Was ist Aufstocken überhaupt?
Wer Erwerbseinkommen erzielt, das den monatlichen Grundbedarf nicht deckt, hat das Recht auf ergänzendes Bürgergeld (Neue Grundsicherung), um Sozialstandard und Existenzminimum zu sichern. Dabei gilt:
- Der Regelsatz für Alleinstehende liegt 2025 bei 563 Euro monatlich, für Paare jeweils 506 Euro.
- Wer unterhalb dieser Grenzen verdient, kann Leistungen beim Jobcenter beantragen.
- Auch Teilzeitkräfte, Minijobber und Geringverdiener profitieren – solange die Hilfebedürftigkeit im Sinne des SGB II besteht.
Wie funktioniert das Aufstocken in Teilzeit?
Teilzeitarbeitende und Minijobber, deren Lohn nicht reicht, können Bürgergeld als sogenannte „Aufstocker“ beantragen. Das Jobcenter rechnet das Erwerbseinkommen an – dabei gelten bestimmte Einkommensfreibeträge:
- 100 Euro Grundfreibetrag bleiben immer anrechnungsfrei.
- Von 100 bis 520 Euro gelten 20 Prozent Freibetrag, von 520 bis 1.000 Euro sogar 30 Prozent.
- Wer also 300 Euro verdient, darf davon 140 Euro behalten – der Rest wird beim Bürgergeld abgezogen.
Das Ziel aus staatlicher Sicht: Selbst Teilzeit soll sich lohnen, und der Weg zurück in Vollbeschäftigung attraktiv bleiben. Praktisch jedoch entstehen für manche ganz andere Anreize.
Die Kritik: Zu wenig arbeiten & weiter Bürgergeld kassieren?
Die öffentliche Debatte hat sich verschärft. Kritiker monieren: Manche arbeiten bewusst nur knapp über der Bagatellgrenze, um das restliche Einkommen – und oft auch Sozialleistungen wie KdU (Miete) – über das Bürgergeld zu beziehen.
Wirtschaftsvertreter und viele Bürger finden das falsch, denn:
- Es entstehen Belastungen für die Sozialkassen, während offene Stellen unbesetzt bleiben.
- Die Differenz zwischen Bürgergeld und niedrigen Erwerbseinkommen ist oft zu gering, als dass sich Mehrarbeit wesentlich lohnen würde.
- Der Arbeitsanreiz ist nach Ansicht vieler Experten zu niedrig: Aufstocken ist für Geringverdiener meist attraktiver als der Schritt in Vollzeit, sofern keine Tarif- oder Branchenzulagen winken.
Die IHK München zeigt, dass nach mehreren Stunden Mehrarbeit kaum ein höheres verfügbares Nettoeinkommen bleibt. Das führe dazu, dass Arbeit im Niedriglohnbereich „bestraft“ statt gefördert werde.
Politik: Reformdruck und EU-Zuwanderung
Nach Angaben von Studien arbeiten rund 820.000 Menschen in Deutschland als Aufstocker – davon mehrheitlich in Teilzeit oder im Minijob-Sektor. Auf politischer Ebene sorgt zudem der hohe Anteil von EU-Ausländern unter den Bürgergeld-Empfängern für Schlagzeilen:
- CDU-Generalsekretär Linnemann spricht von einer „krassen Regelungslücke“: Es könne nicht sein, dass Personen nur kurzzeitig ein paar Stunden arbeiten und dann sofort Anspruch auf Bürgergeld haben.
- Auch Arbeitsministerin Bas plädiert 2025 für Änderung: Nach ihren Angaben operieren teils kriminelle Banden, die gezielt „Arbeitsverträge mit wenigen Stunden“ vermitteln, um den Bürgergeld-Anspruch auszulösen.
- Das Ziel: Bürgergeld sollte künftig nur noch gewährt werden, wenn eine Person tatsächlich ernsthaft Arbeit sucht oder eine zumutbare Vollzeittätigkeit aufnimmt, insbesondere bei kinderlosen Alleinstehenden.
EU-Ausländer und Bürgergeld – das Akzeptanzproblem
Gerade bei EU-Bürgern, die nach Deutschland ziehen, steht die kritisierte Aufstockung besonders in der Kritik:
- Nach geltendem EU-Recht können EU-Ausländer ihre Rechte zur Freizügigkeit auch dann geltend machen, wenn sie nur in geringem Arbeitsumfang beschäftigt sind.
- Nach wenigen Wochen reicht bereits eine Teilzeitstelle, um Bürgergeld zu beantragen – mit dem Ziel, dauerhaft gesellschaftliche Integration und Existenzsicherung zu garantieren.
Die Folge sind nach Angaben der Bundesregierung steigende Zahlen von Aufstockern aus dem EU-Ausland, was die Debatte um Sozialleistungsmissbrauch weiter anheizt.
Realität: Arbeiten lohnt sich – aber der Unterschied bleibt gering
Trotz aller Kritik zeigen viele Untersuchungen: Wer arbeitet, hat im Regelfall netto spürbar mehr als jemand, der ausschließlich Bürgergeld bezieht – gerade bei Vollzeit und Mindestlohn.
Wer jedoch nur wenige Stunden arbeitet und aufstockt, muss feststellen: Der finanzielle „Sprung“ zum Vollzeiteinkommen ist oft so niedrig, dass viele Betroffene keinen Anreiz sehen, noch mehr zu arbeiten. Das sorgt für Frust bei Arbeitgebern und für gesellschaftliche Akzeptanzprobleme beim Bürgergeld.
Politik und Gesellschaft fordern Reformen
Der breite gesellschaftliche Konsens: Es muss sich klar lohnen, mehr und länger zu arbeiten. Politik und Verbände fordern
- Schärfere Prüfungen der tatsächlichen Arbeitsbereitschaft bei Aufstockern
- Klarere Abgrenzung für EU-Zuzügler beim Bürgergeldzugang
- Nachschärfungen in den Regelungen zu Freibeträgen und einer besseren „Einstiegslogik“ zurück in Vollzeit.
FAQ: Bürgergeld, Aufstocken und Teilzeit
Wie viel darf man zum Bürgergeld hinzuverdienen?
Bis zu 100 € sind immer anrechnungsfrei, darüber greifen Staffel-Freibeträge.
Bekommen alle Teilzeitarbeitenden Bürgergeld?
Nur, wenn der Lohn nicht ausreicht, um den Lebensunterhalt zu sichern und die Hilfebedürftigkeit nachgewiesen ist.
Wie wird der Missbrauch verhindert?
Jobcenter prüfen Mitwirkungspflichten und können Leistungen kürzen, wenn zumutbare Arbeit verweigert wird.
Fazit: Mit Bürgergeld aufstocken und nur wenige Stunden arbeiten – nogo!
Das Zusammenwirken aus Teilzeitkultur und Bürgergeld-Aufstockung bleibt eines der umstrittensten Sozialthemen 2025: Die Kritik wächst, dass sich Arbeit oft nicht ausreichend lohnt – besonders bei wenigen Stunden. Es braucht dringend klare Reformen, damit sich Beschäftigung wieder auszahlt und das Bürgergeld-System gesellschaftlich akzeptiert bleibt.