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Voll erwerbsgemindert: Was das neue Urteil für Bürgergeld-Empfänger bedeutet

Erfahren Sie jetzt exklusiv auf buerger-geld.org, was das neue Urteil zur Erwerbsminderungsrente für Bürgergeld-Beziehende bedeutet. Unser Artikel vom Nachrichtenmagazin Büger & Geld, herausgegeben vom Verein Für soziales Leben e. V., klärt Sie umfassend über Konsequenzen und Alternativen beim Bezug von EM-Rente, Bürgergeld und Bildungsgutscheinen auf. Wissen, was Ihnen zusteht – aktuell, verständlich und praxisnah!

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In Deutschland verändern Gerichtsentscheidungen regelmäßig die Rahmenbedingungen sozialer Leistungen. Ein aktuelles Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom am 26. Februar 2025 (Az. L 18 AS 947/22) sorgt jetzt bei Bürgergeld-Empfängern mit Erwerbsminderungsrente (EM-Rente) für Aufsehen. Wir erklären, was sich für Betroffene ändert, welche Folgen das Urteil hat und wie Sie sich optimal darauf einstellen.

Rente wegen voller Erwerbsminderung: Ein Überblick

Die Erwerbsminderungsrente unterstützt Menschen, die aus gesundheitlichen Gründen dauerhaft nicht mehr arbeiten können. Sie soll das fehlende Einkommen ausgleichen und ein angemessenes Leben ermöglichen. Doch was passiert, wenn man bereits Bürgergeld erhält und dann eine volle EM-Rente bewilligt bekommt?

Das neue Urteil: EM-Rente beendet Bürgergeld und Bildungsgutschein

Das Landessozialgericht Berlin-Brandenburg hat entschieden: Wer eine Rente wegen voller Erwerbsminderung erhält, verliert den Anspruch auf Bürgergeld sowie auf einen Bildungsgutschein. Hintergrund war die Klage eines ehemaligen Bürgergeld-Empfängers, der nach Bewilligung seiner EM-Rente weiterhin Bürgergeld und einen Bildungsgutschein beanspruchen wollte. Das Gericht stellte jedoch klar: Sobald eine volle Erwerbsminderung vorliegt, ist man nicht mehr erwerbsfähig im Sinne des Bürgergeldes und fällt somit aus dem Rechtskreis des SGB II.

Was bedeutet das konkret für Betroffene?

Nach diesem Urteil gilt:

  • Mit Eintritt der vollen Erwerbsminderung und gleichzeitiger Bewilligung der EM-Rente entfällt automatisch der Anspruch auf Bürgergeld.
  • Bildungsgutscheine vom Jobcenter, etwa zur Umschulung oder Weiterbildung, sind ebenfalls ausgeschlossen, da hierfür ein Bürgergeldanspruch Voraussetzung ist.
  • Die Zuständigkeit für die Unterstützung verschiebt sich vom Jobcenter zum Grundsicherungsamt (SGB XII). Dort kann ergänzende Grundsicherung beim Sozialamt beantragt werden, falls die EM-Rente nicht für den Lebensunterhalt ausreicht.

Übersicht: Leistungen bei Erwerbsminderung im Vergleich

LeistungVoraussetzungenZuständig bei voller EM-RenteAnspruch nach Urteil
Bürgergeld (SGB II)ErwerbsfähigkeitNeinKein Anspruch
BildungsgutscheinBürgergeldanspruch, ErwerbsfähigkeitNeinKein Anspruch
ErwerbsminderungsrenteMedizinisch bestätigte ErwerbsminderungJa (bei voller EM-Rente)Anspruch bleibt bestehen
Grundsicherung (SGB XII)Hilfebedürftigkeit, volle EM-RenteJaAnspruch möglich

Wichtige Gründe für das Urteil

Das Gericht nennt mehrere Gründe:

  • Die Feststellung voller Erwerbsminderung ist bindend – das Jobcenter darf Bürgergeld daher nicht weiter bewilligen.
  • Gesetzlich ist Bürgergeld ausdrücklich Erwerbsfähigen vorbehalten. Wer als nicht mehr erwerbsfähig gilt, erhält dafür Leistungen aus anderen Sozialsystemen (z. B. Grundsicherung).
  • Bildungsgutscheine werden nur im Zuge einer aktiven Integration in Arbeit bewilligt; bei voller Erwerbsminderung erfolgt keine Integration mehr.
  • Die Rechtslage bleibt damit klar und stärkt die systematische Trennung von Sozialleistungen für unterschiedliche Lebenslagen.

Welche Alternativen haben Betroffene nun?

  • EM-Rentnerinnen und -rentner, denen ihre Rente nicht zum Leben reicht, können Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung (SGB XII) beim Sozialamt beantragen.
  • Beratungsstellen unterstützen beim Wechsel der Zuständigkeit und helfen, alle Ansprüche auszuschöpfen.
  • Wer glaubt, dass seine Erwerbsminderung künftig aufgehoben wird, kann später erneut Bürgergeld beantragen, sofern Arbeitsfähigkeit wiederhergestellt ist.

Praxistipp: So sichern Sie Ihren Lebensunterhalt richtig ab

  1. Prüfen Sie direkt nach dem Bescheid Ihrer EM-Rente, ob die gesetzliche Rente Ihren Bedarf voll deckt.
  2. Beantragen Sie umgehend Grundsicherung beim Sozialamt, sollte die Rente zu niedrig sein.
  3. Lassen Sie sich rechtzeitig zu Sozialleistungen beraten, um Versorgungslücken zu vermeiden.

Stolperfallen & Besonderheiten im Übergang

  • Rückforderungen: Bewilligte Bürgergeldzahlungen nach Feststellung der vollen Erwerbsminderung können rückwirkend vom Jobcenter zurückverlangt werden.
  • Wartezeiten: Die Bearbeitung bei Sozialämtern kann Zeit in Anspruch nehmen – rechtzeitig Antrag stellen!
  • Krankenversicherung: In der Regel bleiben Sie gesetzlich versichert. Prüfen Sie dennoch die Details im Versicherungsverlauf.

FAQ: Häufig gestellte Fragen zum Thema

Was bedeutet volle Erwerbsminderung für meinen Anspruch auf Bürgergeld?

Mit der Feststellung der vollen Erwerbsminderung endet der Anspruch auf Bürgergeld automatisch.

Bekomme ich noch einen Bildungsgutschein durch das Jobcenter?

Nein. Bildungsgutscheine sind an den Bezug von Bürgergeld und die Erwerbsfähigkeit geknüpft.

Wer zahlt die Miete, wenn die EM-Rente nicht reicht?

Bei Bedürftigkeit übernimmt das Grundsicherungsamt die Kosten der Unterkunft im Rahmen der Grundsicherung.

Brauche ich einen neuen Antrag für Sozialleistungen?

Ja, Sie müssen für Grundsicherung (SGB XII) einen separaten Antrag beim Sozialamt stellen.

Hat das Urteil bundesweite Gültigkeit?

Das Urteil zeigt die geltende Rechtslage auf und wird in der Praxis als richtungsweisend betrachtet.

Fazit: Was Wichtig ist

Dieses Urteil bringt Klarheit, aber auch neue Wege der sozialen Absicherung für voll erwerbsgeminderte Bürgergeld-Empfänger. Informieren Sie sich, stellen Sie die richtigen Anträge und nutzen Sie Beratungsangebote, um Ihren Lebensunterhalt sicherzustellen. Mit dem richtigen Wissen sind auch schwierige Übergänge gut zu meistern.

Redakteure

  • Peter Kosick

    Peter Kosick hat an der Universität Münster Rechtswissenschaften studiert und beide juristische Staatsexamen in Nordrhein-Westfalen mit Erfolg abgelegt. Er arbeitet als freiberuflicher Jurist, ist Autor verschiedener Publikationen und hält Vorträge im Bereich Arbeits- und Sozialrecht. Seit mehr als 30 Jahren engagiert er sich im sozialen Bereich und ist seit der Gründung des Vereins "Für soziales Leben e.V." dort Mitglied. Peter Kosick arbeitet in der Online Redaktion des Vereins und ist der CvD. Seinen Artikeln sieht man an, dass sie sich auf ein fundiertes juristisches Fachwissen gründen. Peter hat ebenfalls ein Herz für die Natur, ist gern "draußen" und setzt sich für den Schutz der Umwelt ein. Seine Arbeit im Redaktionsteam von buerger-geld.org gibt ihm das Gefühl,  etwas Gutes für das Gemeinwohl zu tun.

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  • ik
    Experte:

    Ingo Kosick ist ein renommierter Experte im Bereich des Sozialrechts in Deutschland. Er engagiert sich seit über 30 Jahren in diesem Feld und hat sich als führende Autorität etabliert. Als Vorsitzender des Vereins Für soziales Leben e.V., der 2005 in Lüdinghausen gegründet wurde, setzt er sich für die Unterstützung von Menschen ein, die von Armut und Arbeitslosigkeit betroffen sind. Der Verein bietet über das Internet Informationen, Beratung und Unterstützung für sozial benachteiligte Menschen an. Ingo Kosick ist zudem ein zentraler Autor und Redakteur auf der Plattform buerger-geld.org, die sich auf Themen wie Bürgergeld, Sozialleistungen, Rente und Kindergrundsicherung spezialisiert hat. Seine Artikel bieten fundierte Analysen und rechtlich aufgearbeitete Informationen, die Menschen in schwierigen Lebenssituationen unterstützen sollen. Durch seine langjährige Erfahrung und sein Engagement hat Ingo Kosick maßgeblich dazu beigetragen, dass sozial benachteiligte Menschen in Deutschland besser informiert und unterstützt werden können.

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