliche Bescheinigung beizulegen.

Schritt-für-Schritt-Anleitung:

  1. Formular ausfüllen – Anlage MEB im Jobcenter oder online herunterladen.
  2. Attest vom Arzt einholen, das die spezielle Ernährung und die medizinische Notwendigkeit bescheinigt.
  3. Nachweise beilegen – ggf. Kopien von Diätplänen, Arztbriefen oder Einkaufslisten mit erhöhten Kosten.
  4. Abgabe beim Jobcenter – persönlich oder per Post.
  5. Warten auf Bescheid – in der Regel innerhalb von 2–4 Wochen.

Tipp: Wird der Antrag abgelehnt, kannst du innerhalb eines Monats Widerspruch einlegen. Hilfreich ist, dabei Unterstützung von einer Sozialberatungsstelle zu suchen.

Wie viel Geld steht Allergikern 2025 zu?

Die Höhe des Mehrbedarfs für kostenaufwändige Ernährung hängt nicht von einer fixen Summe, sondern vom Bürgergeld Regelsatz und der Art der Erkrankung ab.
2025 beträgt der Regelsatz für Alleinstehende 563 Euro.

Der tatsächliche Mehrbedarf wird in Prozent vom Regelsatz berechnet. Nach den Empfehlungen des Deutschen Vereins ergeben sich 2025 folgende Richtwerte :

Krankheitsbild / ErnährungsformAnteil am RegelsatzMonatlicher Mehrbedarf 2025 (bei 563 € Regelsatz)
Zöliakie / Glutenunverträglichkeit20 %112,60 €
Milcheiweißallergie / Laktoseintoleranz mit Diätkostenca. 10 %56,30 €
Histaminintoleranz / Fructoseintoleranz (bei ärztlicher Bestätigung)bis 10 %ca. 56 €
Mehrere kombinierte Allergien mit teurer Spezialkostbis 20 % (Einzelfall)112,60 €
Sonstige medizinisch begründete Diäten (z. B. eiweißarm, nierenfreundlich)10–20 %56–113 €

Das bedeutet:
Allergiker mit glutenfreier Ernährung erhalten aktuell in der Regel etwa 112 Euro zusätzlich zum Bürgergeld pro Monat.
Bei leichteren Allergien oder Unverträglichkeiten liegt der Betrag meist bei rund 56 Euro monatlich.

Wann zahlt das Jobcenter den Mehrbedarf?

Das Jobcenter zahlt den Mehrbedarf ab dem Monat der Antragstellung, nicht rückwirkend.
Das heißt: Wenn du am 15. Oktober den Antrag einreichst, gilt der Anspruch ab 1. Oktober.

Die Zahlung erfolgt monatlich zusammen mit dem Bürgergeld, meist am Monatsanfang.
Der Mehrbedarf wird solange gezahlt, wie die medizinische Notwendigkeit besteht. Die Jobcenter können regelmäßige ärztliche Nachweise verlangen, häufig einmal jährlich.

Medizinische Nachweise: Was Ärzte bescheinigen müssen

Das Attest des Arztes muss eindeutig darlegen:

  • welche Erkrankung oder Allergie vorliegt,
  • welche Ernährungsweise erforderlich ist,
  • dass diese Ernährung teurer ist als normale Vollkost.

Das Jobcenter lehnt Anträge oft ab, wenn das Attest unpräzise ist (z. B. nur „Patientin hat Laktoseintoleranz“).
Besser: ausführliche ärztliche Begründung, etwa „Patientin muss dauerhaft laktosefreie Produkte konsumieren, da sonst chronische Durchfallerkrankungen auftreten“.

Beispielrechnung: So viel erhält eine Familie mit Allergiker-Kind

Beispiel:
Eine vierköpfige Familie erhält Bürgergeld. Der 10-jährige Sohn leidet unter Zöliakie und braucht glutenfreie Lebensmittel.

Die Mutter beantragt Mehrbedarf mit Attest des Kinderarztes.
Das Jobcenter gewährt 20 % Mehrbedarf auf den Regelsatz des Kindes (390 €).

Rechnung:

20 % von 390 € = 78 € zusätzlicher Mehrbedarf monatlich.

Damit steigt das monatliche Bürgergeld der Familie dauerhaft um 78 €, solange die Glutenunverträglichkeit besteht.

Neue Diskussionen 2025: Kritik an komplizierten Regeln für Allergiker

Im Herbst 2025 sorgte eine Aussage von Andrea Nahles für Aufsehen:
Sie kritisierte die „absurden Regelungen“ beim Mehrbedarf für Allergiker und forderte eine einheitliche, transparente Lösung.
Derzeit hängt die Höhe der Zuschläge stark von der Entscheidung des jeweiligen Jobcenters ab – was zu Ungleichheiten führt.

So kann es vorkommen, dass in einem Bundesland ein Allergiker mit Arztattest 112 Euro erhält, während ein anderer mit derselben Diagnose abgewiesen wird. Die Politik diskutiert daher über klarere Leitlinien und digitale Nachweispflichten beim Bürgergeld-Mehrbedarf ab 2026.

Kritik von Sozialverbänden

Sozialverbände wie der Paritätische Gesamtverband und Tafel Deutschland kritisieren seit Langem, dass Allergiker mit aufwändiger Ernährung oft benachteiligt werden. Der Grund: Preise für Spezialprodukte sind seit 2024 stark gestiegen, doch die Mehrbedarfsrichtwerte des Deutschen Vereins wurden zuletzt 2023 angepasst.

Beispielsweise kostet ein glutenfreies Brot heute durchschnittlich 4 € – mehr als doppelt so viel wie ein normales Brot.
Daher fordern Verbände eine Anhebung auf mindestens 25 % des Regelsatzes für Zöliakie-Betroffene ab 2026.

Sozialgerichtliche Urteile zum Mehrbedarf bei Allergien

Mehrere Sozialgerichte haben in den letzten Jahren bestätigt, dass Allergiker grundsätzlich Anspruch auf Mehrbedarf haben, wenn ärztlich bestätigt wurde, dass normale Ernährung nicht möglich ist.

In einem Fall entschied das Sozialgericht Osnabrück, dass eine Frau mit multiplen Lebensmittelallergien Anspruch auf 20 % Mehrbedarf hat – selbst wenn einige preiswertere geeignete Lebensmittel existieren.
Entscheidend sei die gesamtwirtschaftliche Mehrbelastung durch die spezielle Kost – nicht einzelne Preise.

Häufige Fehler beim Antrag – und wie du sie vermeidest

Ein Bürgergeld Antrag auf Mehrbedarf für kostenaufwändige Ernährung wird häufig abgelehnt, weil:

  • kein aktuelles Attest vorliegt (älter als 6 Monate)
  • die ärztliche Begründung zu allgemein formuliert ist
  • das Formular MEB nicht vollständig ausgefüllt wurde
  • Mehrkosten nicht ausreichend dokumentiert sind

Tipp: Notiere über zwei Wochen hinweg deine Einkaufskosten und hebe Kassenzettel auf. So kannst du nachweisen, dass die Lebensmittelpreise tatsächlich höher liegen als üblich.

Welche Produkte gelten als „teuer durch Allergie“?

Das Jobcenter berücksichtigt nur Lebensmittel, die direkt wegen der Allergie nötig sind. Dazu zählen z. B.:

  • glutenfreie Backwaren, Nudeln, Mehle
  • laktosefreie Milchprodukte
  • Soja-, Hafer- oder Reisdrinks als Kuhmilchersatz
  • histaminarme Diätprodukte
  • Speziallebensmittel bei multiplen Intoleranzen

Nicht berücksichtigt werden „Luxusprodukte“ wie Smoothies, vegane Fertiggerichte oder Bio-Lebensmittel ohne medizinische Notwendigkeit.

Was tun, wenn das Jobcenter ablehnt?

Lehnt das Jobcenter den Antrag ab, obwohl die ärztliche Notwendigkeit klar ist, solltest du:

  1. Widerspruch einlegen (innerhalb eines Monats ab Zugang des Bescheids)
  2. Ergänzende ärztliche Stellungnahme einreichen
  3. Bei erneuter Ablehnung ggf. Klage beim Sozialgericht einreichen

Die Erfolgschancen stehen gut, wenn du medizinische Nachweise und Kostenbelege ordentlich dokumentierst.

Zusammenfassung: Mehrbedarf ist dein Recht – aber du musst ihn beantragen

Allergiker, die sich teurer ernähren müssen, haben Rechtsanspruch auf Mehrbedarf beim Bürgergeld.
2025 liegt der Zuschlag je nach Erkrankung zwischen 56 und 113 Euro pro Monat (10–20 % des Regelsatzes).

Voraussetzung ist ein ärztliches Attest und ein gut begründeter Antrag. Gezahlt wird der Mehrbedarf ab dem Monat der Antragstellung und so lange, wie die medizinische Notwendigkeit besteht.

Damit lohnt sich der Aufwand: Für viele Betroffene ist der Mehrbedarf ein wichtiger finanzieller Ausgleich für die hohen Lebenshaltungskosten durch ihre Allergie.

Redakteure

  • ik

    Sozialrechtsexperte und Redakteur

    Ingo Kosick ist ein renommierter Experte im Bereich des Sozialrechts in Deutschland. Er engagiert sich seit über 30 Jahren in diesem Feld und hat sich als führende Autorität etabliert. Als Vorsitzender des Vereins Für soziales Leben e.V., der 2005 in Lüdinghausen gegründet wurde, setzt er sich für die Unterstützung von Menschen ein, die von Armut und Arbeitslosigkeit betroffen sind. Der Verein bietet über das Internet Informationen, Beratung und Unterstützung für sozial benachteiligte Menschen an.

    Ingo Kosick ist zudem ein zentraler Autor und Redakteur auf der Plattform buerger-geld.org, die sich auf Themen wie Bürgergeld, Sozialleistungen, Rente und Kindergrundsicherung spezialisiert hat. Seine Artikel bieten fundierte Analysen und rechtlich aufgearbeitete Informationen, die Menschen in schwierigen Lebenssituationen unterstützen sollen.

    Durch seine langjährige Erfahrung und sein Engagement hat Ingo Kosick maßgeblich dazu beigetragen, dass sozial benachteiligte Menschen in Deutschland besser informiert und unterstützt werden können.

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  • Peter Kosick
    Experte:

    Jurist und Redakteur

    Peter Kosick hat an der Universität Münster Rechtswissenschaften studiert und beide juristische Staatsexamen in Nordrhein-Westfalen mit Erfolg abgelegt. Er arbeitet als freiberuflicher Jurist, ist Autor verschiedener Publikationen und hält Vorträge im Bereich Arbeits- und Sozialrecht. Seit mehr als 30 Jahren engagiert er sich im sozialen Bereich und ist seit der Gründung des Vereins "Für soziales Leben e.V." dort Mitglied. Peter Kosick arbeitet in der Online Redaktion des Vereins und ist der CvD. Seinen Artikeln sieht man an, dass sie sich auf ein fundiertes juristisches Fachwissen gründen.

    Peter hat ebenfalls ein Herz für die Natur, ist gern "draußen" und setzt sich für den Schutz der Umwelt ein.

    Seine Arbeit im Redaktionsteam von buerger-geld.org gibt ihm das Gefühl,  etwas Gutes für das Gemeinwohl zu tun.

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