Die Sozialstaatskommission: Ziele und Rolle
Die im September 2025 gestartete Sozialstaatskommission ist ein zentrales Instrument der Bundesregierung, um die sozialen Sicherungssysteme zu modernisieren. Sie vereint Vertreter aus Bund, Ländern und Kommunen sowie Experten aus Sozialpartnern, Verbänden und der Wissenschaft. Ihr Auftrag umfasst die Erarbeitung von Vorschlägen zur Effizienzsteigerung und Bürgerfreundlichkeit der Sozialverwaltung, ohne das soziale Schutzniveau zu gefährden.
- Schwerpunkte sind die Zusammenlegung von Sozialleistungen (Bürgergeld, Grundsicherung, Wohngeld, Kinderzuschlag), Digitalisierung und Beschleunigung der Verfahren.
- Die Ergebnisse der Sozialstaatskommission sollen bis Ende 2025 vorliegen und ab 2026 in Gesetzesvorhaben münden.
Neue Grundsicherung: Was ändert sich konkret?
Im Rahmen der Reformen soll das Bürgergeld durch eine „Neue Grundsicherung für Arbeitsuchende“ ersetzt werden. Hauptziel ist die finanzielle Stabilisierung und die effektivere Förderung von Arbeitsuchenden.
- Die Ausgaben für das Bürgergeld sind in den letzten Jahren stark gestiegen und belasten den Bundeshaushalt erheblich.
- Die Neue Grundsicherung soll effizienter sein und strengere Anforderungen an Mitwirkung und Integrationsbereitschaft stellen.
Für ausländische Bürger und Flüchtlinge sind ebenfalls Änderungen vorgesehen. So sollen z. B. ukrainische Geflüchtete ab April 2025 nicht mehr Bürgergeld, sondern vorerst Leistungen nach dem Asylbewerbergesetz erhalten.
Fokus: Regelsatz – Kürzungen durch neue Berechnung
Der Regelsatz (monatlicher Sockelbetrag zur Sicherung des Existenzminimums) steht bei den Reformen im Fokus. Er bleibt zwar nominal zunächst stabil (z. B. 563 € für Alleinstehende in 2025), doch die zentrale Änderung betrifft die Berechnungsweise:
- Bisherige jährliche, meist direkte Anpassung an die Inflation entfällt, stattdessen wird auf den sogenannten Mischindex aus 70 % Preis- und 30 % Lohnentwicklung zurückgegriffen – wie zu Hartz-IV-Zeiten.
- Preissteigerungen werden künftig verzögert und nicht mehr vollständig ausgeglichen.
So bleibt der Regelsatz scheinbar konstant, während die reale Kaufkraft durch steigende Preise sinkt. Direkt gesetzlich geregelte Kürzungen sind aktuell ausgeschlossen, aber schleichende Verluste für die Betroffenen sind laut Sozialverbänden und Arbeitsmarktforschern zu erwarten.
Aktueller Regelsatz (2025)
- Alleinstehende: 563 €
- Partner in Bedarfsgemeinschaft: 506 €
- Erwachsene im Haushalt anderer: 451 €
- Jugendliche (14–17 Jahre): 471 €
- Kinder (6–13 Jahre): 390 €
- Kinder (bis 6 Jahre): 357 €
Die Kritik von Sozialverbänden: Durch die geänderte Berechnungsmethode verlieren Bedürftige die Sicherheit, dass ihr Existenzminimum tatsächlich gedeckt bleibt.
Sanktionen: Strenger und schneller
Mit der neuen Grundsicherung und der Reform der Mitwirkungspflichten sollen auch die Sanktionen verschärft werden:
- Wer zumutbare Arbeit oder Pflichten verweigert, muss mit rascheren und härteren Leistungskürzungen rechnen.
- Die Karenzzeit für Vermögensprüfung entfällt, Freibeträge werden enger gefasst und orientieren sich stärker an Alter und Erwerbsbiografie.
- Kürzungen bis hin zum vollständigen Leistungsentzug sind möglich, wobei das Bundesverfassungsgericht strenge Vorgaben für die Unantastbarkeit des Existenzminimums macht.
Forschungsergebnisse zeigen: Zu harte Sanktionen führen selten zur gewünschten Arbeitsmarktintegration, sondern können die Lebensbedingungen erheblich verschlechtern. Dennoch sollen Sanktionen wieder ein deutliches Mittel zur Durchsetzung von Mitwirkung und Eigenverantwortung werden.
Mögliche Zusammenlegung von Bürgergeld, Wohngeld, Kinderzuschlag
Ein wichtiger Reformansatz der Sozialstaatskommission ist die mögliche Zusammenlegung von Sozialleistungen. Ziel ist es, bürokratische Hürden abzubauen, Überschneidungen zu vermeiden und die Unterstützung für Anspruchsberechtigte deutlich zu vereinfachen.
Derzeit erhalten Bedürftige verschiedene staatliche Leistungen wie Bürgergeld, Wohngeld und Kinderzuschlag oft in getrennten Verfahren von unterschiedlichen Ämtern. Das führt zu erheblichem Verwaltungsaufwand, komplexen Antragsverfahren und Doppelprüfungen; viele Haushalte wissen nicht genau, auf welche Hilfen sie Anspruch haben und welche Wechselwirkungen zwischen den einzelnen Sozialleistungen bestehen.
Die Sozialstaatskommission prüft deshalb, wie diese steuerfinanzierten Sozialleistungen gebündelt und einfacher aus einer Hand gewährt werden können:
- Geplant ist, die Verfahren soweit möglich zu vereinheitlichen und vollständig zu digitalisieren.
- Bürger sollen zukünftig nur noch einen Antrag stellen und direkt alle zustehenden Leistungen erhalten, ohne weitere Einzelprüfungen verschiedener Behörden.
- Ein zentrales Ziel ist, „Abstimmungsverluste“ zwischen Bürgergeld, Wohngeld und Kinderzuschlag zu reduzieren, damit sich Mehrarbeit für Haushalte auch tatsächlich lohnt.
Das Ergebnis wäre eine spürbare Entlastung für die Verwaltung und mehr Transparenz für die Betroffenen. Die Bundesregierung erhofft sich hiervon zudem positive Beschäftigungseffekte, weil durch die bessere Abstimmung von Sozialleistungen Fehlanreize reduziert und Erwerbstätigkeit attraktiver wird. Die konkreten Maßnahmen sollen nach Abschluss der Kommissionsarbeit 2026 umgesetzt werden.
Politische und gesellschaftliche Debatte
Die Reformen der Grundsicherung, insbesondere die Änderungen beim Regelsatz und die Wiedereinführung strenger Sanktionen, sind hoch umstritten. Während Sozialverbände und Teile der Wissenschaft vor einem Rückschritt im sozialen Schutz warnen, fordert die Politik – insbesondere CDU/CSU und Teile der SPD – ein „grundsätzliches Update“ des Sozialstaats.
- Befürworter setzen auf neue Anreize zur Arbeitsaufnahme und Kosteneffizienz für den Staat.
- Kritiker fürchten soziale Benachteiligung, verschärfte Armut und ungenügende Absicherung in Krisenzeiten.
Fazit zur Sozialstaatskommission
Die Arbeit der Sozialstaatskommission und die geplante Reform der Grundsicherung bedeuten tiefgreifende Änderungen für Bedürftige in Deutschland. Besonders durch die neue Berechnung des Regelsatzes und die verschärften Sanktionen drohen schleichende Kürzungen und soziale Konflikte. Die gesellschaftliche Debatte zeigt: Die Balance zwischen Anreiz und Absicherung, zwischen Effizienz und Teilhabe, steht auf dem Prüfstand – und die politischen Entscheidungen der nächsten Monate werden für Millionen Menschen entscheidend sein, die sich gegenwärtig sehr viele Sorgen machen!