Das Bürgergeld, die Grundsicherung für Arbeitsuchende, sorgt regelmäßig für hitzige Debatten in Politik, Medien und Gesellschaft. Hartnäckig halten sich viele Falschmeldungen und Vorurteile über Leistungshöhe, Anspruchsvoraussetzungen und vermeintliche „Anreize zur Arbeitslosigkeit“. Der Verein Für soziales Leben e.V. hat es sich zur Aufgabe gemacht, diese Mythen auf Faktenbasis zu widerlegen und über die Realität von Bürgergeld-Beziehenden aufzuklären. In diesem Artikel räumen wir mit den größten Lügen rund um das Bürgergeld auf, erklären die Hintergründe und zeigen, wie viel Wahrheit wirklich hinter den Klischees steckt.
Lüge 1: „Jeder kann Bürgergeld bekommen, ohne sich anzustrengen“
Falsch! Anspruch auf Bürgergeld hat nur, wer tatsächlich bedürftig ist, seinen Lebensunterhalt nicht selbst sichern kann und aktiv an Maßnahmen zur Arbeitsförderung mitwirkt. Das Bürgergeld ist stets an eine Bedürftigkeitsprüfung, Mitwirkungspflichten und zumutbare Eigenbemühungen geknüpft. Wer ohne Grund Jobangebote ablehnt, muss mit Sanktionen rechnen. Menschen, die nicht mitarbeiten, verlieren anteilig ihre Leistungen.
Lüge 2: „Mit Bürgergeld lebt man besser als mit einem Job“
Eines der meistverbreiteten Vorurteile – und sachlich falsch. Die Höhe des Bürgergelds liegt 2025 für einen Alleinstehenden bei etwa 563 € monatlich (Regelsatz). Für Paare, Kinder und Bedarfsgemeinschaften werden zusätzliche, altersabhängige Regelsätze gezahlt. Davon müssen sämtliche Ausgaben für Lebensmittel, Kleidung, Strom (ohne Heizung) und den täglichen Bedarf bestritten werden. Im Vergleich zum Mindestlohn oder zu Erwerbseinkommen mit Sozialversicherungsanspruch ergibt sich nachweislich ein niedrigeres Niveau an Geldmitteln. Hinzu kommt: Hinzuverdienstmöglichkeiten im Bürgergeld wurden reformiert, das Erwerbsanreizsystem ist weiterhin so gestaltet, dass Arbeit sich finanziell lohnt.
Lüge 3: „Bürgergeld-Beziehende sind faul und wollen nicht arbeiten“
Dieses Vorurteil ist besonders diskriminierend. Die große Mehrheit der Beziehenden sind Menschen in schwierigen Lebenslagen: Langzeitarbeitslose, Alleinerziehende, Menschen mit gesundheitlichen Einschränkungen oder Qualifikationsdefiziten. Viele kommen aus prekären Beschäftigungsverhältnissen oder mussten ihren Job aufgrund von Krankheit oder Pflegeverpflichtungen verlassen. Laut Statistiken und Studien suchen die meisten aktiv nach Arbeit oder nehmen an Weiterbildungen, Sprachkursen und Trainingsmaßnahmen teil.
Lüge 4: „Junge Menschen gehen lieber direkt ins Bürgergeld, anstatt eine Ausbildung zu machen“
Auch das ist so nicht korrekt. Junge Menschen unter 25 Jahren sind im Bürgergeld-System vorrangig zur Mitwirkung und Suchaktivität verpflichtet. Sie müssen jede zumutbare Ausbildung, Arbeit oder Qualifizierung aufnehmen. Hartnäckige Leistungsverweigerung führt zu Kürzungen des Bürgergelds für die gesamte Bedarfsgemeinschaft. Viele Jugendliche suchen aktiv nach Ausbildungsplätzen, werden aber aufgrund von Konkurrenzdruck oder persönlichen Problemen abgelehnt.
Lüge 5: „Mit dem Bürgergeld wird massenhaft Sozialbetrug betrieben“
Sozialleistungsmissbrauch ist in Deutschland im internationalen Vergleich selten. Die Kontrolle der Jobcenter ist engmaschig. Das Datenschutz- und Sozialdatensystem erlaubt Abgleiche mit Meldebehörden, Arbeitgebern und Banken. Nach Schätzungen des Bundesrechnungshofs liegt der Anteil von Fehlzahlungen im Nachkommabereich. Die meisten Fälle mit strafrechtlicher Relevanz werden frühzeitig entdeckt und verfolgt. Der Aufwand, Sozialbetrug zu betreiben, lohnt faktisch nicht – das Risiko ist hoch, die Strafen sind empfindlich.
Warum halten sich diese Lügen?
Häufig liegt der Grund in Unwissenheit, medialen Falschdarstellungen und politischen Kampagnen. Das Bürgergeld ist komplex und wird regelmäßig geändert, was Unsicherheiten in der Bevölkerung verstärkt. Meinungsumfragen zeigen, dass viele Menschen weder genaue Regelsätze noch Anspruchsvoraussetzungen kennen. Populistische Aussagen und Clickbait in sozialen Netzwerken befeuern Unwahrheiten zusätzlich.
Faktencheck durch den Verein Für soziales Leben
Der Verein Für soziales Leben e.V. setzt auf Aufklärung, Beratung und unvoreingenommene Information. In Workshops, Infoveranstaltungen und Online-Artikeln beantwortet der Verein Fragen zu Anspruch, Sanktionen, Meldepflichten und Arbeitsmarktintegration. Wichtigstes Ziel: Die Würde und Rechte von Bürgergeld-Beziehenden verteidigen und ihre tatsächliche Lebensrealität sichtbar machen.
- Fachberatung für Betroffene: Unterstützung bei Anträgen und Widersprüchen.
- Informationskampagnen gegen Vorurteile: Faktenchecks, Infografiken und direkte Öffentlichkeitsarbeit.
- Austausch mit Politik und Medien: Einsatz für ein realitätsnahes Bild in der Berichterstattung.
- Lösungsansätze in der Sozialpolitik: Forderung nach mehr Unterstützung für Jobsuchende, Verbesserung von Weiterbildung und Integrationsangeboten.
Fazit
Das Bürgergeld ist eine wichtige Säule des deutschen Sozialstaats. Die verbreiteten Lügen und Vorurteile halten einer faktischen Überprüfung nicht stand. Bedürftigkeitsprüfung, gesetzliche Kontrollen und umfangreiche Mitwirkungspflichten sorgen dafür, dass diese Leistung wirklich bei denen ankommt, die sie benötigen. Der Verein Für soziales Leben e.V. ruft dazu auf, gegen Stereotype und Diskriminierung anzutreten, sachlich zu informieren und Menschen in prekären Lebenslagen zu unterstützen – für mehr soziale Gerechtigkeit und gesellschaftlichen Zusammenhalt.
Weitere Informationen
MDR Interview: – So wird auf Kosten von Bürgergeldempfängern gelogen