Bürgergeld und Krankenversicherung: Wer zahlt die Behandlungskosten? Wer sollte zahlen?

Wer Bürgergeld bezieht, ist auf eine Krankenversicherung angewiesen. Doch wer zahlt eigentlich letztlich die Behandlungskosten – der Staat oder die Krankenkassen? In diesem Artikel erfährst du, wie die Regelungen aktuell aussehen und welche politischen Positionen dazu diskutiert werden.

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Viele Empfängerinnen und Empfänger von Bürgergeld fragen sich, wie es um ihre Krankenversicherung steht und wer im Krankheitsfall für die Behandlungskosten aufkommt. Gerade nach einem Studium oder in Phasen der Arbeitslosigkeit ist die finanzielle Absicherung im Krankheitsfall ein wichtiges Thema. Der nachfolgende Artikel auf Bürger & Geld erklärt, wer die Beiträge zur Krankenversicherung übernimmt, wie die Behandlungskosten abgedeckt werden und welche aktuellen politischen Diskussionen es hierzu gibt.

Krankenversicherung beim Bürgergeld: Wer zahlt die Beiträge?

Wer Bürgergeld als erwerbsfähige leistungsberechtigte Person bezieht, ist in der Regel weiterhin bei der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) versichert. Die monatlichen Beiträge werden in diesem Fall vom Jobcenter übernommen und direkt an die Krankenkasse gezahlt. Dadurch bleibt der Versicherungsschutz bestehen, und die Betroffenen müssen sich keine Sorgen um die Beiträge machen.

Für Personen, die zuvor privat krankenversichert waren, gelten spezielle Regelungen: Das Jobcenter übernimmt einen Zuschuss zur privaten Krankenversicherung (PKV), maximal jedoch den Betrag des Basistarifs, der für Hilfebedürftige auf die Hälfte des Höchstbeitrags reduziert wird. Bei besonders hoher Hilfebedürftigkeit kann die Sozialbehörde auch den Restbetrag übernehmen. Die Entscheidung, welcher Versicherungsschutz passend ist, bleibt in der Regel bei den Betroffenen.

Wer zahlt die Behandlungskosten?

Die Behandlungskosten werden bei gesetzlich Versicherten grundsätzlich von der Krankenkasse übernommen. Das Jobcenter zahlt die Beiträge, sodass der Zugang zu medizinischer Versorgung gesichert ist. Bei privat Versicherten übernimmt das Jobcenter einen Teil der Beiträge, und die PKV trägt die Behandlungskosten im Rahmen des gewählten Tarifs.

Allerdings gibt es Zuzahlungen für bestimmte Leistungen wie Medikamente, Hilfsmittel oder Krankenhausaufenthalte, die von den Betroffenen selbst getragen werden müssen. Für Bürgergeld-Empfänger gilt eine sogenannte Belastungsgrenze: Sie müssen pro Jahr maximal zwei Prozent ihres (fiktiven) Bruttoeinkommens für medizinische Zuzahlungen aufwenden. Bei chronisch Kranken liegt diese Grenze bei einem Prozent. Überschreiten die Zuzahlungen diese Grenze, werden die Kosten von der Krankenkasse erstattet.

Aktuelle politische Debatte: Wer soll die Behandlungskosten tragen: Staat oder Krankenkassen?

Die Finanzierung der Behandlungskosten für Bürgergeld-Empfänger ist derzeit ein großes Thema in der Politik. Die gesetzlichen Krankenkassen beklagen seit Jahren, dass die Zuschüsse des Staates die tatsächlichen Kosten nicht abdecken. Bundesgesundheitsministerin Nina Warken (CDU) fordert daher, dass der Bund künftig die Behandlungskosten für Bürgergeld-Empfänger vollständig über den Bundeshaushalt finanziert. Hintergrund ist, dass die Krankenkassen jährlich mit einem Milliardendefizit kämpfen und die Lücke aus eigenen Mitteln nicht schließen können.

Auch der Sozialverband VdK fordert eine gerechtere Verteilung der Kosten und eine vollständige Übernahme der Beiträge durch den Staat. Die Diskussion dreht sich um die Frage, ob die Solidargemeinschaft der Versicherten oder der Staat die Kosten für die medizinische Versorgung von Bürgergeld-Empfängern tragen soll.

Wir stellen nachfolgend die Argumenten gegenüber:

Argumente für die Übernahme durch den Staat

Soziale Gerechtigkeit: Die medizinische Versorgung von Menschen ohne eigenes Einkommen ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Es ist ungerecht, wenn ausschließlich die Versicherten der gesetzlichen Krankenkassen für die Behandlungskosten von Bürgergeld-Beziehern aufkommen müssen, obwohl die Allgemeinheit von einem stabilen Sozialstaat profitiert.

Systematische Unterfinanzierung: Die gesetzlichen Krankenkassen erhalten vom Staat derzeit nur einen Bruchteil der tatsächlich anfallenden Kosten für Bürgergeld-Bezieher. Laut Gutachten des IGES-Instituts liegt der tatsächliche Bedarf bei etwa 311 Euro pro Monat, gezahlt werden aber nur rund 109 Euro. Diese Lücke führt zu steigenden Zusatzbeiträgen und belastet die Versicherten zusätzlich.

Finanzielle Stabilität: Die Krankenkassen stehen durch die Unterfinanzierung unter erheblichem Druck. Würde der Staat die Kosten vollständig übernehmen, könnte dies die Beitragssätze stabilisieren und die Finanzierung der gesetzlichen Krankenversicherung nachhaltiger gestalten.

Argumente für die Finanzierung durch die Krankenkassen

Solidarprinzip: Das deutsche Gesundheitssystem ist auf dem Solidarprinzip aufgebaut. Alle Versicherten zahlen nach ihren Möglichkeiten in den gemeinsamen Topf ein und erhalten im Bedarfsfall Leistungen. Die Versorgung von Bürgergeld-Beziehern könnte als Teil dieser Solidargemeinschaft angesehen werden.

Verwaltungseffizienz: Die Krankenkassen sind bereits mit der Abwicklung der Behandlungskosten vertraut. Eine zusätzliche Finanzierung durch den Staat könnte zu mehr Bürokratie führen.

Für Soziales Leben e.V.: Unsere Meinung

Wir, der Verein für Soziales Leben e.V. vertreten folgende Auffassung: Der Staat sollte die Kosten für die Krankenbehandlung von Bürgergeld-Beziehern vollständig aus Steuergeldern finanzieren. Dies entspricht dem Grundgedanken eines sozialen Rechtsstaats, schafft mehr Gerechtigkeit und entlastet die Versicherten von einer unverhältnismäßigen finanziellen Belastung. Die aktuellen politischen Diskussionen und Forderungen von Gesundheitsministerin Warken sowie weiterer Sozialverbände gehen in diese Richtung!

Fazit

Beim Bürgergeld werden die Beiträge zur Krankenversicherung in der Regel vom Jobcenter übernommen – sowohl für gesetzlich als auch für privat Versicherte. Die Behandlungskosten trägt die jeweilige Krankenkasse, wobei Zuzahlungen für Medikamente und bestimmte Leistungen selbst zu leisten sind. Aktuell wird politisch diskutiert, ob der Bund die Behandlungskosten für Bürgergeld-Empfänger künftig vollständig übernehmen soll, um die finanzielle Belastung der Krankenkassen zu verringern.

Redakteure

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    Unser Redaktionsmitglied Dirk van der Temme (Jahrgang 1973) hat in Düsseldorf Diplom-Sozialarbeit studiert und erfolgreich  abgeschlossen. Schon als Schüler hat er sich sozial engagiert und die Liebe zu den Menschen beibehalten. Er hat die Entwicklung der Sozialhilfe, die Hartz Gesetze und die Einführung des Bürgergeldes mit großem Interesse verfolgt. Seine Beiträge in unserem Magazin zeigen, dass er weiß, worüber er schreibt.

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    Experte:

    Ingo Kosick ist ein renommierter Experte im Bereich des Sozialrechts in Deutschland. Er engagiert sich seit über 30 Jahren in diesem Feld und hat sich als führende Autorität etabliert. Als Vorsitzender des Vereins Für soziales Leben e.V., der 2005 in Lüdinghausen gegründet wurde, setzt er sich für die Unterstützung von Menschen ein, die von Armut und Arbeitslosigkeit betroffen sind. Der Verein bietet über das Internet Informationen, Beratung und Unterstützung für sozial benachteiligte Menschen an. Ingo Kosick ist zudem ein zentraler Autor und Redakteur auf der Plattform buerger-geld.org, die sich auf Themen wie Bürgergeld, Sozialleistungen, Rente und Kindergrundsicherung spezialisiert hat. Seine Artikel bieten fundierte Analysen und rechtlich aufgearbeitete Informationen, die Menschen in schwierigen Lebenssituationen unterstützen sollen. Durch seine langjährige Erfahrung und sein Engagement hat Ingo Kosick maßgeblich dazu beigetragen, dass sozial benachteiligte Menschen in Deutschland besser informiert und unterstützt werden können.

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