Neue Grundsicherung statt Bürgergeld: Was Linnemann will und die SPD nicht

Die Diskussion um eine „Neue Grundsicherung“ anstelle des Bürgergeldes geht weiter. Während CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann einen radikalen Umbau fordert, hält die SPD am bestehenden System fest. Doch was genau unterscheidet die Pläne und welche Folgen könnten sie haben?

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Die Debatte um die Zukunft des Bürgergeldes in Deutschland ist aktuell so brisant wie selten zuvor. CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann fordert eine tiefgreifende Reform – weg vom Bürgergeld, hin zu einer „Neuen Grundsicherung“. Die SPD hingegen lehnt diese Pläne entschieden ab. Doch was genau steckt hinter den Vorstellungen von Union und SPD? Und wie könnten sich die Pläne auf Betroffene und die Sozialsysteme auswirken? Die Antworten hier auf Bürger & Geld!

Linnemanns Forderungen: Paradigmenwechsel in der Grundsicherung

Carsten Linnemann, CDU-Generalsekretär und zuständig für das Thema Soziale Sicherung in der Union, fordert einen radikalen Umbau des bisherigen Bürgergeldsystems. Sein Kernpunkt: Wer wiederholt einen zumutbaren Job ablehnt, obwohl er arbeiten kann, soll künftig kein Bürgergeld mehr erhalten. Linnemann spricht von einem „Paradigmenwechsel“: „Wenn jemand nachweislich wiederholt einen zumutbaren Job nicht annimmt, obwohl er offenkundig arbeiten kann, dann muss der Staat davon ausgehen, dass derjenige nicht bedürftig ist. Und dann bekommt er auch kein Bürgergeld mehr“.

Die CDU will das Bürgergeld in der jetzigen Form abschaffen und durch eine „Neue Grundsicherung“ ersetzen. Ziel ist es, das Prinzip „Fördern und Fordern“ wieder stärker in den Mittelpunkt zu rücken. Zu den geplanten Maßnahmen zählen:

  • Verschärfte Mitwirkungspflichten und Sanktionen: Wer nicht kooperiert, verliert schneller und vollständig seine Leistungen.
  • Vermögensprüfung ab Tag eins: Die Prüfung des Vermögens soll bereits ab dem ersten Tag der Grundsicherung erfolgen.
  • Absenkung der Schonvermögensgrenzen: Das geschützte Vermögen soll künftig niedriger ausfallen.
  • Reform der Hinzuverdienstgrenzen: Die Anreize für Arbeit und Mehrarbeit sollen erhöht werden, damit Betroffene am Ende des Monats mehr Geld zur Verfügung haben.

Linnemann betont, dass Menschen, die aus gesundheitlichen oder anderen Gründen nicht arbeiten können, weiterhin volle Unterstützung erhalten sollen – der Fokus liegt aber klar auf der Arbeitsfähigkeit und -bereitschaft.


SPD-Position: Soziale Sicherung bleibt zentral

Die SPD lehnt die Pläne der Union entschieden ab. SPD-Chef Lars Klingbeil betont, dass die Höhe des Bürgergeldes durch einen Verfassungsgerichtsbeschluss festgelegt sei und das System Menschen in Not eine Absicherung biete: „Wir müssen andere Debatten führen als Angriffe auf den Sozialstaat“.

Die SPD sieht soziale Sicherung und wirtschaftliche Stärke als untrennbar miteinander verbunden. Sie wirft der Union vor, beide Bereiche gegeneinander auszuspielen. Für die SPD ist klar: Wer arbeitsfähig ist, soll unterstützt werden, aber nicht mit härteren Sanktionen, sondern mit besseren Angeboten und individueller Beratung.

Zu den wichtigsten Punkten der SPD zählen:

  • Beibehaltung des Bürgergeldsystems: Die SPD will am bisherigen Konzept festhalten und es weiterentwickeln.
  • Ausbau von Beratung und Unterstützung: Jobcenter sollen besser ausgestattet werden, um individuelle und engmaschige Beratung zu gewährleisten.
  • Stärkere Beteiligung von Vermögenden: Die SPD fordert, dass Menschen mit hohen Einkommen und Vermögen stärker zur Finanzierung des Gemeinwesens beitragen.
  • Angebote statt Sanktionen: Die SPD setzt auf Förderung und Hilfe, nicht auf Leistungsentzug.

Vergleich: CDU vs. SPD bei der Grundsicherung

AspektCDU/LinnemannSPD
Name des SystemsNeue GrundsicherungBürgergeld
KernprinzipFördern und Fordern, strenge SanktionenSoziale Absicherung, individuelle Förderung
SanktionenStreng, bei Ablehnung von Arbeit LeistungsentzugMitwirkungspflicht, aber Fokus auf Angebote
VermögensprüfungAb Tag eins, niedrigere SchonvermögensgrenzenWie bisher, keine Verschärfung geplant
HinzuverdienstgrenzenReform, mehr Anreize für ArbeitKeine Verschärfung, bessere Beratung
ZielgruppeArbeitsfähige, die arbeiten könnenAlle Bedürftigen, individuelle Unterstützung

Wo ist die SPD kompromissbereit?

Die SPD zeigt sich jedoch kompromissbereit, und zwar bei folgenden Punkten:

  • Verschärfung der Sanktionen: Die SPD-Spitze hat bereits signalisiert, bei Sanktionen für sogenannte „Totalverweigerer“ – also Bürgergeld-Beziehende, die wiederholt zumutbare Jobangebote ablehnen – auf die Union zuzugehen. Bereits in der Ampel-Koalition hatte die SPD härtere Sanktionen beim Bürgergeld geplant und umgesetzt, etwa Leistungskürzungen von 30 Prozent über drei Monate beim ersten abgelehnten Jobangebot. Auch bei verpassten Terminen im Jobcenter waren Kürzungen vorgesehen, wenn auch in geringerem Umfang und über kürzere Zeiträume. Wenn allerdings Kinder in der Bedarfsgemeinschaft leben, sieht die SPD darin eine Grenze bei Sanktionen.
  • Koalitionsvertrag und gemeinsame Reform: Im aktuellen Koalitionsvertrag mit der Union wurde vereinbart, das Bürgergeld zu einer neuen „Grundsicherung für Arbeitssuchende“ umzubauen. Die SPD hat sich damit grundsätzlich auf eine Reform eingelassen, auch wenn sie inhaltlich nicht alle Vorstellungen der Union mitträgt.

Zusammenfassung : Bürgergeld vs. Neue Grundsicherung

Während die CDU mit Linnemann an der Spitze auf einen radikalen Umbau und eine neue, strengere Grundsicherung setzt, bleibt die SPD beim Bürgergeld und setzt auf soziale Absicherung und individuelle Förderung. Letztendlich geht es um die Balance zwischen sozialer Gerechtigkeit und Eigenverantwortung sehen.

Die SPD zeigt sich bei der Debatte um die „Neue Grundsicherung“ in bestimmten Punkten kompromissbereit.

Redakteure

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    Unser Redaktionsmitglied Dirk van der Temme (Jahrgang 1973) hat in Düsseldorf Diplom-Sozialarbeit studiert und erfolgreich  abgeschlossen. Schon als Schüler hat er sich sozial engagiert und die Liebe zu den Menschen beibehalten. Er hat die Entwicklung der Sozialhilfe, die Hartz Gesetze und die Einführung des Bürgergeldes mit großem Interesse verfolgt. Seine Beiträge in unserem Magazin zeigen, dass er weiß, worüber er schreibt.

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    Experte:

    Ingo Kosick ist ein renommierter Experte im Bereich des Sozialrechts in Deutschland. Er engagiert sich seit über 30 Jahren in diesem Feld und hat sich als führende Autorität etabliert. Als Vorsitzender des Vereins Für soziales Leben e.V., der 2005 in Lüdinghausen gegründet wurde, setzt er sich für die Unterstützung von Menschen ein, die von Armut und Arbeitslosigkeit betroffen sind. Der Verein bietet über das Internet Informationen, Beratung und Unterstützung für sozial benachteiligte Menschen an. Ingo Kosick ist zudem ein zentraler Autor und Redakteur auf der Plattform buerger-geld.org, die sich auf Themen wie Bürgergeld, Sozialleistungen, Rente und Kindergrundsicherung spezialisiert hat. Seine Artikel bieten fundierte Analysen und rechtlich aufgearbeitete Informationen, die Menschen in schwierigen Lebenssituationen unterstützen sollen. Durch seine langjährige Erfahrung und sein Engagement hat Ingo Kosick maßgeblich dazu beigetragen, dass sozial benachteiligte Menschen in Deutschland besser informiert und unterstützt werden können.

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