Viele Eltern fragen sich nach der Geburt eines Kindes, ob es möglich ist, neben dem Elterngeld auch Bürgergeld zu beziehen. In diesem Artikel auf Bürger & Geld erfahren Sie, wie die aktuelle Rechtslage aussieht, wie Elterngeld und Bürgergeld zusammenwirken. Das auch vor dem Hintergrund eines Urteils des Hessischen Landessozialgerichts (LSG) vom 19. März 2025 (Az. L 6 AS 111/23)
Vorweg: Die Antwort lautet: Ja, Eltern können grundsätzlich neben dem Elterngeld auch Bürgergeld beantragen, wenn das Elterngeld und andere Einkünfte nicht ausreichen, um den Lebensunterhalt zu sichern
Elterngeld und Bürgergeld: Grundsätzliches
- Elterngeld ist eine staatliche Lohnersatzleistung, die Eltern nach der Geburt eines Kindes erhalten, wenn sie ihre Erwerbstätigkeit unterbrechen oder reduzieren, um sich um ihr Kind zu kümmern.
- Bürgergeld ist die Grundsicherungsleistung für erwerbsfähige Menschen, deren Einkommen nicht ausreicht, um den Lebensunterhalt zu sichern. Auch während der Elternzeit kann Bürgergeld beantragt werden, sofern Bedürftigkeit besteht.
Wie werden Elterngeld und Bürgergeld miteinander verrechnet?
- Das Elterngeld wird beim Bürgergeld als Einkommen angerechnet. Das bedeutet: Wer Elterngeld bezieht, erhält das Bürgergeld nur in Höhe des noch bestehenden Bedarfs.
- Wichtige Ausnahme: Wurde in den letzten zwölf Monaten vor der Geburt gearbeitet, gibt es einen Freibetrag von bis zu 300 Euro monatlich auf das Elterngeld. Dieser Betrag wird nicht auf das Bürgergeld angerechnet.
- Beispiel: Wer 400 Euro Elterngeld erhält und zuvor erwerbstätig war, bekommt 300 Euro davon anrechnungsfrei, nur 100 Euro werden auf das Bürgergeld angerechnet.
Voraussetzungen für den Bezug von Bürgergeld während des Elterngeldbezugs
- Erwerbsfähigkeit und Hilfebedürftigkeit müssen vorliegen.
- Zuerst müssen vorrangige Leistungen wie Elterngeld, Kindergeld oder Unterhaltsvorschuss beantragt werden.
- Bürgergeld wird dann als ergänzende Leistung gezahlt, wenn der Bedarf weiterhin besteht.
Das Urteil des Hessischen Landessozialgerichts (LSG) vom 19. März 2025
Das Hessische LSG hat mit seinem Urteil (Az. L 6 AS 111/23) Klarheit hinsichtlich einiger Punkte geschaffen:
- Elternzeit und gleichzeitiger Bezug von Bürgergeld sind nicht sozialwidrig: Das Gericht stellte klar, dass das bloße Inanspruchnehmen von Elternzeit und damit auch Elterngeld sowie Bürgergeld nicht als sozialwidrig im Sinne des § 34 SGB II zu werten ist, selbst wenn dadurch Hilfebedürftigkeit entsteht.
- Eltern dürfen frei entscheiden, wer Elternzeit nimmt: Das Jobcenter darf Eltern nicht vorschreiben, wer von ihnen die Elternzeit oder das Elterngeld beantragt.
- Grenze – dann liegt Sozialwidrigkeit vor: Nur wenn die Elternzeit missbräuchlich genutzt wird, etwa indem sie für andere Zwecke als die Kinderbetreuung verwendet wird (z.B. Vollzeit-Ausbildung, die Betreuung unmöglich macht), kann ein Ersatzanspruch des Jobcenters entstehen.
Zusammenfassung: Bürgergeld und Elterngeld gleichzeitig beanspruchen
Eltern können neben Elterngeld auch Bürgergeld beantragen, sofern die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt sind. Das Elterngeld wird in der Regel auf das Bürgergeld angerechnet, mit einem Freibetrag von bis zu 300 Euro bei vorheriger Erwerbstätigkeit. Das Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 19. März 2025 stellt klar: Die Kombination von Elternzeit, Elterngeld und Bürgergeld ist rechtlich zulässig, solange die Kinderbetreuung im Mittelpunkt steht und somit kein Missbrauch vorliegt.
Zum Schluss: Praktische Tipps für Eltern
- Prüfen Sie, ob Sie in den zwölf Monaten vor der Geburt gearbeitet haben, um den Elterngeld-Freibetrag zu nutzen.
- Beantragen Sie alle vorrangigen Leistungen, bevor Sie Bürgergeld beantragen.
- Dokumentieren Sie die tatsächliche Betreuung Ihres Kindes, um Missverständnisse mit dem Jobcenter zu vermeiden.