Hintergrund und Einführung der neuen Grundsicherung
Ab Juli 2026 wird das Bürgergeld aller Voraussicht nach durch eine reformierte „Grundsicherung für Arbeitsuchende“ nach dem 13. SGB-II-Änderungsgesetz ersetzt. Ziel des Gesetzes ist aus Regierungssicht die Stärkung von Mitwirkungspflichten und das Signal gegen Leistungsmissbrauch. Kritiker werfen dem Entwurf eine Abkehr von sozialen Mindeststandards vor und warnen vor einer existenzbedrohenden Zuspitzung für Bezieher.
Nachweispflicht für Bewerbungen: Das ändert sich
Die zentrale Neuerung für alle Leistungsberechtigten ist die verpflichtende und fristgerechte Dokumentation von Bewerbungsaktivitäten:
- Jede Bewerbungsbemühung muss künftig nachweisbar sein, und zwar formgerecht und fristgerecht, wie vom Jobcenter vorgegeben.
- Wer einen Nachweis auch nur verspätet vorlegt, wird mit einer 30-Prozent-Kürzung der Regelleistung für drei Monate sanktioniert.
- Nach neuer Rechtslage gilt: Auch wenn der Nachweis später nachgereicht wird, bleibt die Sanktion bestehen – das frühere Prinzip „Sanktion endet bei Nachholung“ wird abgeschafft.
Tabelle – Nachweispflichten Alt vs. Neu:
| Aspekt | Bürgergeld 2025 | Grundsicherung 2026 |
|---|---|---|
| Nachweispflicht | bei Antrag, gelegentlich | fortlaufend, zu jedem Monatswechsel |
| Sanktion bei Versäumnis | erst nach Anhörung, beendbar | sofortige Kürzung, mind. 1 Monat |
| Dokumentationsaufwand | hoch, aber flexibel | sehr hoch, digital und fristgebunden |
| Risiko bei Fehler | Versagung/Kürzung nach Sachlage | automatischer Leistungsstopp |
Sanktionskaskade: Was droht bei Verstößen?
Das neue Sanktionssystem ist deutlich verschärft:
- Erster Verstoß: Verpflichtungsverwaltungsakt – das Jobcenter legt alle Pflichten per Verwaltungsakt fest.
- Zweiter Verstoß: 30% Kürzung für 3 Monate.
- Dritter Verstoß: Entzug des vollen Regelbedarfs.
- Weitere Versäumnisse: Kompletter Leistungsentzug inkl. Wegfall der Kostenübernahme für Unterkunft und Heizung.
Wer nicht innerhalb eines Monats nach Kürzung beim Jobcenter erscheint, gilt als „nicht erreichbar“ und verliert sogar den Krankenversicherungsschutz.
Mitwirkungspflicht und Beweislastumkehr
Im Zuge der Neuregelung wird die Beweislast komplett auf die Leistungsbeziehenden verlagert:
- Nachweise für Bewerbungen, Termine, Vermögen und Bedürftigkeit sind monatlich und lückenlos zu erbringen.
- Fehlende oder verspätete Nachweise führen sofort zur Leistungseinstellung, unabhängig von tatsächlichem Bemühen.
- Experten warnen vor einer Bürokratisierung und einer neuen „Misstrauenskultur“ im Jobcenter-Alltag.
Auswirkungen auf Sozialstaat und Existenzsicherung
Diese Reform betrifft Millionen Menschen in Deutschland. Gewerkschaften, Sozialverbände und Initiativen kritisieren insbesondere:
- Gefahr von Leistungslücken durch Fristversäumnis auch bei nachweislicher Bemühung.
- Verstärkte Angst und Unsicherheit – gerade Alleinerziehende und kranke Menschen sind besonders betroffen.
- Das existenzielle Mindestniveau wird nach verfassungsrechtlichen Maßgaben nicht mehr garantiert, wenn Sanktionen auch Sachleistungen (wie Lebensmittelgutscheine) ausschließen.
Handlungsempfehlungen für Betroffene
- Bewerbungsbemühungen lückenlos und rechtzeitig dokumentieren.
- Schriftlich Nachweise aufbewahren und digital sichern.
- Fristen und Formvorgaben des Jobcenters strikt einhalten.
- Bei Problemen Sozialberatungsstellen wie Tacheles Sozialhilfe e.V. oder lokale Gewerkschaften nutzen.
Kritik und gesellschaftspolitische Debatte
Die Verschärfungen der neuen Grundsicherung polarisieren: Während die Regierung Missbrauch bekämpfen und Arbeitsanreize setzen möchte, sehen Kritiker die Gefahr einer Spaltung und Demontage des Sozialstaats. Sozialverbände fordern eine Rücknahme der Pläne und warnen vor gravierenden sozialen Folgen. Eine Verfassungsklage gegen die neuen Sanktionen erscheint wahrscheinlich.
Fazit: Nachweispflicht für Bewerbungen bei neuer Grundsicherng
Die neue Grundsicherung 2026 steht für ein streng kontrolliertes System: Wer Bürgergeld bzw. Grundsicherung erhält, muss lückenlos nachweisen, sich zu bewerben – Versäumnisse führen zu sofortigen harten finanziellen Sanktionen bis hin zum vollständigen Leistungsentzug. Bürokratie und Restrisiko steigen enorm, existenzielle Unsicherheit ist vorprogrammiert. Betroffene sollten alle Nachweise und Fristen sehr genau nehmen und sich rechtlich beraten lassen beraten lassen.


