Das Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen hat in einem wegweisenden Urteil entschieden, dass das Jobcenter die Kosten für die Reparatur einer Brille bei Bürgergeld-Empfängern (Grundsicherung für Arbeitssuchende) übernehmen muss, wenn die gesetzliche Krankenversicherung die Kosten nicht trägt.
Die Einzelheiten zu diesem nur wenige Wochen alten Urteil zur Brillenreparatur entnehmen Sie unserem folgenden Beitrag auf Bürger & Geld.
Jobcenter muss für Brille zahlen: die Reparatur
Im konkreten Fall ging es um eine Bürgergeld-Bezieherin (Bezieherin der Grundsicherung für Arbeitssuchende), deren Gleitsichtbrille nach einem Sturz beschädigt wurde. Die Reparaturkosten betrugen 780 Euro, wovon das Gericht 256 Euro als angemessenen, medizinisch notwendigen Betrag anerkannte und das Jobcenter zur Zahlung verpflichtete.
Das Urteil stellt klar, dass das Jobcenter als “Ausfallbürge” einspringt, wenn ein Anspruch gegenüber der Krankenkasse zwar besteht, aber nicht durchgesetzt werden. Dabei ist entscheidend, so das Landessozialgericht, dass das medizinische Existenzminimum betroffen sein muss, was auch die Sicherstellung einer ausreichenden medizinischen Versorgung umfasst. Der Anspruch gegenüber dem Jobcenter ist auf das medizinisch Notwendige begrenzt, teurere oder nicht notwendige Leistungen werden nicht übernommen.
Brille als medizinisches Hilfsmittel
Dieses Urteil stärkt die Rechte von Bürgergeld-Empfängern (Grundsicherung für Arbeitssuchende) erheblich, da es das Jobcenter verpflichtet, auch dann für notwendige medizinische Hilfsmittel wie Brillenreparaturen aufzukommen, wenn die Krankenkasse nicht zahlt. Eine Revision zum Bundessozialgericht wurde zugelassen, sodass eine endgültige Entscheidung noch aussteht.
Wichtige Punkte des Urteils
- Jobcenter muss Reparaturkosten für Brillen übernehmen, wenn Krankenkasse nicht zahlt.
- Der Anspruch gilt auch, wenn ein Anspruch gegen Dritte nicht durchgesetzt wird.
- Die Kostenübernahme ist auf das medizinisch Notwendige beschränkt.
- Das Jobcenter sichert damit das medizinische Existenzminimum ab.
Welche anderen therapeutischen Geräte könnten unter diesem Urteil fallen
Unter dem Urteil zur Brillenreparatur als therapeutisches Gerät fallen auch andere therapeutische Geräte, deren Reparatur das Jobcenter als Sonderbedarf übernehmen muss. Dazu gehören unter anderem:
- Hörgeräte
- Massagegeräte
- Bestrahlungsgeräte
- Blutzucker- und Blutdruckmessgeräte
- Ultraschall- und Kontaktlinsenreinigungsgeräte
- Kontaktlinsen
- Orthopädische Erzeugnisse wie Einlagen für Schuhe, Arm- und Beinprothesen, Bruchbänder
- Krankenfahrstühle, -betten, Gehstöcke
Diese oben aufgelisteten Geräte gelten als therapeutische Mittel und ihre Reparaturkosten sind ebenfalls vom Jobcenter zu tragen, wenn sie medizinisch notwendig sind und nicht von der Krankenkasse übernommen werden.
Rechtsgrundlage für die Erstattungspflicht des Jobcenters: Reparatur, keine Neuanschaffung
Das Urteil des Bundessozialgerichts stützt sich auf § 24 Abs. 3 Nr. 3 SGB II, der Reparaturen von therapeutischen Geräten als Sonderbedarf definiert, der nicht aus dem Regelsatz finanziert werden muss. Wichtig ist, dass es sich um Reparaturen handelt, nicht um Neuanschaffungen, und die Kosten müssen angemessen und medizinisch notwendig sein.
Ein Antrag auf Übernahme der Reparaturkosten für die Brille ist notwendig. Dieser muss vor der Beauftragung der Reparatur beim Jobcenter eingereicht werden. Beizufügen ist ein Kostenvoranschlag.
Zusammenfassung
Das Wichtigste zum Schluss kurz zusammengefasst:
Dieses Urteil des Sozialgerichts NRW zeigt, dass Bürgergeld-Empfänger bei medizinisch notwendigen Hilfsmitteln wie Brillenreparaturen nicht auf den Kosten sitzen bleiben müssen, wenn die Krankenkasse nicht zahlt.
Quelle
Das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen zum Thema Bürgergeld und Brillenreparatur trägt das Aktenzeichen L 12 AS 116/23 und wurde am 27. November 2024 gefällt.