Einflussreicher CDU‑Wirtschaftsrat macht Druck: Noch bevor die erste Bürgergeld‑Reform im Kabinett beschlossen ist, fordert er bereits „Reformpaket 2“ – mit härteren Sanktionen, geringeren Regelsätzen und mehr Pflichten für Leistungsbeziehende. Für Bürgergeld‑ und künftige Grundsicherungs‑Empfänger stellt sich damit die Frage, ob nach der Reform vor der Reform ist – und wie viel zum Leben dann noch bleibt.
Was steckt hinter Bürgergeld Reformpaket 1?
Zunächst steht die Umstellung vom Bürgergeld auf eine neu zugeschnittene Grundsicherung für Arbeitsuchende im Mittelpunkt, die im Kabinett verabschiedet werden soll. Vorgesehen sind strengere Mitwirkungspflichten, die Möglichkeit vollständiger Leistungskürzungen bei wiederholter Pflichtverletzung und eine schärfere Ausrichtung auf Arbeitsaufnahme.
Regierung und Koalitionsparteien verkaufen dieses erste Paket als „Politikwechsel“, der Anreize zur Arbeit stärken und Missbrauch konsequenter ahnden soll. Die Regelsätze selbst werden im Rahmen der ersten Reform eher stabilisiert als deutlich gesenkt, auch wenn die Dynamik künftiger Erhöhungen bereits begrenzt werden soll.
Was der CDU‑Wirtschaftsrat zusätzlich fordert
Der Wirtschaftsrat der CDU hält diese erste Reformstufe für nicht ausreichend und fordert „zeitnah ein Paket 2“. Der Generalsekretär Wolfgang Steiger verlangt, dass die unter der Ampel erfolgten „übermäßigen“ Erhöhungen von Bürgergeld‑ und Grundsicherungssätzen wieder zurückgenommen werden.
Kern ist ein deutlich härterer Umgang mit vermeintlichen „Arbeitsverweigerern“: Wer angebotene Tätigkeiten – auch nicht entlohnte – ablehnt, soll die Grundsicherung komplett verlieren können. Aus Sicht des Wirtschaftsrats ließen sich so spürbare Einsparungen erzielen und zugleich zusätzliche Steuereinnahmen generieren, wenn mehr Menschen in Arbeit gedrängt würden.
Warum Paket 2 schon gefordert wird, bevor Paket 1 greift
Politisch begründet der Wirtschaftsrat seine Forderung mit dem von der Union mitgetragenen Rentenpaket, das bis 2040 Zusatzkosten von rund 120 Milliarden Euro verursachen soll. Um diese Belastung für kommende Generationen auszugleichen, müsse die Koalition aus CDU/CSU und SPD bei der Grundsicherung in ähnlicher Größenordnung einsparen.
Zugleich nutzt der Wirtschaftsrat die laufende Grundsicherungs‑Reform, um die generelle Richtung noch weiter nach rechts zu verschieben: Von einer reinen Verschärfung der Mitwirkungspflichten hin zu einem Kurs, der Regelsätze senkt und soziale Sicherung stärker als „Arbespflicht mit Minimalabsicherung“ definiert. Dass Paket 2 gefordert wird, bevor Paket 1 überhaupt wirkt, zeigt, wie sehr die Sozialpolitik bereits zum zentralen Schauplatz für Haushaltskonsolidierung und wirtschaftspolitische Signale geworden ist.
Was das für Bürgergeld‑Beziehende bedeuten könnte
Sollten sich die Forderungen des Wirtschaftsrats durchsetzen, drohen für viele Leistungsberechtigte reale Kürzungen: weniger Geld im Regelsatz, schärfere Sanktionen bis hin zum kompletten Leistungsentzug und eine noch engere Verknüpfung von Grundsicherung mit Arbeitspflichten, inklusive unentlohnter Tätigkeiten. Besonders für Alleinerziehende, Langzeiterwerbslose und Menschen mit gesundheitlichen Einschränkungen könnten solche Regeln zu massiver Unsicherheit und einem erhöhten Risiko von Armut, Mietrückständen und Überschuldung führen.
Gleichzeitig verschärft sich der Druck auf Jobcenter, Kommunen und Träger, noch schneller und härter zu reagieren, obwohl schon die Umsetzung der ersten Reformstufe (IT‑Anpassungen, Personal, neue Verwaltungsprozesse) viele Strukturen ausreizt. Für Betroffene gilt daher: Die Diskussion um Bürgergeld und Neue Grundsicherung ist mit „Paket 1“ nicht beendet – sondern könnte mit Reformpaket 2 erst richtig beginnen.


